Ecce homo – Ecce lignum crucis. Seht, der Mensch – seht das Holz des Kreuzes.
Der Mensch und das Kreuz rücken in den Mittelpunkt dieses Tages. Die herben Themen der Wirklichkeit sind das Thema des Karfreitags. Schmerz, Leid und Tod. Existentielle Urerfahrungen. Es ist der Blick in die menschliche Unterwelt, der uns am Karfreitag zugemutet wird. Pilatus stellt den gegeißelten und misshandelten Jesus vor die Menge und spricht die großen Worte: „Seht, der Mensch.“ Die Liturgie des Karfreitags besingt dreimal das Totenwerkzeug Jesu mit den Worten: „Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen hat.“
Die Geschichte vom Tod Jesu ist in ihrer Grausamkeit schwer zu ertragen. Es ist die Geschichte dessen, was die Menschheit ganz allgemein an Grausamkeiten nicht nur zu ertragen, sondern eben auch zu begehen imstande ist. Und zwar bis heute. Auf der Welt und jedem Menschen liegt ein Kreuz, und allzu oft werden wir auch einander zum Kreuz. Das ist kein billiger Moralismus, sondern einfach eine ernüchternde Feststellung… Unter diesem Kreuz ist es manchmal sehr dunkel um uns, wir verlieren das Licht aus den Augen, sind geradezu eingewoben in einen Kokon aus Dunkelheit.
Jesus selbst beschreibt seine Aufgabe so: „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt“ (Joh 12,46).
Religionspädagogisch wird häufig angemerkt, man müsse „die Menschen da abholen, wo sie stehen“. Genau das macht Jesus am Karfreitag. Er weiß um unsere Dunkelheiten, und er holt uns genau da ab. Darin liegt für mich die geheimnisvoll-tiefsinnige Schönheit des christlichen Glaubens. Erlösung ist kein Trost aus billigen Worten, zugerufen aus sicherer Ferne – Erlösung besteht in der Solidarität des Gekreuzigten mit den Gekreuzigten aller Zeiten.
Bild: Peter Weidemann
In: Pfarrbriefservice.de
Osterfreude
Texte & Gedanken an den Kar- und Ostertagen
An den Kar- und Ostertagen wird Pfarrer Dr. Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger, mit besonderen Texten unseren Blog „Akademie in den Häusern“ gestalten.
Ein regelmäßiger Blick in unseren Blog lohnt sich!
7. April 2023 || ein Beitrag von Pfarrer Dr. Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger