Ein moderner Mythos?
Der amerikanische Traum im Spiegel der Literatur
Die Vereinigten Staaten von Amerika werden oft als Land der unbegrenzten Möglichkeiten bezeichnet. Die damit verbundene Geisteshaltung verdichtet sich im Begriff des „American Dream“. Geprägt hat ihn der Schriftsteller und Historiker James Truslow Adams. Er charakterisierte den amerikanischen Traum als Idee einer „Gesellschaftsordnung, in der jeder Mann und jede Frau in der Lage sein soll, die volle Größe zu erreichen, zu der sie von Natur aus fähig sind.“
Bereits beginnend mit der Autobiografie des Gründervaters Benjamin Franklin hat die Literatur der jungen Nation den amerikanischen Traum – implizit oder explizit – als Gegenstand aufgegriffen. Sie hat ihn emphatisch gefeiert, aber auch seine Abgründe und Schattenseiten mit literarischen Mitteln ausgeleuchtet.
Das Seminar zeichnet nach, wie sich die amerikanische Literatur vom beginnenden 20. Jahrhundert bis in unsere Tage mit Anspruch und Wirklichkeit des amerikanischen Traums auseinandersetzt. Anhand ausgewählter Beispiele unterschiedlicher Textgattungen werden die Spannungen und Ambivalenzen aufgezeigt, die sich nur mit literarischen Ausdrucksformen erfassen lassen. Deutlich wird dabei, als wie robust sich das Sujet des amerikanischen Traums allen Enttäuschungen und Abgesängen zum Trotz erweist.
Samstag, 5. Februar 2022
14.00 Uhr
„Amerika war also ein Ort, von dem Liebende und junge Leute träumten.“
Der Aufstiegsmythos im industriellen Zeitalter
War das 19. Jahrhundert für die USA eine Zeit des Wirtschaftsaufschwungs gewesen, wurden um die Jahrhundertwende vor allem in den Städten die Schattenseiten der Industrialisierung überdeutlich: große Armut, grassierende Korruption und diskriminierende Rollenvorstellungen. Nicht selten brachten literarische Texte die Probleme auf die Tagesordnung und setzten die Politik unter Reformdruck.
Theodore Dreiser, Schwester Carrie (1900)
Edith Wharton, Das Haus der Freude (1905)
Upton Sinclair, Der Dschungel (1906)
15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause
15.45 Uhr
„Morgen werden wir schneller laufen, unsere Arme weiter ausstrecken…“
Klassiker der Moderne
Nach dem Ersten Weltkrieg machen eine Reihe junger Autoren von sich reden. Sie begleiten den Wirtschaftsaufschwung der Goldenen Zwanziger, der 1929 im Börsenkrach sein jähes Ende findet, ebenso aufmerksam wie die anschließende Große Depression. In wohl keiner anderen literarischen Figur ist die Ambivalenz des amerikanischen Traums so meisterhaft personifiziert wie in Fitzgeralds großem Gatsby...
F. Scott Fitzgerald, Der große Gatsby (1925)
William Faulkner, Absalom, Absalom! (1936)
John Steinbeck, Von Mäusen und Menschen (1937)
18.00 Uhr
Abendessen
19.00 Uhr
„Warum versuche ich, das zu werden, was ich nicht sein will?“
Der amerikanische Traum auf der Bühne
Schon während der Depressionsära hatte das amerikanische Theater ein bisher ungekanntes soziales und politisches Bewusstsein auf der Bühne gezeigt. In den 1940er und 50er Jahren kam eine weitere Facette hinzu: das von selbstauferlegten Zwängen, unerfüllbaren Wünschen und verdrängten Träumen geprägte Scheitern der amerikanischen Mittelschicht.
Tennessee Williams, Die Glasmenagerie (1944)
Arthur Miller, Tod eines Handlungsreisenden (1949)
Eugene O‘Neill, Eines langen Tages Reise in die Nacht (1956)
20.30 Uhr
Abschlussdiskussion
21.15 Uhr
Ende des Veranstaltungstages
Sonntag, 6. Februar 2022
ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste
8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes in der Edith-Stein-Kapelle
9.30 Uhr
„Ich werde nicht sein, was ich nicht bin.“
Einwanderer und ihr amerikanischer Traum
„Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen“ - mit diesen emphatischen Worten heißt die Inschrift auf dem Sockel der Freiheitsstatue die unzähligen Einwanderer bei ihrer Ankunft in New York willkommen.
Die literarische Auseinandersetzung mit ihrem Schicksal verdeutlicht indes, dass die Wirklichkeit der Vereinigten Staaten dem hehren Anspruch oftmals nicht gerecht wird.
Amy Tan, Töchter des Himmels (1989)
Junot Díaz, Das kurze wundersame Leben des
Oscar Wao (2007)
Chimamanda Ngozi Adichie, Americanah (2013)
11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause
11.30 Uhr
„Denn es gibt immer Licht, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen…“
Ein Traum für alle? Die Sicht der Minderheiten
Der amerikanische Traum ist keine fixe Idee der weißen, protestantischen Mittelklasse. Dies brachte spätestens Martin Luther King mit seinem „Ich habe einen Traum“ unüberhörbar zum Ausdruck. Und dies bestätigte jüngst Amanda Gorman mit ihrem Gedicht bei der Amtseinführung von US-Präsident Biden.
Philip Roth, Portnoys Beschwerden (1969)
James Baldwin, Beale Street Blues (1974)
Amanda Gorman, Den Hügel hinauf (2021)
13.00 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Ende des Seminars
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.