ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv / Fotograf: Emil Meerkämper / TMA_2263

„Menschlich ist alles“

Thomas Manns „Der Zauberberg“

„Der Zauberberg“ feiert 2024 seinen 100. Geburtstag. Dieser Jahrhunderttext erzählt die Geschichte des jungen Hamburgers Hans Castorp, der seinen Vetter Joachim im Schweizer Lungensanatorium besucht. Er fährt auf drei Wochen – um am Ende sieben Jahre zu bleiben. Dort, auf dem „Berghof“, trifft sich die tuberkulosekranke Elite Europas und konfrontiert Hans Castorp mit den großen Themen des Lebens. Nichts Menschliches ist hier, fernab des Flachlandes, fremd. Zwischen Liegekuren, Psychoanalyse, Röntgendurchleuchtungen und permanentem Fiebermessen stellen sich Hans Castorp – und mit ihm allen Leserinnen und Lesern – die zentralen Fragen der Philosophie zu Sinn und Sein: „Was war das Leben? Man wusste es nicht.“ – Aber Hans Castorp ist gewillt es herauszufinden: Hier im Sanatorium, in der existenziellen Begegnung mit dem Tod und konfrontiert mit den unterschiedlichsten Menschen und Ansichten in Gestalt seiner Mitpatienten.
Lübeck wird 2024 ganz im Zeichen des „Zauberbergs“ stehen: Das Museumsquartier St. Annen widmet gleich zwei Ausstellungen dem Roman, eine kulturgeschichtlich-literarische und eine künstlerische. Die Veranstaltung bietet Kuratorenführungen durch die Ausstellungen ebenso wie Vorträge und Diskussionen zu ausgewählten Themen des Textes und seiner Zeit an. An ausgewählten Orten der Hansestadt wird bestimmten Motiven des Textes nachgegangen. Stets steht dabei die ungebrochene Aktualität des Textes im Fokus.

Donnerstag, 24. Oktober 2024

bis 15.00 Uhr
Individuelle Anreise zum Hotel Motel One, Lübeck. Anschließend gemeinsamer Gang zum Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL)

15.30 Uhr I Begrüßung im ZKFL
Willkommen zur Thomas Mann-Akademie!
Begegnungen und Gespräche bei Kaffee, Tee und Gebäck

  • Susanne Bonenkamp M.A.
  • Dr. Caren Heuer
  • Prof. Dr. Hans Wißkirchen

16.00 Uhr | Vortrag und Gespräch im ZKFL
„Man ändert hier seine Begriffe.“
Zur Entstehung und literarischen Technik des „Zauberberg“-Romans
Zwischen 1912 und 1924 arbeitete Thomas Mann am „Zauberberg“. In dieser Zeit weitreichender gesellschaftlicher Umbrüche musste auch er sich intellektuell neu orientieren. Welche Rolle dabei der „Zauberberg“ spielt, wie die Roman-entstehung diesen schwierigen Prozess spiegelt und wie eng das persönliche Denken und Fühlen Thomas Manns mit seinem Helden Hans Castorp in Zusammenhang steht, soll im Vortrag erläutert werden. Dabei wird auch ein Blick auf die Quellen geworfen, die Thomas Mann genutzt hat und die diesen Veränderungsprozess wesentlich mitsteuern. Schließlich geht der einführende Vortrag auf die literarischen Techniken ein, die Thomas Mann nutzte, um das Autobiographische in Literatur zu verwandeln.

  • Prof. Dr. Hans Wißkirchen

19.00 Uhr | Abendessen im Restaurant „Schiffergesellschaft“


Freitag, 25. Oktober 2024

Frühstück

10.00 Uhr | Geführter Stadtrundgang
Davos liegt an der Trave
Auf den Spuren der Schweizer Alpen in Lübeck
Was haben der „Zauberberg“ und die Schweizer Alpen mit Lübeck zu tun? Auf dem literarischen Stadtspaziergang durch die Altstadt werden überraschende Bezugspunkte der Hansestadt zur Berghofwelt in Davos besucht. Auch Thomas Manns eigenes Leben wird hier eine Rolle spielen. In rund 90 Minuten zeigt sich, wie die Heimatstadt des berühmten Autors Einzug in seine Werke fand, auch wenn diese an ganz anderen Orten spielen.

