Heines Poesie-Tagung in Bensberg
© pixabay, gemeinfrei

Heines wehrhafte Poesie

Romantik und Revolution in Heines Dichtung

Berückend nah! Das ist der Tenor vieler Leserinnen und Leser heute, wenn sie Heine-Texte vor sich haben oder hören – Texte, mit denen sich schon der junge Heine zu Weltruhm schrieb.

Überraschend modern zeigt sich nicht nur die Form seiner Dichtung, etwa wenn Heine in seinen Liedern Alltags- und Umgangssprache lyrikfähig macht. Die frische, unverstellte Ansprache, das augenzwinkernde Einvernehmen mit dem Publikum, das dann keck, ironisch und lakonisch mit romantischen Motiven bricht und jeden Gedanken durch ein unerwartetes Moment der Realität „erdet“: eine intellektuelle Innovation, für die ihn schon seine Zeitgenossen schätzten.

Mehr noch: Sie verstanden ihn. Radikale, bittere Poesie wie etwa das Weberlied traf den Nerv all derer, denen die beginnende Industrialisierung Verelendung brachte, weckte die Sehnsucht nach Meinungsfreiheit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Die Obrigkeit hingegen belegte Heine mit dem Bann der Zensur: Ein Vierteljahrhundert lang verbrachte er schreibend als per Haftbefehl gesuchter Emigrant in Paris. Auch das 1835 verhängte Verbot der „Jungdeutschen“, denen Heine nahestand, hat seine gesellschaftliche Bedeutung und seinen literarischen Rang eher gefestigt denn bezwungen.

Heines hochaktuelle „wehrhafte Poesie“ näher zu erkunden, ist Ziel dieser Akademietagung.

Samstag, 12. November 2022

14.00 Uhr
Romantik und Revolution
Essay, Feuilleton und Reisebericht: Geburt neuer Gattungen
Harry Heine wird vermutlich am 13. Dezember 1797 als ältester Sohn von Betty und Samson Heine in Düsseldorf geboren. Bereits zu Lebzeiten wird er durch seine romantische Dichtung („Buch der Lieder“, „Loreley“-Gedicht) und sein politisches Werk („Deutschland. Ein Wintermärchen“) weltbekannt.
Seine poetische Kritik an Monarchie und Kirche lässt ihn immer wieder in Konflikt mit den deutschen Zensur- und Polizeibehörden geraten, weshalb Heine von 1831 bis zu seinem Tod 1856 in Paris lebt. Die Gleichzeitigkeit von Romantik und Revolution in Heines Werk wird im Epochenkontext erläutert und diskutiert.

16.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

16.30 Uhr
Poesie
Eigenständigkeit, Leichtigkeit und Eleganz: Heines Lieder
Heinrich Heines 1827 erschienene Gedichtsammlung „Buch der Lieder“ begründet bis heute seinen Weltruhm als Lyriker. Thema der Gedichte ist oftmals die einseitige, unerfüllte Liebe, für deren Ausdruck Heine eine allgemein verständliche, aber dennoch poetische Sprache findet. Mit ironischen Brechungen am Gedichtende verweist „der letzte und abgedankte Fabelkönig“ darin auf das Ende einer klassisch-romantischen Kunstepoche.
Heute ist Heine der meistvertonte deutschsprachige Dichter überhaupt, weshalb sowohl Handschriften als auch Lieder digital präsentiert und gemeinsam angehört werden.

18.00 Uhr
Abendessen

19.15 Uhr
Politik
Verse und Verfolgung
Zeit seines Lebens setzte sich Heinrich Heine als engagierter und demokratisch gesinnter Schriftsteller gegen die staatliche Zensur ein und kritisierte die fehlende Meinungsfreiheit in den deutschen Einzelstaaten. Nach dem Erscheinen seines berühmten Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen“ wird Heine ab 1844 in Preußen per Haftbefehl gesucht. Im Fokus dieses Workshops werden der Gedichtzyklus und seine unter-schiedlichen Bearbeitungsstufen stehen, um die Schere in Heines Kopf einerseits und die Schere der Zensurbehörden andererseits zu exemplifizieren.

21.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Sonntag, 13. November 2022

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes in der Edith-Stein-Kapelle

 9.45 Uhr
Religion
Jüdisch geboren, katholisch getraut, evangelisch bekehrt
Heine, aus bedeutender jüdischer Familie stammend, ließ sich am Ende des Jurastudiums protestantisch taufen. Nur so hätte er damals z.B. Professor für Geschichte werden können. Seine Kenntnis der Bibel ist enorm. Die Kritik von „Thron und Altar“ ebenfalls. Doch wird während seiner Zeit der „Matratzengruft“ auch von „Bekehrung“ gesprochen. Heine trieb die Gottesfrage um, weil Jesus sein Vorbild für die Menschenrechte blieb und er sich katholisch hatte trauen lassen. Die jüdische Herkunft bildet oft den Schlüssel für seine (antisemitische) Diffamierung.

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Nachwirkung
Heine heute
Die Geschichte von Heines Nachwirkung ist ein bewegtes Nebeneinander von Ausgrenzung und Vereinnahmung, Schmähung und (Wieder-)Entdeckung eines Dichters, der bis heute niemanden gleichgültig lassen kann. Heine und seine Themen sind zeitgemäßer denn je: sein Eintreten für Europa, Meinungsfreiheit und Menschlichkeit. Als Beispiele dafür sollen aktuelle Reden der Heine-Preisträgerinnen und Preisträger besprochen werden.

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende der Akademietagung

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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