Pfingsten-Ein Beitrag von Pfarrer Thomas Frings

Pfingsten

Ist das nicht das falsche Bild zum Fest? Es ist zumindest kein Pfingstbild. Aber ohne dieses Ereignis gibt es kein Pfingsten. Für mich ist Christi Himmelfahrt eines der schönsten Feste, denn es spricht vom Vertrauen Jesu in seine Jünger. Einige Zeit sind sie ihm gefolgt und die Evangelien berichten in großer Freimütigkeit über die Begriffsstutzigkeit der Apostel. Immer und immer wieder muss Jesus ihnen erklären, worum es ihm geht – und sie – sie hingegen schicken die Kinder weg, diskutieren darüber, wer links und rechts von ihm sitzen darf oder ob sie Feuer vom Himmel fallen lassen sollen. Mehrmals muss er ihnen als der Auferstandene erscheinen, bevor es heißt „Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.“ (Joh 21,12). Mit einer himmlischen Geduld leitet Jesus die Jünger an bis zu dem Moment, an dem er sie endgültig verlässt und zum Vater heimkehrt. Jetzt müssen sie erwachsen werden und eigenständige Entscheidungen treffen. Sie können nicht mehr bis zur nächsten Erscheinung warten, um Jesus zu fragen, was sie tun sollen. Nachdem er ihnen diese Entscheidungskompetenz zutraut und sich zurückzieht, kommt der Heilige Geist als der Beistand Gottes. Mit seiner Hilfe werden sie den Weg gehen.

Die Frage „Was würde Jesus tun?“ halte ich für eine verführerische, birgt sie doch die Gefahr, sich nicht der Frage zu stellen die da lautet „Was soll ich tun?“. Hinter der ersten Frage kann man sich viel besser verstecken, denn die Antwort kommt mit der ganzen Autorität der Person Jesu daher, obwohl keiner weiß, was Jesus denn wirklich getan hätte.

Das Pfingstfest hingegen verleiht uns Christen die Kompetenz, selbst Entscheidungen zu fällen, weil Gott es uns zutraut. Schwache Menschen verstecken sich gerne hinter der Autorität anderer, Erwachsene haben gelernt, ´ich´ zu sagen und für ihre Überzeugung einzustehen. Christi Himmelfahrt und Pfingsten sind die beiden Fest, durch die wir erwachsen werden im Glauben und Handeln.

Ich befürchte, wir haben noch einen weiten Weg vor uns als Kirche.

5. Juni 2022 || ein Beitrag von Pfarrer Thomas Frings

Portraitbilder Thomas Frings, Pfarrer

Thomas Frings studierte Theologie, Kunstgeschichte und Klassische Archäologie. Nach seiner Priesterweihe 1987 war er von 1991 bis 2016 Pfarrer im Bistum Münster.

Seine Amtsniederlegung im Frühjahr 2016 und sein Buch „Aus, Amen, Ende?“ (2017) machten ihn deutschlandweit bekannt. Seit 2018 ist Thomas Frings Priester in Köln.