Gelegenheit zur individuellen Mittagspause

13.30 Uhr I Vortrag und Gespräch im ZKFL
Die „blaublühende Akelei“
Naturforschung auf dem „Zauberberg“
Es blüht und gedeiht auf den Bergwiesen des „Zauberbergs“. Das inspiriert die Hauptfigur Hans Castorp zum Bekenntnis: „Man könnte zum Botaniker werden“. Während andere Kurgäste die „berühmte Wiesenblüte“ meist nur aus der Ferne betrachten, sucht Hans Castorp zum Nachdenken ganz bewusst Orte in der freien Natur auf. Besonders gerne spaziert er zum „blaublühenden Grund“, wo die Akelei in Fülle blüht. Vortrag und Gespräch sollen der Bedeutung von Natur im Roman nachgehen: Welche Symbolik haben die verschiedenen Blumenarten im „Zauberberg“, worin besteht ihr Zusammenhang mit dem zentralen Romanthema Zeit und warum will Hans Castorp Botaniker werden?

  • Dr. Barbara Eschenburg, wissenschaftliche Mitarbeiterin Buddenbrookhaus und Kuratorin, Lübeck

15.00 Uhr I Pause mit Kaffee, Tee & Gebäck

15.30 Uhr I Vortrag und Gespräch im ZKFL
„Ohne Furcht vor dem Odium der Peinlichkeit“
Liebe und Begehren im „Zauberberg“
Keine Kur kommt ohne Kurschatten aus, auch die Liegekur der tuberkulosekranken Patienten im Sanatorium „Berghof“ nicht. Fernab des Flachlandes herrscht eine gewisse Zwanglosigkeit, die Moral der Ebene gerät ins Hintertreffen. Das gilt auch für den Helden des Textes, Hans Castorp, der sich in die russische Mitpatientin Clawdia Chauchat verliebt. Der Dialog mit den Teilnehmenden in Lübeck will die Liebesgeschichten und Affären des „Zauberbergs“ in den Blick nehmen: Welchen Verführungen erliegen die Patienten? Welche Geschlechterbilder kommen zum Tragen? Und was hat das alles mit Psychoanalyse, Bleistiften, Zigarren und Thermometern zu tun?

  • Dr. Caren Heuer

Gelegenheit zum individuellen Abendessen

20.00 Uhr I Filmvorführung im Kommunalen Kino Lübeck e.V.
„Schauwert einer vergangenen Epoche“
Die Kinofassung vom „Zelluloid-Zauberberg“
Hans W. Geißendörfer hat 1982 mit großem Budget und internationalen Stars eine aufwendige Verfilmung des gleichnamigen Romans von Thomas Mann geschaffen. Der Regisseur wagt es, die prächtige Sprache Manns zu veräußerlichen und die Geschichte der Figuren mit dem Medium Film zu erzählen.

  • Einführung in die Filmvorführung:
    Britta Dittmann M.A., Archivleitung Buddenbrookhaus und stellvertretende Präsidentin der Heinrich Mann-Gesellschaft, Lübeck

Samstag, 26. Oktober 2024

Frühstück

9.30 Uhr | Vortrag und Gespräch im ZKFL
„Ein Werk von beträchtlicher Schaulust“
Ansehnliche Zweitverwertung oder schwindsüchtige Ausgabe des Romans?
Lange gilt der gedankenschwere und wortgewaltige Zeitroman als unverfilmbar, weil die Aufgabe laut Thomas Mann „zu große geistige und materielle Ansprüche“ stellt. Fast 60 Jahre nach Erscheinen des Romans wird sich daran gewagt, die Geschichte von der fiebrigen Lust am Untergang auf die Leinwand zu bringen.
Nach der Sichtung des Kinofilms lässt sich beurteilen, ob es dieser Literaturverfilmung gelungen ist, der komplexen Vorlage gerecht zu werden und wo die Kritikpunkte liegen. Dabei soll der Film nicht nur mit dem Buch, sondern auch mit anderen Filmen verglichen werden.

  • Britta Dittmann M.A.

