Künstliche Intelligenz: die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

Die „Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts“ dringen in immer mehr Lebensbereiche vor, z.B. durch die Automatisierung der Arbeitswelt, selbstfahrende Autos, Roboter in der Pflege oder autonome Waffensysteme.
Was aber heißt dies aus sozialer und ethischer Perspektive? Welche Haltung haben wir als Indi-viduen, als Gesellschaft oder als Völkergemeinschaft zu diesen technischen Möglichkeiten? Was sind die wichtigsten Aufgaben, die KI-Systeme heute und in Zukunft erledigen sollen? Welche Grenzen sollte die Politik setzen und welche Möglichkeiten hat sie überhaupt in Anbe-tracht der Globalisierung?
Der gegenwärtige Stand der KI-Entwicklung gibt uns noch die Gelegenheit, uns über Chancen und Risiken der Technologie auszutauschen.
Im Interview stellt Michael Brendel die Entwicklungen der KI vor und erläutert die Möglichkeit, Grenzen zu definieren und ethische Fragen zu diskutieren.

Was sind aktuell (und ggfs. mittelfristig) die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten von KI und die bereits eingetretene oder anstehenden Folgen?
Kurz gesagt, trumpfen KI-Systeme dort auf, wo viele Daten in hoher Geschwindigkeit gesichtet, sortiert und kategorisiert werden müssen. Das ist zum Beispiel bei Industrieanlagen der Fall, in denen vernetzte Maschinen miteinander Unmengen von Daten austauschen. KI-Systeme können dort Muster erkennen, wo Menschen nur einen Zahlenwust sehen. So ist ein weiterer Bereich heutiger KI-Anwendungen die Objekterkennung, die z. B. in Smartphonekameras eingesetzt wird, aber auch für das Autonome Fahren oder die KI-gestützte Bildanalyse in der Medizin von großer Bedeutung ist. Die Gefahr ist natürlich, dass diese maschinellen Fähigkeiten Arbeitsplätze obsolet machen, die bislang direkt oder indirekt mit Daten zu hatten: Die Automatisierung bedroht Steuerberater*innen ebenso wie LKW-Fahrer*innen, die in naher Zukunft mit autonomen Fahrsystemen konkurrieren müssen.

Was sind die Stärken und vor allem die Schwächen der verfügbaren Roboter und der „alltäglich“ nutzbaren KI?
Die Stärken liegen darin, dass sie schnell konkrete Aufgaben übernehmen können: Robo, saug den Boden! Alexa, übersetze „Guten Morgen“ auf Französisch! Smartphone, zeige mir alle Fotos von Hunden! Die Schwächen liegen in der Abstraktion: Der Bilderkennungs-Algorithmus weiß nur, wie ein Hund aussieht, aber nicht, wie sich sein Fell anfühlt, dass Hunde es mögen, gekrault zu werden – und das „Hundewetter“ überhaupt nichts mit Hunden zu tun hat. So gesehen sind KIs bislang ziemliche Fachidioten. Künstliche Intelligenz, wenn man den Begriff überhaupt nutzen will, beschränkt sich bislang auf kognitive Intelligenz. Emotionale, soziale und sensomotorische Intelligenz sind noch in weiter Ferne – oder gar nicht erreichbar.

Wo liegen am Beispiel Mensch die Grenzen der KI zum heutigen Zeitpunkt?
Aus meiner Sicht werden KI-Systeme niemals wirklich kreativ sein, noch moralische Entscheidungen treffen können, noch Empathie zeigen. Menschliche Emotionen können nur Menschen nachvollziehen, menschliche Werte nur Menschen teilen. Wenn es darum geht, was uns Menschen ausmacht, spielt auch unsere Identität und unsere Sterblichkeit eine große Rolle.

Was sagen Sie Menschen, warum es gerade jetzt wichtig ist, sich mit ethischen Fragestellungen der KI auseinanderzusetzen?
Weil KI-Systeme bereits heute unser Leben beeinflussen und das künftig noch stärker tun werden. Auch eine Anwendung, die nur eine Aufgabe erledigt, kann Menschen die Jobs wegnehmen. Und ein selbstfahrendes Auto kann Menschen töten, was zwangsläufig die Frage nach Verantwortung und Schuld mit sich bringt. Die Frage ist, welche Grenzen wir KIs setzen. Noch haben wir die Möglichkeit, die Frage zu diskutieren, was wir von der intelligenten Technik eigentlich wollen und wo wir „Stop“ sagen – und diese Grenzziehung politisch einzufordern. Es ist das wichtigste Gespräch unserer Zeit.

Lieber Herr Brendel, herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen. Wir freuen uns auf die gemeinsame Veranstaltung am 26. September 2020 in Bensberg.

Bildnachweis:

Michael Brendel: Suzanne von Melle
Beitragsbild: unsplash.com, gemeinfrei
Titelbild: Michael Brendel

11. September 2020 || ein Interview mit Michael Brendel, M.A.
Jahrgang 1977, Journalist, Autor der Bücher „Künftige Intelligenz: Menschsein im KI-Zeitalter“ sowie „Die Mensch-App:
Wie Internet und Smartphone unsere Wirklichkeit verändern“.

Michael Brendel ist Referent bei der Akademietagung „Künstliche Intelligenz trifft Ethik. Welche Fragen stellen sich durch „intelligente Maschinen“?“ am 26. September 2020 (Sa.) in Bensberg.

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