Sankt Martin, die Gans und der Mantel
Wie kaum ein anderer Heiliger verbindet Sankt Martin seit über 1.600 Jahren Menschen jeden Alters, über die Grenzen der Konfessionen hinweg. Martinsumzüge mit bunten Laternen, Ross und Reiter, Gesängen, Martinsfeuer oder im Rheinland mit Weckmännern zeigen die Reichhaltigkeit des Brauchtums. Die „Martinsgans“ ist eine kulinarische Tradition – mit einer legendären Wurzel. Gänse, so berichtet die Legende, verrieten durch ihr lautes Geschnatter das Versteck von Martin in einem Stall, in den er floh, um der Wahl zum Bischof von Tours zu entgehen. So waren es die Gänse, die ihn – wie die Legende erzählt – zum Bischof werden ließen. Als „Dank“ werden sie, knusprig gebraten, in der Martinszeit serviert.
St. Martin light
Dieses Jahr wird St. Martin ganz anders gefeiert. Viele Kindergärten und Schulen haben die Familien dazu aufgerufen, statt wie üblich mit den Laternen von Haus zu Haus zu ziehen und Martinslieder zu singen, ihre Fenster oder Vorgärten mit Laternen und Lichtern zu beleuchten. Bei einem Abendspaziergang können so die Kinder mit ihren Eltern die vielen Lichter in und vor den Häusern bestaunen.
„Light“ bedeutet im Sinne des aktuellen Lockdowns unter Einhaltung der Coronamaßnahmen. Und light im Sinne von Licht – denn gerade jetzt in diesen außergewöhnlichen Zeiten benötigen wir Hoffnung , Solidarität, Zusammenhalt und Nächstenliebe, so wie Sankt Martin es vor vielen Jahrhunderten vorgelebt hat.
Bildnachweis:
Titelbild: Skulptur am Erfurter Dom, Peter Weidemann in Pfarrbriefservice.de
Altarretabel, St. Martinus, Sankt Augustin-Niederpleis, A. Würbel
Laternen: Superbass / CC-by-sa 4.0 / Quelle: Wikimedia Commons in Pfarrbriefservice.de
11. November 2020 || ein Beitrag von Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti
Der Theologe Manfred Becker-Huberti war von 1991 bis 2006 Pressesprecher des Erzbistums Köln. Seit 2007 ist er Honorarprofessor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar. Er forscht zu religiösem Brauchtum, Heiligen und der Heiligenverehrung speziell im Rheinland.