S E G E N und R E I S E S E G E N

Ferien- und Urlaubszeit beginnen

Was ist ein Segen? Was ist ein Reisesegen?

SEGEN, lateinisch BENEDICTIO, leitet sich aus dem lateinischen Verb BENEDICERE ab, BENE = gut und DICERE = sagen. Ein REISESEGEN wünscht also denen, die eine Reise beginnen, alles Gute, Schutz, Bewahrung. Ein Reisesegen wünsch mehr als „Mach’s gut“, „Viel Glück“ – er deutet auf etwas hin, das wir nicht einfach besorgen und einpacken können oder das den guten Zufall beschreibt. Ein Segen nimmt unseren Glauben an etwas Göttliches auf, an Größeres als das, was wir machen und verantworten können, an Gnade. Ein Reisesegen nimmt die Reise hinzu, sieht den Weg vor uns, das Ungewisse, das Schöne, auf das wir uns freuen, das Abenteuer, das Verlassen der gewohnten Abläufe und Orte.

Eine Wurzel hat der Reisesegen in den Geschichten des Alten Testaments. Sie erzählen von Nomadenfamilien, die auf der Suche nach fruchtbarem Land unterwegs sind: Abraham und seine Frau Sara verlassen ihre Heimat und ziehen los, ohne das Ziel zu kennen. Gott hat zu Abraham gesagt: Verlass deine Heimat und gehe in ein Land, das ich dir zeigen will. Mit der Aufforderung verbindet Gott eine doppelte Zusage: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein. Gott verspricht Abraham seine Begleitung und seinen Schutz und zudem verspricht er Abraham, dass er seinerseits zum Segen für andere werden wird.

Eine Botschaft. Ein Reisesegen.

Vor Kurzem haben wir uns in einer Tagung mit Meister Eckhart beschäftigt, der von 1260 bis 1328 gelebt und als Gelehrter, Ordensmann, Prediger, Seelsorger, Philosoph und Theologe in vielen Städten Europas gewirkt hat. Seine Lehren vom göttlichen Funken im Menschen, vom Adel der Seele, von der Gelassenheit und Abgeschiedenheit machten ihn schon in seiner Zeit des Spätmittelalters einflussreich. Dieser Einfluss reicht durch die Geschichte bis heute. Diese Sätze drücken komprimiert und treffend seine Botschaft aus:

Die wichtigste Stunde ist immer die gegenwärtige.

Der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gegenübersteht.

Das notwendigste Werk ist immer die Liebe.

Meister Eckharts Sätze können zu einem Segen werden, wenn wir spüren, dass das, was um uns ist, nicht alles sein kann, was ist, wenn wir das Göttliche spüren, das diese „Lücke“ ausfüllt, wenn wir uns mit Gott auf dem Weg wissen. Die Sätze werden ein Reisesegen für alle, die sich in diesen Tagen und Wochen auf den Weg machen, endlich Ferien haben, unterwegs sind:

Gott möge dich auf deinen Wegen immer begleiten,

dass du spürst, du bist nicht allein im Hier und Jetzt.

Gott möge dich auf deinen Wegen immer stärken,

dass du siehst, dir stehen überall Menschen gegenüber.

Gott möge dich auf deinen Wegen immer behüten,

dass du gewiss bist, du bist geliebt und kannst lieben.

Wir sind von Gott gesegnet – und können ein Segen sein.

Auf bald!

Bild: Doris Schug
In: Pfarrbriefservice.de

22. Juni 2023 || ein Beitrag von Karin Dierkes, Akademiereferentin für Theologie und Philosophie