Giovanni Bellini: Auferstehung Christi (1475 – 1478)

Das Bild befindet sich heute in der Berliner Gemäldegalerie.

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Österlicher Neubeginn

Meisterhaft hat den österlichen Neubeginn der Renaissance-Maler Giovanni Bellini in seiner „Auferstehung Christi“ dargestellt. Deutlich akzentuiert er die Morgenröte des Sonnenaufgangs. Das tiefe Dunkel der Nacht wird vom hellen Gelb und Weiß der ersten Sonnenstrahlen verdrängt. In diesem atmosphärischen Raumkontinuum erscheint der auferstandene Christus geradezu schwerelos schwebend und von allem irdischen Leid entrückt. Selbst die Wundmale sind verschwunden. In der linken Hand hält er die Siegesfahne, in der das Kreuz nun Zeichen des überwundenen Todes ist. Seine rechte Hand erhebt Christus zum Segensgestus und verweist so einerseits auf die Dreifaltigkeit und andererseits auf seine göttliche und menschliche Natur.

Am Grab führt Bellini einen Weg vorbei in die Bildtiefe, wo sich im Mittelgrund die drei Frauen nähern (Lk 24,1-12). Sie werden die ersten Zeuginnen der Auferstehung sein. Im Hintergrund zeigt der Künstler eine Ansicht des Städtchens Monselice und verbindet so das biblische Geschehen mit seiner Lebenswirklichkeit. Er betont auf diese Weise zudem die überzeitliche Bedeutung der Auferstehung Christi: Die Heilsbotschaft gilt Menschen aller Zeiten und Regionen.

Der im Auferstandenen gesetzte Neubeginn ist die Zusage, dass es für alle, die glauben, eine Zukunft gibt, in der die Menschen-Zeiten zur Erfüllung und nicht zum Verschleißen gebracht werden. Das Wichtigste im Leben kann immer nur geglaubt werden. Dass es gut ist, dass es mich gibt, dass andere mir zugewandt sind, mich lieben, dass es einen tiefen Sinn des eigenen Leben gibt, den wir uns nicht erarbeiten oder erkaufen müssen und der sich über alle Widrigkeiten erhebt: All‘ das kann ich nur glauben. Aber: Wo Menschen aus der Kraft dieses Glaubens heraus leben, wird die Gegenwart des Auferstandenen inmitten des Alltags – auch in seinen Herausforderungen und dunklen Stunden – österlich erahnbar.

12. April 2020 || Beitrag von Dr. Arno-Lutz Henkel, Kunsthistoriker und Theologe, leitet Erkundungen und Ferienakademien