Der Weg nach Bensberg

Natürlich änderten sich Größe, Stil und Prestige der Gartenkunst im Laufe der Jahrhunderte. Doch bis heute gibt es sie. Nur heißt sie heute nicht mehr Gartenkunst, sondern Landschaftsarchitektur. Um als solche wahrgenommen zu werden, muss nicht der ganze Garten „aus einem Guss“ stammen, wie im berühmten Beispiel der Villa Noailles, bei der der Garten kubistisch ausgeführt wurde und den raumauflösenden Konzepten Frank Lloyd Wrights folgt. Auch Gartenanlagen, die schon lange Bestand haben und erst nach und nach mit einem künstlerischen Programm ausgestattet wurden, gehören hierzu.

So hat auch das Kardinal Schulte Haus in Bensberg heute einen Skulpturenpark. Dieser ist weit entfernt von den Vorbildern des Barock. Keine ornamentalen Buchshecken breiten sich auf topfebenen Flächen aus, keine Labyrinthe, Tempel oder Pagoden verteilen sich über das Gelände, und auch keine steinernen Liebenden flankieren die schnurgeraden Wege. Schon schnurgerade passt nicht, winden sich doch die Wege zum Haus hinauf malerisch den Hügel entlang, und auch in den umgebenden bewaldeten Flächen gibt es keinen rechten Winkel. Eher der sogenannte englische Landschaftsgarten, der dem symmetrisch-geometrischen Barockgarten Konkurrenz machte und sich im 18. Jahrhundert weit verbreitete, mag hier inspiratorische Vorlage gewesen sein. Der englische Landschaftsgarten ist zwar genau so detailverliebt und präzise geplant, wie die barocke Variante, doch unauffällig, oder gar verhüllend. So soll man ihm nicht ansehen, dass überhaupt Planung in ihn gesteckt wurde. Er soll ganz von der Natur geschaffen erscheinen und sich so also nur „zufällig“ in seiner perfekten romantischen Form präsentieren. So sind die Bäume und Büsche niemals gleich hoch, immer ist es eine natürlich-unregelmäßige Wuchskante. Doch das ist eben nicht dem Schöpfer Natur zu verdanken: Alle Pflanzen werden entsprechend ausgewählt, nach Art und Wachstumsgeschwindigkeit, damit nicht der eine Baum von dem anderen Busch „eingeholt“ wird. Ebenso verhält es sich mit den Wasserflächen, deren Uferkanten nun nicht mehr oval oder rechteckig sind, sondern natürlich unregelmäßig geformt – wenn auch künstlich angelegt. Und nicht zuletzt die Wege sind im Landschaftsgarten nie schnurgerade. Sie bilden keine Achsen oder kompartimentelle Strukturen. So ist der Park des Kardinal Schulte Hauses mit seinen sanft abfallenden Wiesenflächen, seinen mäandernden Wegen und seinem kleinen Wald mit unregelmäßiger Grenzlinie eine eher landschaftlich geprägte Anlage, die auch noch einen spektakulären weiten Blick auf Köln hat – bei gutem Wetter inklusive den berühmten zwei gotischen Spitzen.

Seit 1959 ist die Thomas-Morus-Akademie in Bensberg, im Kardinal Schulte Haus angesiedelt. Schon seit den 60er Jahren hat sie Kunst ausgestellt. Und seit 1989 gibt es die „Kunstbegegnungen“, die zusammen mit Prof. Zehnder entwickelt wurden. Im Rahmen dieser Kunstbegegnungen, der 13., um genau zu sein, wurde 1994 erstmalig auch ein Objekt im Außenraum aufgestellt. Diese Skulptur von Günther Oellers mit dem Titel „Zweiflammenstein“ legte den Grundstein für den Bensberger Skulpturenpark.

Welche Werke hier zu finden sind, wo sie stehen und was sie bedeuten, soll im nächsten Beitrag unter die Lupe genommen werden.

© Andreas Würbel

18. Oktober 2024 || ein Beitrag von Akademiereferentin Judith Graefe