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Am 11. November feiern wir Sankt Martin

Das ist die Geschichte, die wir alle aus Liedern und Büchern kennen:

Martin, ein Soldat im römischen Heer, ist im Winter, bei Schnee und Wind im Nordosten Frankreichs hoch zu Ross unterwegs. In der Stadt Reims trifft er auf einen Bettler, der im Schnee sitzt und keine Kleider, sondern nur Lumpen trägt und erbärmlich friert. Die anderen seiner Gruppe reiten weiter, doch Martin bleibt stehen, zieht sein Schwert und teilt seinen Mantel. Er gibt einen Teil des Mantels dem Bettler und rettet ihn vor dem Erfrieren.

In der Nacht träumt Martin von Jesus, der sagt, dass er selbst der Bettler war und Martin ihn mit dem Mantel umhüllt hat. Martin ist tief bewegt, tritt bald aus dem Heer aus und gründet zwei Klöster, das eine in der Nähe von Poitiers, das das erste Kloster des Abendlands ist, und das andere in der Nähe von Tours. Die Menschen suchen Martins Nähe und seinen Rat und als ein neuer Bischof gesucht wird, wollen sie ihn ernennen. Martin versteckt sind, will nicht Oberhirte werden, doch Gänse verraten ihn in seinem Versteck. Martin wird Bischof, wirkt viele Jahre, wird von den Menschen als selbstlos und barmherzig verehrt, wirkt viele Wunder und stirbt mit 81 Jahren am 8. November 397. Er wird am 11. November unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Tours zu Grabe getragen und bald schon als Heiliger verehrt. Er ist damit erste Heilige, der keinen Märtyrertod erlitten hat, sondern durch sein Leben und Wirken zum Heiligen wird.

Es bleibt wichtig, diese Geschichte immer wieder zu erzählen und zu lesen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie sich die Geschichte heute erschließen lässt. Was hat sie uns zu sagen? Können wir dem Heiligen Martin begegnen? Und wenn ja, wo und wie? Gleich zweimal kam er bei mir am letzten Wochenende vorbei:

In der Thomas-Morus -Akademie fand die Akademietagung „Selbstbestimmung – auch im Sterben?“ statt, die ich in den letzten Wochen mit drei Referierenden vorbereitet und Schritt für Schritt entwickelt hatte. Die Frage „Selbstbestimmung – auch im Sterben?“ bringt viel in uns zum Klingen. Wir haben zum einen intellektuell in theologischen Vorträgen und durch wichtige Begriffsbestimmungen und zum anderen emotional durch persönliche Beiträge eine Antwort auf die Frage versucht.

Ein wichtiger Zugang war auch die Beschäftigung mit der Geschichte der Hospizbewegung und den Möglichkeiten und Grenzen der Palliativmedizin. Und da begegnete mir der Heilige Martin: Die Hospizbewegung ist geprägt durch die jesuanische Haltung der Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Der Heilige Martin, erläutert die Referentin Miriam Preuß, ist ein berührendes und beeindruckendes Beispiel dieser Tradition. Durch seine selbstlose Haltung gegenüber dem Bettler wird er für die in der Hospizbewegung arbeitenden Menschen zur Orientierung, wenn sie sich Bedürftigen und Notleidenden, Kranken und Sterbenden zuwenden.

Und noch einmal begegne ich dem Heiligen: Das Handeln von St. Martin, das „Mantel teilen und geben und umlegen“ findet sich in der Herleitung des Wortes „Palliativmedizin“: Palliativmedizin kommt vom lateinischen Begriff cura palliativa, cura ist die Pflege, die Sorge, palliare bedeutet „mit einem Mantel umhüllen“, pallium ist der Mantel.

Wir hören, dass die Palliativmedizin keine kurative Behandlung gegen die Ursache der Krankheit ist, aber Schmerzen lindern und Lebensqualität geben kann. Menschen, die palliativ in einem Hospiz oder zu Hause begleiten, nehmen Beziehung zum Sterbenden und zu seinen Angehörigen auf, sorgen, bieten vielfältig Unterstützung an, hören zu und sprechen Trost und Mut zu. Sie umhüllen den Sterbenden mit einem Mantel der Nähe und Fürsorge, der Wärme und Liebe.

Ich bin gewiss, dass
Sankt Martin unterwegs ist
mit Kindern und Familien bei ihren Laternenumzügen
in unzähligen Kirchen, denen er seinen Namen gegeben hat
und
in Kindergärten, Schulen und Ministerien
in Krankenhäusern, Altenheimen und Hospizen
überall, wo Menschen in Beziehung zueinander sind
durch Menschen, die anderen Zeit und Nähe schenken
ihnen einen Mantel der Wärme und Liebe umlegen.

Bildnachweis:
falco / Pixabay.com, gemeinfrei

11. November 2021 || ein Beitrag von Karin Dierkes, Referentin für Theologie und Philosophie

Dierkes Karin - Referentin für Theologie und Philosophie