Runter mit der Maske!
Die Welt feiert James Ensor. Und wir feiern mit!
Zum 75. Todestag des großen Künstlers begibt sich die Thomas-Morus-Akademie gleich zweimal auf seine Spuren. Obwohl seine Werke über den ganzen Globus verteilt sind, lernt man ihn wohl am besten in seiner flämischen Heimat kennen.
Vom 5. bis 10. Juni 2024 geht es daher unter anderem nach Oostende. Es erwartet Sie in Ensors Geburtsstadt eine intensive Begegnung mit dem Menschen und dem Künstler – unter anderem in seinem ehemaligen Wohnhaus.
Und am 11. Oktober fahren wir mit Ihnen in einer Tagestour nach Antwerpen. Die Stadt feiert den „Künstler der Masken“ an verschiedenen Standorten. So werden wir die Ausstellung „In your wildest dreams. Ensors kühnste Träume. Jenseits des Impressionismus“ im Königlichen Museum für Schöne Künste besuchen. Das KMSKA beherbergt die weltweit größte Ensor-Sammlung und bringt in der Ausstellung internationale Inspirationen, Zeitgenossen und Nachahmer zusammen. Später werden wir auch die Schau „Ensors Suche nach dem Licht“ im Museum Plantin-Moretus auf uns wirken lassen. Es wird eine Begegnung spektakulärer, aber auch provozierender Kunst eines besonderen Künstlers.
Aber nun: Wer war James Ensor eigentlich? Nehmen wir die Maske runter und schauen hinter die Fassade…
James Sidney Edouard Ensor wurde 1860 in Oostende geboren. Seine Mutter war Belgierin, sein Vater kam aus Großbritannien. Die immer wieder in seinen Werken auftauchenden Masken, die ihm auch den Beinamen „Meister der Masken“ eingebracht haben, kommen vermutlich aus dem von der Mutter und der Tante geführten Souvenirladen, in dem eben solche Masken feilgeboten wurden. Es waren Karnevalsmasken, die in ihrem Erscheinungsbild sicher auf venezianische Vorbilder zurückgingen, aber auch Masken, die aus verschiedenen anderen Kulturkreisen kamen oder auf diese anspielten. So ist es etwas zu einfach, von einer Freude an der Verkleidung und dem Wechseln der Rollen zu sprechen, obwohl ihm die Kostüm- und Maskenbälle, die in seiner Kindheit zu Karnevalszeiten gefeiert wurden, gut gefallen haben. Es haben ihn auch die leuchtenden Farben, die überspitzten, zur Karikatur übersteigerten Formen, die Exotik, und auch die Geschichten hinter den Masken interessiert. Zuallererst aber ist es doch so: Hinter der Maske wird man nicht erkannt…
Schon als Kind wurde Ensors Kreativität bemerkt und seinem Wunsch, zu malen, entsprochen. Mit elf Jahren erhielt er seinen ersten Malunterricht. Mit 15 Jahren besuchte er dann die Kunstakademie Oostende, um ein Jahr später an die Königliche Akademie für Schöne Künste in Brüssel zu wechseln, die er aber bereits nach zwei Jahren wieder verließ. Wie so viele seiner Zeitgenossen, empfand auch er den Unterricht als verstaubt, träge und eher als Bremse, denn als Förderung eigener Kreativität. So wurde seine akademische Ausbildung von Beginn an von autodidaktischen Lektionen begleitet. In den Brüsseler Museen vertiefte er sich in die unterschiedlichsten Künstler, so zum Beispiel Peter Paul Rubens, Hieronymus Bosch und Jean-Auguste-Dominique Ingres. Für ihn waren all diese Kunstwerke wie eine Quelle der Phantasie, der Versuchung und der Träume.
Nach seiner Rückkehr nach Ostende richtete er sich über dem Souvenirladen der Mutter sein Atelier ein. Doch die Erfolge ließen auf sich warten. Wie man oft beobachten kann, gelten viele Künstler in der Heimat zunächst nicht viel. Ein besonderes Vergleichsbeispiel ist Max Liebermann, der in Deutschland mit seiner Kunst zunächst gar nicht Fuß fassen konnte, und daher in die Niederlande ging, wo sich das Blatt für ihn wendete. Ensor aber, trotz Frust, Ärger und Enttäuschung, blieb in Oostende und kämpfte weiter um die Anerkennung seiner Kunst – bei den Oostendern, wie auch bei seiner Familie. Dabei machte er es dem Publikum mit seinen frühen Werken recht leicht, den Wert der Kunst zu sehen. Nicht zu weit lehnte er sich aus dem Fenster und arbeitete mit realistischen Sujets und zurückhaltenden Farben. Doch dieser „stille“ Ensor wandelte sich zu einem „lauten“ Maler, der mehr und mehr die Masken und Skelette in seine Werke einziehen ließ. Karikierend, zuweilen grotesk und makaber wurden seine Bildgeschichten, provozierend und sozialkritisch glitt der Pinsel über die Leinwand.
Und doch – sein langer Atem, seine Treue zu sich selbst und sein Mut zahlten sich aus: Noch bevor die Zeit ins neue Jahrhundert wechselte, konnte James Ensor erste große Erfolge feiern. Verschiedene große Brüsseler Museen kauften seine Werke an, 1899 gab es seine erste Einzelausstellung, selbst ein Adelstitel wurde ihm verliehen.
Und der Erfolg hält an. Heute ist James Ensor ein Künstler mit internationalem Renommée, der hunderte Werke hinterlassen hat, der überall auf der Welt anzutreffen ist, und dessen Welt hinter den Masken noch lange nicht all ihre Geheimnisse preisgegeben hat. Ein Oostender Künstler von Weltrang.
21. Dezember 2023 || ein Beitrag von Judith Graefe, Akademiereferentin Erkundungen
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