Keuschheit, Studium und Bier. Die Stadt Leuven
Als Universitätsstadt ist Leuven wohl den meisten bekannt. Die Katholieke Universiteit Leuven ist 600 Jahre alt und so die älteste in ganz Belgien und eine der ältesten in Europa. Sie brachte viele große Namen hervor, so zum Beispiel Erasmus von Rotterdam, Adriaan van Utrecht (Papst Hadrian VI.), Matthias Wesenbeck und Gerhard Mercator. Ihre Bibliothek ist hat eine dramatische Geschichte erlebt, fiel sie doch in beiden Weltkriegen einem verheerenden Brand zum Opfer. Jedes Mal wurde sie wieder aufgebaut und präsentiert sich nun als wahrer Bücherpalast.
Bis heute ist Leuven eine Stadt, die vom Studentenleben geprägt ist. Sie ist voll von jungen Leuten, Fahrrädern und natürlich auch Kneipen. Die Bierbrauerei ist schon seit Jahrhunderten fester Bestandteil Leuvens. Im 18. Jahrhundert befanden sich nicht weniger als 42 Brauereien an den Ufern der Dijle, die mitten durch das Stadtzentrum fließt. Hier und da erinnern verstreute Wappensteine noch an die ein oder andere seither verschwundene Brauerei. Leuven war wohlhabend und Getreide keine Mangelware. Gebraut wurde so gehaltvolles Bier von hoher Qualität und mild im Geschmack. Mit diesem hohen Standard konnten die umgebenden Orte nicht mithalten, und so wurde das Bier Leuvens bald über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und schließlich berühmt. Im Umkehrschluss gab das natürlich der Wirtschaft enormen Aufschwung, so dass auch die Kultur nicht auf der Strecke blieb. Übrigens: Auch das bekannte Bier Stella Artois kommt aus Leuven, seine Ursprünge gehen bis in das 14. Jahrhundert zurück.
Kulturelles Welterbe der UNESCO ist seit 2000 Leuvens Beginenhof. Er hat drei Hektar bebaute Fläche und ist damit einer der größten noch existierenden Beginenhöfe Belgiens. Er entstand im frühen 13. Jahrhundert als Gemeinschaft für unverheiratete Laienfrauen. Laut lateinischer Inschrift an der Beginenhofkirche (der frühgotischen Basilika St. Johannes der Täufer) wurde er im Jahr 1234 gegründet, aber auch eine frühere Gründung wird von Historikern in Betracht gezogen. Nach einer ersten Blütezeit im Laufe des 13. Jahrhunderts folgten einige schwere Jahrzehnte, und erst im 16. Jahrhunderte gab es für die Beginen einen neuen Aufschwung, so dass die Zahl der Laienfrauen auf über 360 anwuchs. In diesen wohlhabenden Jahren wurde die Architektur enorm erweitert, so dass der Beginenhof heute wie eine kleine Stadt in der Stadt anmutet. Die Gebäude sind nicht, wie bei anderen Beginenhöfen um einen Platz oder einen Hof gruppiert, sondern verlaufen an Straßenzügen entlang, und auch die Dijle fließt durch das Gebiet und wird innerhalb dessen von drei kleinen Brücken überspannt.
So wie der Beginenhof voll von kleinen und großen Besonderheiten ist, so ist auch die ganze Innenstadt ein Ort des Entdeckens. Besonders der Grote Markt erscheint wie ein Lehrwerk brabantischer Gotik. Leuvens Rathaus gilt als eines der schönsten und beeindruckendsten Profanbauwerke der Spätgotik in Europa und ist ein Füllhorn von Figuren und Geschichten. Mit seinen vier schlanken Türmen an allen vier Ecken des Gebäudes und den unzähligen prachtvollen Details erscheint es fast wie ein Schmuckkästchen.
Die Sint Pieters-Kirche steht dem Rathaus gegenüber und geht in ihren Anfängen auf das 9. Jahrhundert zurück. Ihr heutiges Erscheinungsbild wird geprägt von den beiden unvollendeten Türmen. Diese sind in ihrer Form nicht etwa das Produkt von Geldmangel oder Epidemien, sondern das Ergebnis mehrerer Einstürze aus statischen Gründen. Auch im Innenraum sind einige kunsthistorische Kleinodien versammelt, so der spätgotische Lettner oder die Kreuzigungsgruppe von Dierick Bouts.
Um all das und noch viel mehr zu entdecken, begleiten Sie uns am 15. Juni 2024 nach Leuven. Wir freuen uns auf Sie!
Titelbild: © gotitstudio
16. Dezember 2023 || ein Beitrag von Judith Graefe, Akademiereferentin Erkundungen
UNSERE EMPFEHLUNG:
15. Juni 2024 (Sa.)
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