Vom „In die Röhre Blicken“ und anderen „schönen Aussichten“
Ein persönlicher Ein-Blick in die archäologische Erkundung „Luxus auf dem Lande“
„Wir werden uns jetzt einmal paar warme Gedanken machen“, sagte mein Professor für klassische Archäologie und führte uns vom Institut der Klassischen Archäologie, diesem wunderschönen Schinkelbau am Hofgarten in Bonn, zu den nicht weit entfernten römischen Ausgrabungen am Collegium Albertinum.
Wir besuchten kurzerhand die Reste einer römischen Thermenanlage. Neben der gut zu erkennenden Hypokaustenanlage, die durch Befeuerung den Fußboden erwärmte, wies er uns auch auf Relikte von Tonröhren in den Wänden hin, die nach demselben Prinzip mit heißer Luft die Wände zu temperieren vermochten. Kurzerhand waren wir mit anderen Fragestellungen wie zu spezifischen Estricharten, der Datierung von Mauerresten und deren Konservierung unter dem großen Stichwort Substanzerhalt beschäftigt.
„In einem angenehmen Ambiente ließe es sich besser nachdenken!“, ging es mir durch den Kopf und so richtig dieser Ausspruch auch sein mochte, es tat der Faszination für das Fach inmitten eines nasskalten Wintersemestertages und in beengten Raumverhältnissen keinen Abbruch.
So wuchs durch diesen kleinen Ausflug in mir eine Erkenntnis, die mein Verhältnis zur klassischen und auch christlichen Archäologie nachhaltig mitbestimmte: Mich faszinierte nicht einfach nur die technische Raffinesse oder der hohe Komfortzustand, gerade im Bereich der Hygiene und der kultivierten Muße, zu dem die Römer in der Lage waren, eher war es der übergeordnete Aspekt des Kulturschaffens, der das Leben durchzog und der mir mit einem Blick in eine ordinäre Tonröhre, die ohne ihren Kontext zugegebenermaßen recht unspektakulär daherkommt, genau diese Erkenntnis ermöglichte.
Die sollte sich nochmals einstellen als ich ein Seminar zum römischen Gelage und zu seinen architektonischen Rahmenbedingungen und künstlerischen Inszenierungsformen besuchte.
Mir kam dabei die Aufgabe zu, die Villenarchitektur im Zusammenhang mit dem Triclinum (Gelageraum) zu präsentieren. Bevor ich mich an den ausgewählten Beispielen prächtiger Villen zu diesem Thema ausließ, schickte ich folgenden Spruch voraus: Bekanntlich isst das Auge auch mit! Dass dies nicht nur das Arrangement der Speisen auf den Tellern meinte, wird uns im Verlauf der Beschäftigung mit der Villenarchitektur unter dem Aspekt des Gelages deutlich werden – Blickachsen, außergewöhnlich ausgestattete Gelageräume und die schier unerschöpfliche Phantasie, um der Augenfreude der Geladenen willen, mit dem Schein in andere Welten zu versetzen, sei es mit Mosaikfußböden, die Speisereste imitieren, sei es bei fehlender Natur den Blick einfach auf ein intimes Nymphäum freizugeben – das Auge will immer mitessen, denn das Leben ist eine Inszenierung, die gelungen sein sollte!
Bietet unsere archäologische Erkundung zum Römischen Luxus auf dem Lande auch diese Möglichkeit? Ich wünschte es mir, dass anhand materieller Hinterlassenschaften immer wieder schönen Aussichten und Einblicke in Lebenslandschaften längst vergangener Zeiten, die in diesem Augenblick, z.B. mit einem Blick in die Röhre, ein wenig lebendig werden und vom großen Welttheater künden, an dem auch wir mitwirken.
Einblicke in die Welt des römischen Alltagsluxus, kulturelle Errungenschaften und die Lebensart der Antike bietet die Erkundung „Antiker Luxus“ am 2. September 2020 (Mi.) unter der Leitung von Dr. Arno-Lutz Henkel und mit Besuchen der Thermenanlage in Zülpich sowie der Villae rusticae in Blankenheim und in Ahrweiler.
Bild: Mediatus, CC BY-SA 3.0, gemeinfrei
24. August 2020 || ein Beitrag von Dr. Arno-Lutz Henkel, Theologe und Kunsthistoriker, katholischer Priester mit portugiesischen Wurzeln, Pfarrer in der Pfarreiengemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler