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Zum Todestag von Nikolaus Groß

In dieser Zeit aufeinanderfolgender Krisen und wachsender Verunsicherung ist das Erstarken der AfD ein Alarmsignal. Es scheint, als ginge eine Skepsis um im Land, ob die Politik allen Sorgen noch mit demokratischen Mitteln begegnen kann. Viele stehen in gefühlter Ohnmacht vor dem Ukraine-Krieg oder stehen hilflos vor Aggressionen wie dem Tankerbeschuss im Roten Meer. Ich stelle in meinem erweiterten Umfeld fest, dass sich Menschen hierzulande sogar in die Nähe einer „Bananenrepublik“ gerückt fühlen, wenn etwa im Winter die Sorge vor einem Blackout in den Medien auftaucht.

Richtig ist: Weder weltumspannende Konflikte noch daraus entstehende Engpässe z.B. in hiesiger Produktion und Handel kann und wird Politik aus- und abräumen können, und schon gar nicht im Handumdrehen. Der Tanker Demokratie ist nicht schnell, sondern abwägend im Für und Wider, er ist langsam. Viele Instrumente greifen erst, wenn es „gefühlt“ schon zu spät scheint.

Aber: Das, was vielen lähmend, langsam und unzulänglich erscheint, ist in der Demokratie die zweite Seite der Medaille, die Seite, die jede und jeden einzelnen von uns vor einem vorschnellen, willkürlichen und manipulativen Rechtsgebrauch schützt. Die Verlässlichkeit, Vertrauen und Sicherheit schafft.

Schnell, quasi „im Handumdrehen“ drücken Diktatoren ihre Gesetze durch; „im Handumdrehen“ setzen deren Handlanger sie um. In nicht wenigen Staaten der Welt wird das auch ganz schnell zum Halsumdrehen, siehe Russland.

Jeder und jede, die als Folge von Unzufriedenheit und Verunsicherung eine in Teilen gesichert rechtsextremistische Partei wie die AfD wählt, muss sich aus meiner Sicht fragen: Wollen wir das? Wollen wir die mögliche Perspektive einer schleichenden Abschaffung der Demokratie und unserer Bürgerrechte wirklich riskieren, auch wenn wir noch so unzufrieden sind mit dem aktuellen Zustand der Welt, des Landes, unserer Kommune?

Ich denke: Das kann eine Christin oder ein Christ nicht wollen. Nikolaus Groß hat als Widerstandskämpfer größtmöglichen Mut bewiesen, aus Überzeugung Widerstand geleistet. Unseren Mut heute stellen wir mit einer Zivilcourage unter Beweis, einer Zivilcourage, die nicht wegsieht oder weghört, sondern sich einbringt gegen Stammtischparolen, einer Zivilcourage, die allgemeines Politik-Lamento nicht billigend hinnimmt, sondern freundlich, aber entschieden dagegenhält. Zivilcourage, die in den aktuellen Demonstrationen und Protest, aber auch in demokratischem Partei-Engagement und der Teilnahme am Diskurs ihren Niederschlag finden kann.

Es geht nicht darum, Probleme zu negieren. Doch es geht aus meiner Überzeugung darum, diese Probleme nicht zu einem Einfallstor für eine rechts-nationalistische Gesinnung werden zu lassen.

Stellungnahme zum Todestag von Nikolaus Groß: Wie wollen wir dann vor Gott und unserem Volk bestehen?

Am 23. Januar 1945 wurde Nikolaus Groß, Arbeiterführer und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, durch die Nationalsozialisten hingerichtet. Sein starker Glaube hat ihm den Mut gegeben, den politischen Kräften zu widerstehen und für seine Überzeugung einzustehen. Nikolaus Groß bewies Standhaftigkeit gegen Hass, Gewalt und Unterdrückung.

Wir erleben heute wieder ein Erstarken rechtsradikaler Kräfte in unserem Land. Dies bereitet uns große Sorge. Als engagierte Christinnen und Christen schweigen wir nicht – wir sind bereits seit Jahren laut und warnen davor. Wir benennen diese Kräfte klar: Die AfD ist eine rechtsradikale, menschenverachtende Partei, die den Werten unseres Glaubens konfrontativ gegenübersteht. Wir stehen ein für unsere Überzeugungen: Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes und gleich in Würde und Recht.

Seit längerer Zeit bereits nehmen wir wahr, wie Kräfte des rechten Randes die Öffentlichkeit zum Schauplatz ihres Hasses werden lassen; wie sie versuchen menschenfeindliches Sprechen zu etablieren. Das wird ihnen nicht gelingen. Es liegt an uns. Wenn Hass und Hetze verbreitet wird, liegt es an uns aufzustehen und zu sprechen, wenn Andere schweigen. Es liegt an uns, die Schweigenden zu ermutigen, gegen den Hass zu sprechen. Für uns als engagierte Christen ist es eine besondere Pflicht, die Liebe am Nächsten vorzuleben. „Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen, wie wollen wir dann vor Gott und unserem Volk einmal bestehen“, sagte Nikolaus Groß einen Tag vor dem gescheiterten Attentat gegen Hitler. Er riskierte etwas, war sogar bereit, sein Leben für seine Überzeugung einzusetzen. Heute ist es für uns so viel leichter gegen Hass und Hetze, gegen das menschenverachtende Gedankengut der AfD zu sprechen. Nutzen wir dies.

Jeder, der einer rechten Partei, wie der AfD eine Stimme gibt, muss sich bewusst sein, was er macht; bewusst sein, über die Folgen, wenn es zu einer parlamentarischen Mehrheit radikaler Kräfte kommen sollte. Eine Stimme für die AfD kann kein Protest sein. Eine Stimme für die AfD ist Ausdruck von Unterstützung des Hasses und der Verachtung unserer Demokratie.

Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln wird sich immer für die Würde aller Menschen und für die Demokratie engagieren. Der selige Nikolaus Groß und alle, die für ihre demokratische Überzeugung etwas riskiert haben, sind uns ein Vorbild. Wir rufen all diejenigen, die bisher noch schweigen auf, mit uns und allen Demokratinnen und Demokraten gemeinsam laut zu sein. Wir Demokratinnen und Demokraten haben alle einen gemeinsamen Nenner. Nie wieder ist jetzt!

Pressekontakt:

Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln
Dominik Kaven
Breite Straße 106
50667 Köln

30. Januar 2024 || ein Beitrag von Felicitas Esser, Akademiereferentin für Kultur und Gesellschaft

Felicitas Esser - Referentin Thomas-Morus-Akademie Bensberg