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Das Skulpturenufer Remagen

Viele Menschen schon haben viele Orte entlang des Rheins als Perle des Rheintals bezeichnet. Es scheint sich also gar nicht mehr um einzelne Perlen zu handeln, es ist vielmehr eine ganze Perlenkette. Eine Kette, deren einzelne Perlen die unterschiedlichsten Farben, Formen und Größen haben. Eine dieser Perlen war schon im 19. Jahrhundert Rolandseck. Ein kleiner Ort am Rhein, gerade so auf rheinland-pfälzischem Gebiet, in Sichtweite des bekannten Rolandsbogens im Nachbarort Rolandswerth. Von dort erblickt man über den Rhein hinweg den aus dieser Perspektive besonders malerisch in den Rhein stürzenden Drachenfels und knapp darunter die Drachenburg, Zeugnis der neogotischen Bauleidenschaft im Rheinland des 19. Jahrhunderts.

Dort wurde zur Prachtzeit des Ortes ein Kleinod modernster Architektur gebaut: Das Eisenbahnempfangsgebäude. Heute steht ihm ein neues architektonisches Highlight zur Seite: Richard Meiers Museumsbau. Zusammen bilden sie das heutige Arp Museum Bahnhof Rolandseck.

Zum 2000jährigen Bestehen der Stadt Remagen wurde ein Skulpturenprojekt geplant und in den Kontext des Arp Museums gestellt. Von ihm aus in beide Richtungen am Rheinufer entlang befinden sich heute 14 Kunstwerke auf insgesamt 14 Kilometern.

Los geht es nördlich des Museums mit den Geheimen Gärten Rolandswerth. Gearbeitet hat das Künstlerduo Bittermann & Duka auf dem Gebiet des ehemaligen Hentzenparks, von dessen früheren Zeiten noch architektonische Reste erzählen, die sich malerisch und fast symbiotisch mit der erobernden Natur verbinden. Durch dieses Gebiet windet sich nun ein Satz von Novalis: „Die vollendete Spekulation führt zur Natur zurück“. Diesen Ausspruch gilt es auf den verschlungenen Wegen durch die Geheimen Gärten zu entdecken.

Richtung Süden passiert man die bewegliche Skulptur „Rheinschlafen“ von Joachim Manz bis vor den Augen des Kunstsuchenden das Arp Museum Bahnhof Rolandseck mit der in den Himmel ragenden Skulptur „Bewegtes Tanzgeschmeide“ von Hans Arp auftaucht. Den Blicken verborgen bleibt wohl zunächst der „Arp Heliport“ von Res Ingold, der auf dem Gebiet des Kunsthauses unauffällig in die Rasenfläche eingelassen ist. Der zweite Teil des Heliports der semi-fiktiven Fluggesellschaft „ingold airlines“ ist ein Windsack auf der gegenüber liegenden Seite der B9.

Ebenso unauffällig sind die „Seven Paces“ von Hamish Fulton, der mit diesem Werk seine Vorstellung von „No walk, no art“ bekundet. In den Boden des früheren Treidelpfades – heute ist es ein Fahrradweg – ist eine 6,36 m lange Bodenskulptur eingelassen, die die meisten Fahrradfahrer wohl nicht bemerken, da sie ihnen zu schnell unter die Räder kommt. Es sind die Stationen seiner Wanderung von Bilbao zum Küstenort Hoek van Holland, die er – Schritt für Schritt – in einer Zickzacklinie, die jeden Fußabdruck mit dem nächsten verbindet, dokumentiert.

Es reiht sich Kunstwerk an Kunstwerk. Eberhard Bosslet, Otmar Sattel, Peter Hutchinson, Aron Demetz, Thomas Huber, Lajos Barta, Michael Volkmer und Erwin Wortelkamp säumen den Weg und führen zur Endstation in Remagen-Kripp, an der der Künstler Johannes Brus zwei Treidelpferden eine Pause gönnt. Er platziert sie auf dem kleinen Rheinschiff, welches er als Betonskulptur ans Ufer gestellt hat. Eines blickt nach Süden, eines nach Norden, zurück zu den anderen 13 Kunstwerken des Skulpturenufers Remagen.

Bildnachweis

Titelbild
Hamisch Fulton: seven paces – Skulpturenufer Remagen (Detailaufnahme)
© Warburg

Künstlerduo Bittermann & Duka: Geheime Gärten Rolandswerth – Skulpturenufer Remagen
© Hans Weingartz

Hamish Fulton: seven paces – Skulpturenufer Remagen
© Hans Weingartz

Johannes Brus: Skulptur 2 Pferde und ein Boot, Kripp
© Warburg

28. Oktober 2021 || ein Beitrag von Judith Graefe, Kunsthistorikerin