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UNTERWEGS SEIN

Am 6. Januar feiern wir gleich zwei Feste an einem Tag:

Zum einen feiern wir „Heilige Drei Könige“ – die drei Könige waren einem Stern gefolgt und kommen in Bethlehem an. Dabei waren die drei genannten Könige mit großer Wahrscheinlichkeit keine Könige im Sinne von Landesherrschenden noch galten sie als monarchische Würdenträger. Sie gehörten, wie das griechische Wort „mágoi“ sagt, einer persischen Priesterkaste an, waren Weise, Wissenschaftler, die sich vermutlich mit Astronomie beschäftigen. Sie waren zudem bei Königen, Fürsten und in reichen Häusern gern gesehene Berater.

Diese weisen Männer, Priester, Sterndeuter folgen, so beschreibt es der Evangelist Matthäus, einem Stern, der aufgegangen ist und ihnen, so meinen sie, den Weg zu dem neugeborenen König der Juden weisen wird. Indem sie dem Stern folgen, nehmen sie die Hoffnung des Volkes Israel auf, dass am Ende der Zeiten der Messias, der König der Juden, geboren wird. Angesichts der römischen Besatzung wurde für viele die Hoffnung zu einer konkreten Erwartung. Der Messias, der Retter, der Erlöser wird ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens unter allen Menschen aufbauen. Die Könige, die Matthäus erwähnt, verweisen auf Jes 60, wo es im 3. Vers heißt „Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz.“

Die Sterndeuter kommen aus dem Osten, aus dem Orient, „apo anatolôn“. Sie kommen aus der Ferne und der Fremde, so wie es Jesaja und andere Propheten und Psalmen vorhersagen. Und sie tragen Gaben bei sich, so wie es beschrieben ist: Sie bringen Gold, das wertvollste Metall, das beständig ist und für Ruhm und Glanz steht. Sie bringen Weihrauch, ein Harz, das beim Verglühen einen aromatisch duftenden Rauch entstehen lässt, der für Reinigung und Gebet steht und für die Gegenwart Gottes ein Zeichen ist. Und sie bringen Myrrhe, ein Öl, das aus Myrrheharz destilliert wird. Das Harz wird zuvor durch das Anschneiden der Rinde eines bis zu 3 Meter hohen, dornigen Strauches gewonnen und gilt als wertvolle, umfassende Heilpflanze; als Suspension getrunken lindert es Schmerzen, in Salbe heilt es Entzündungen. So huldigen die drei Weisen aus der Fremde dem neugeborenen König mit Gold und ehren ihn als König, mit Weihrauch und sehen in ihm den Priester, mit Myrrhe und danken ihm als Arzt und Heiler, wobei die Myrrhe als wichtiges Öl bei der Einbalsamierung von Toten auch schon als Vorzeichen auf seinen Tod gelesen werden kann.

Die Geschichte der Sterndeuter nehmen Kinder und Jugendliche seit vielen Jahren in der Tradition der „Sternsinger“ auf: Am 6. Januar 1959 machen sich die ersten Sternsinger auf den Weg zu den Häusern ihrer Kirchengemeinden – dabei gibt es das Kindermissionswerk jetzt schon seit 175 Jahren, ab 1998 trägt es „Die Sternsinger“ im Namen. Die Kinder und Jugendlichen segnen die Häuser mit der Jahreszahl und C+M+B („Christus Mansionem Benedicat“ (lateinisch), Christus segnet dieses Haus) und sammeln Spenden für Projekte in der ganzen Welt. Sie folgen der Vision von einer gerechteren Welt für Kinder weltweit.

Zum anderen feiern wir das Fest Epiphanias, „Die Erscheinung des Herrn“ – das griechische Wort „epiphaneia“(ἐπιφάνεια) bedeutet „Erscheinung“. Ursprünglich wurde die Geburt Jesu mit der Verehrung der Weisen aus dem Morgenland zusammen gefeiert. Als im 5. Jahrhundert der Kalender umgestellt und das Weihnachtsfest eingeführt wurde, verschobene sich in den Konfessionen die Bedeutungen: Die griechisch-orthodoxe Kirche erinnert an die Taufe Jesu im Jordan, die armenische, koptische, russisch- und serbisch-orthodoxe Kirche feiert am 6. und 7. Januar Weihnachten. Und für die römisch-katholische und evangelische Kirche wird am 6. Januar die Göttlichkeit Jesu vorgestellt; nicht nur die Juden, auch die Heiden, die Weisen aus der Fremde, aus dem Morgenland erfahren von der Menschwerdung Gottes.

Und was hat das mit UNTERWEGS SEIN zu tun?

Die drei Weisen aus dem Morgenland sind unterwegs und folgen einem Stern, der sie zu dem neugeborenen König bringen soll. Kinder und Jugendliche sind unterwegs für eine gerechtere Welt. Christen sind weltweit unterwegs, weil sie gemeinsam die Menschwerdung Gottes und die erfahrbare, sichtbare Erscheinung Gottes in der Welt feiern wollen. Der 6. Januar birgt viel Bewegung und Sehnsucht, Gewissheit und Vision in sich. Der Tag kann Menschen ermuntern zum Aufbruch, er inspiriert zum UNTERWEGS SEIN, zum offen und neugierig Sein. Der 6. Januar steht am Anfang eines neuen Jahres und lädt ein.

Bild: Christiane Raabe
In: Pfarrbriefservice.de

6. Januar 2022 || ein Beitrag von Karin Dierkes, Referentin für Theologie und Philosophie