Paris lohnt immer! Jetzt sogar doppelt.
Eine spannende Sonderausstellung in der Fondation Louis Vuitton
Eine Reise nach Paris lohnt eigentlich immer. Die Stadt mit ihrem internationalen Flair, mit den Kirchen, Museen, mit den Galerien und Cafés, mit den Parks und den großen Boulevards, die der Stadt ihr Gesicht geben. Jedes Jahr gibt es in den zahllosen Museen wunderbare Ausstellungen, die Kunstepochen, einzelnen Künstlerinnen und Künstlern oder auch bestimmten Fragestellungen und Kunstrichtungen gewidmet sind. So aktuell etwa Edvard Munch im Musée d’Orsay oder auch die sehenswerte Ausstellung zum Hyperrealismus im Maillol-Museum. Doppelt sehenswert finde ich persönlich die aktuelle Schau zu Monet und Mitchel in der Fondation Louis Vuitton. Doch der Reihe nach.
Zuerst einmal die Ausstellung „Monet – Mitchel“ selbst. Es sind nicht die Werke von Claude Monet (1840–1926), die die große Aufmerksamkeit erhalten. Es ist das Zusammenspiel, der Dialog, denn hier werden erstmals Werke des großen Impressionisten Claude Monet mit Werken der amerikanischen Künstlerin Joan Mitchel (1925-1992) zusammengebracht. Die Seerosen-Bilder Monet fanden in den 1950er Jahren in den Vereinigten Staaten begeisterte Aufnahme. Vor allem die Malerinnen und Maler des Abstrakten Expressionismus sahen Monets Bilder als Vorläufer der Abstraktion an. Der amerikanische Kritiker Clément Greenberg verteidigt schon früh Monets Modernität: „Das Prinzip, das [Monet] schließlich gefunden hat, […] ist umfassender: Es lag nicht in der Natur, wie er dachte, sondern in der Natur das Wesen der Kunst in ihrer Fähigkeit der ‚Abstraktion‘ „. Aus dieser Sicht wird deutlich, wie wichtig Monet für die Künstler der Gegenwart war und ist.
Schon 1957 und 1958 nahm Joan Mitchel an Ausstellungen teil, die mit dem Begriff des „Abstrakten Impressionismus“ belegt wurden. Die Annäherung der beiden Kunstschaffenden wurde 1968 durch den Umzug Joan Mitchells nach Vétheuil in Frankreich gestärkt, lebte die Malerin doch in einem Anwesen in der Nähe der ehemaligen Unterkunft Monets (1878–1881). Vor der gleichen Landschaft, vor dem Ufer der Seine, teilen der Maler und die Malerin eine ausgeprägte Sensibilität für Licht und Farben, deren Zusammenspiel die Grundlage ihrer Kunst bildet. Mitchell sucht ihre Verbindung in einer lebendigen Erinnerung, die sie ständig erneuerte. Die späte Entwicklung von Monet ist gekennzeichnet durch das Einfangen des flüchtigen Lichts und Farbeindrucks, indem er die Umrisse von Formen zugunsten von Farbe aufgab. Ohne figurative Symbole drücken die Pflanzen-, Wasser- und atmosphärischen Welten Monets und Mitchells verschmelzende und lyrische Beziehung zur Landschaft aus.
Die Ausstellung in der Fondation Louis Vuitton nimmt die Besucherinnen und Besucher auf eine kleine Reise mit, die von bemerkenswerten visuellen und thematischen Korrespondenzen unterbrochen wird. Und wenn man schließlich zu Monets großem mehrteiligen Seerosenbild gelangt, ist es fast wie ein Eintritt in ein großes Heiligtum der Kunst. Ehrfurchtsvoll verharren die Betrachtenden vor dem mehrere Meter breiten Seerosen-Triptychon. Das Bild steht zu Recht im Mittelpunkt der Schau, die die beide Künstler eindrucksvoll in ein Gespräch bringt. Die Ausstellung ist bis zum 27. Februar 2023 zu sehen.
Ein zweiter Grund für den Besuch dieser Ausstellung ist der Ausstellungsort: die Fondation Louis Vuitton. Das Privatmuseum liegt im Park Bois de Boulogne im Westen von Paris und entstand auf Initiative von Bernard Arnault, dem Vorstandsvorsitzenden des französischen Luxusartikelkonzerns Moët Hennessy Louis Vuitton. Das Museumsgebäude wurde vom amerikanischen Architekten Frank Gehry geplant, der auch schon das spektakuläre Guggenheim-Museum in Bilbao gebaut hatte. Ursprünglich war die Fertigstellung für 2009 geplant, 2014 wurde es schließlich eröffnet. Sein Originalname ist „Le vaisseau de verre“, zu Deutsch: „Das Glasschiff“. Das Gebäude sieht einem Schiff, das die Segel zum Auslaufen setzt, zum Verwechseln ähnlich. Der Fassade sind zwölf Elemente aus Stahl, Holz und Glas vorgelagert, die Schiffssegeln ähneln.
Auf 11.000 Quadratmetern gibt es elf Galerien, ein Auditorium mit 400 Plätzen, mehrere Terrassen mit Blick über Paris und einen Wasserfall im Außenbereich. Der Lichteinfall erfolgt durch nach oben gerichtete und verkleidete Kamine, deren Scheiben das Sonnenlicht brechen und nicht direkt in die Räume leitet. Das von der Stiftung gebaute Gebäude soll etwa 100 Millionen Euro gekostet haben, es geht in 50 Jahren in den Besitz der Stadt Paris über. Die Ausstellungen, die dort zu sehen sind, widmen sich vor allem der Kunst des 20. und 21. Jahrhundert, wie die Liste vorangegangener Ausstellungen zeigt. So waren dort Arbeiten von Ellsworth Kelly, Thomas Schütte, Andy Warhol, Andreas Gursky, Isa Genzken, Olafur Eliasson, Wolfgang Tillmans, Gerhard Richter, Jean-Michel Basquiat, Gilbert & George und Jeff Koons zu sehen.
Also ein doppelter Grund, einmal in den nächsten Monaten nach Paris zu fahren.
Bilder:
© Andreas Würbel
16. November 2022 || ein Beitrag von Akademiereferent Andreas Würbel