Hochfest „Peter und Paul“: Warum ein Feiertag für beide Apostel?

Während auch an der Bronzestatue des Heiligen Petrus im Petersdom die Entwicklungen der letzten Monate nicht spurlos vorüber gegangen sind, wie das Foto eindrucksvoll zeigt, sieht der liturgische Kalender für heute das „Hochfest der Apostelfürsten Petrus und Paulus“ vor. In Rom ist dieser Tag stets ein wichtiger Termin mit der Feier großer Gottesdienste und einer (auch theologischen) Bekräftigung des Petrusamtes. Wie kommt es aber dazu, dass die beiden Märtyrer gemeinsam an einem Tag verehrt werden? Zur Beantwortung folgt Matthias Kopp hierzu archäologischen und theologischen Spuren.

Peter und Paul
Von frühen Begräbnissen und umgebetteten Märtyrern

Paulusstatue © AngMoKio, CC BY-SA

Schauen wir zunächst auf die Begräbnistradition in jene Zeit von Petrus und Paulus. Im Sommer des Jahres 64 n. Chr. – in Zeiten des Kaisers Nero – wurde Rom durch einen verheerenden Brand heimgesucht. Ob er zufällig ausbrach, von Neros Soldaten gelegt oder von fanatischen Christen initiiert wurde, lässt sich nicht sagen. Die Christen wurden jedenfalls für den Brand verantwortlich gemacht, wie der antike Historiker Publius Cornelius Tacitus schreibt: „Um also dieses Gerede aus der Welt zu schaffen, schob Nero die Schuld auf andere und bestrafte sie mit ausgeklügelten Martern. Es handelte sich um die wegen ihrer Untaten verhassten Leute, die das Volk Christen zu nennen pflegte (vulgus Christianos appellabat)“. Mit dieser ersten Welle einer Christenverfolgung drohte nahezu die Zerstörung der (juden-)christlichen Gemeinde Roms. Eusebius von Caesarea, Theologe und Historiker und Zeitgenosse Kaiser Konstantins, datiert in seiner Kirchengeschichte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts den Pogrom und das Martyrium der Apostel in das Jahr 67 n. Chr.

Der Begräbnisort des Petrus

Petrus vor Petersdom © gemeinfrei

In diesem dramatischen ersten nachchristlichen Jahrhundert, in dem die Christen als Gemeinschaft nur in verschwindender Minderheit existierten und eine Gemeindeform wohl noch nicht geschaffen war, gab es Begräbnisanlagen wie die einige Jahrzehnte später entstehenden Katakomben noch nicht. So lag es nahe, der Überlieferung nach, Petrus am Ort seines Martyriums beizusetzen, das er im Circus des Caligula und Nero erlitt: Und dies war am Mons Vaticanus, dem heutigen Vatikan. An der Nordseite konnten die Toten praktisch „heruntergekippt“ werden, so entstand schon früh eine Gräberstraße an der Via Cornelia, die links und rechts mit Grabhäusern (Mausoleen) flankiert war. Auch Petrus wurde hier – vermutlich – begraben, fast am Ende dieser Straße, denn nach ihm gab es nur noch wenige neue Mausoleen, zu dicht war man bereits am Mons Vaticanus angekommen.

In der Mitte des zweiten Jahrhunderts wird dann eine Person erwähnt, die das Grab ziemlich genau kennt. Eusebius zitiert sie in seiner Kirchengeschichte, wodurch das Martyrium bestätigt wird „ferner durch einen Mann der Kirche namens Gaius, der lebte, als Zephrynius Bischof von Rom war. Er sagt in einem mit Proklus … geführten und veröffentlichten Dialog das Folgende über die Stätten, wo die heiligen sterblichen Überreste der erwähnten Apostel ruhen: ‚Ich kann die Siegeszeichen (tropaia) der Apostel zeigen. Wenn du zum Vatikan oder auf die Straße nach Ostia gehen willst, wirst du die Siegeszeichen finden, die diese Kirche gegründet haben.‘“ (Eus, Kirchengesch. II 25)

Über dem tropaion am Vatikan wurde bald eine Grabstätte ausgebaut, Kaiser Konstantin errichtete eine Basilika darüber und Michelangelo überwölbte mit seiner gewaltigen Kuppel jenen Ort, der von Gaius erwähnt wird. Die Schriften kannte man, nur nicht das Grab, was sich mit den archäologischen Erforschungen unter Papst Pius XII. ändern sollte. Die Archäologin Margareta Guarducci fand Elemente und Knochen unter dem Hochaltar und zum Ende der antiken Gräberstraße, die das Grab des Apostelfürsten nahelegten.