11.00 Uhr I Pause mit Kaffee, Tee und Gebäck

11.30 Uhr | Vortrag und Gespräch im ZKFL
„Es ist mir, offen gestanden, wie im Traum“
Wie Literatur zur Ausstellung wird
In Thomas Manns „Zauberberg“ nehmen Träume von Leben, Liebe, Tod und dem menschlichen Miteinander einen zentralen Platz ein. Es scheint fast so, als sei der gesamte Roman ein einziger Traum, der im Ersten Weltkrieg zu einem dramatischen Erwachen führt. Dieser Lesart folgt auch die Ausstellung „Thomas Manns Der Zauberberg. Fiebertraum und Höhenrausch“ im St. Annen-Museum. Doch wie setzt man einen literarischen Traum in eine Ausstellung um? Kann man Fiktion überhaupt in räumliche Realität übersetzen? Welche Überlegungen spielen eine Rolle bei der Themenauswahl? Die Einführung soll einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellung gewähren und einen Zugang für die anschließende Führung bieten.

  • Dr. Barbara Eschenburg
  • Dr. Caren Heuer

Gelegenheit zur individuellen Mittagspause

15.00 Uhr I Besuch der Ausstellungen in der Kunsthalle St. Annen und im St. Annen-Museum
Ein Roman – zwei Blickwinkel
Perspektivwechsel zwischen Kunst und Literatur
Der „Zauberberg“ regt zu seinem 100-jährigen Jubiläum gleich zwei Ausstellungen an: Zum einen lädt das Buddenbrookhaus in „Thomas Manns Der Zauberberg. Fiebertraum und Höhenrausch“ (St. Annen) dazu ein, in die Traumwelt des „Zauberbergs“ abzutauchen und mehr über die Entstehungsgeschichte des Romans zu erfahren. Zum anderen hat sich die Künstlerin Heather Phillipson vom „Zauberberg“ zu einer immersiven Rauminstallation inspirieren lassen (Kunsthalle).

  • Noura Dirani, Leiterin der Kunsthalle St. Annen
  • Dr. Barbara Eschenburg
  • Dr. Caren Heuer

18.00 Uhr | Abendessen im Restaurant „Meilenstein“ in Kooperation mit dem Literaturforum Lübeck
Magisches Dinner auf dem Zauberberg
Eine kulinarische Reise durch Thomas Manns berühmten Roman
Wie auf dem Berghof in Davos wird im Speisesaal an sieben Tischen festlich gespeist, zwischenmenschliche Beziehungen werden gepflegt. Serviert wird ein Menü, das angelehnt ist an die Beschreibungen im „Zauberberg“ und das kreiert wurde von Ole Reimers, dem Inhaber des exklusiven Restaurants „Meilenstein“. Schauspielende sorgen für die passende Berghofatmosphäre und bringen die Figuren des „Zauberbergs“ leibhaftig nach Lübeck. Vielleicht ergibt sich sogar ein Gespräch mit Hofrat Behrens ...


Sonntag, 27. Oktober 2024

Frühstück

Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes

9.30 Uhr I Vortrag und Gespräch im ZKFL
„Die große Gereiztheit“
Wie der „Zauberberg“ der Jahrhundertroman wurde, der er schon immer war
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat den Begriff „Krisenmodus“ zum Wort des Jahres 2023 gekürt. 2022 war es die „Zeitenwende“. Der „Zauberberg“ ist ein Roman über die „Zeitenwende“ und den „Krisenmodus“. Daher ist er heute aktueller denn je. Dabei geht es in dem Roman nicht um Ereignisse, wie sie heute anstehen, sondern um anthropologische Grundkonstanten, die bei einer Zeitenwende die Menschen erfassen, also um die Auswirkungen von Krisen auf den Menschen. Diese werden mit einer mikroskopischen Genauigkeit erfasst und geschildert. Im Vortrag soll auf dieser Basis ein Resümee der Veranstaltung gezogen werden.

  • Prof. Dr. Hans Wißkirchen

12.00 Uhr I Mittagsimbiss im ZKFL

13.00 Uhr | Verabschiedung
Bis zur nächsten Thomas Mann-Akademie!

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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