Der Begräbnisort des Paulus

St. Paul vor den Mauern © D. Rabich / Wikimedia

Der Begräbnisort des Paulus wird – nach Eusebius – „auf der Straße nach Ostia“ vermutet. Kaiser Konstantin dürfte über dem Paulusgrab eine kleine Kirche errichtet haben. Um 390 n. Chr. wird eine riesige lang- und fünfschiffige Basilika gebaut, die um 400 n. Chr. von Kaiser Honorius vollendet wird. Ihre Ausmaße entsprechen dem heutigen Bau von St. Paul vor den Mauern.
Der Paulus-Sarkophag ist bis heute am ursprünglichen Ort geblieben, die Inschrift PAULO APOSTOLO MART gibt Zeugnis davon. Durch Umbauten bedingt, befindet sich der Sarkophag unterhalb des Fußbodens der Basilika, in der Confessio. Umfangreiche Grabungen zu dem – von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 – ausgerufenen „Paulus-Jahr“ haben für die Besucherinnen und Besucher heute wieder eine Seite des ziemlich zugebauten Sarkophags sichtbar gemacht. Untersuchungen der Knochenreste ergaben, dass diese in einen Purpurstoff eingehüllt waren, ähnlich der Gebeine im Petrusgrab, die Margareta Guarducci fand.

Messe der Bischöfe am Paulusgrab © M. Kopp

Ein dritter Ort des Begräbnisses
Bleibt noch die Frage, wie es zum gemeinsamen Festtag am 29. Juni für die beiden Apostelfürsten kam, war der eine doch am Mons Vaticanus, der andere an der Via Ostiense beigesetzt.
Der römische Staatskalender des Chronographen von 354 n. Chr., der die Depositio martyrum überliefert, also eine Reihe von römischen Heiligenfesten und die erstmalige Nennung des Weihnachtsfestes am 25. Dezember, notiert, dass am „III kal. Iul. Petri in Catacumbas et Pauli Ostense Tusco et Basso cons.“, also am 29. Juni Petrus und Paulus zur Zeit des Konsuln Tusco und Basso in catacumbas beigesetzt sind: Das ist nach den römischen Konsulardaten das Jahr 258. Zuvor gab es wohl schon eine von diesem Datum unabhängige Verehrungstradition. Im Martyrologium Hieronymianum wird die Notiz ergänzt: „III kal. Iul. Petri in Vaticano Pauli vero in via Ostiensi utrumque in catacumbas: passi sub Nerone Tusco et Basso cons“, d. h.: Petrus wird im Vatikan verehrt, Paulus an der Via Ostiense, beide gemeinsam aber in catacumbas. Bemerkenswert ist an dieser Quelle, dass die Apostel das Martyrium unter Kaiser Nero erlitten haben.

Blick in die Confessio zum Petrusgrab © M. Kopp

Es ist durchaus möglich – und in der Forschung immer wieder diskutiert –, dass in der Valerianischen Christenverfolgung (253 – 260 n. Chr.) eine Reliquientranslation von den beiden unabhängigen Orten hin zu dem einen Ort in catacumbas geschah, bevor – nach der Verfolgung – die Retranslation stattfand. In catacumbas meint die heutige Katakombe San Sebastiano. Ursprünglich hieß der Friedhof (Coemeterium) San Sebastiano in catacumbas (das bedeutet „an der Vertiefung“, hier verlief die Via Appia wohl in eine Art Senke). Die Ausgrabungen des Niederrheiners Anton de Waal 1892 unter San Sebastiano haben Erstaunliches zu Tage gefördert: Ursprünglich gab es dort eine Nekropole mit drei Grabkammern. In der Mitte des 3. Jahrhunderts wurde das Areal aufgeschüttet und mit einem Hof überdeckt, an dessen drei Seiten Bänke gebaut wurden. Dieser Ort, von de Waal triclia genannt, war an einer Seite mit einer rot verputzten Mauer gestützt. Hier fand der langjährige Rektor des Campo Santo Teutonico zahlreiche Inschriften, in denen Petrus und Paulus gemeinsam angerufen werden. Auch wenn man keinen konkreten Begräbnisort entdeckte, lässt zumindest die so häufig wiederholte Anrufung der Apostel eine gemeinsame Verehrung an diesem Ort vermuten, der aus jener Zeit stammt, als Tusco und Basso Konsuln waren, also 258 n. Chr. Seitdem ist der 29. Juni der Verehrungstag für die Apostelfürsten Petrus und Paulus.

29. Juni 2020 || ein Beitrag von Matthias Kopp, der Theologe, Archäologe und Journalist ist seit 2009 Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz.
Vom 24. bis 28. März 2021 ist mit ihm eine Ferienakademie in Rom geplant.