125 Jahre Entdeckung der Röntgenstrahlen
Wilhelm Conrad Röntgen war der erste Physiker mit Weltruhm. Am 8. November vor 125 Jahren entdeckte er in Würzburg eine neue Art von Strahlung, die wir heute als Röntgenstrahlung kennen. Seine Entdeckung beeinflusste nicht nur die medizinische Diagnostik und Therapie. Seine X-Strahlen haben auch dazu beigetragen, das neue Weltbild der Physik zu gestalten. Die besondere Bedeutung und Reichweite seiner Entdeckung wurde frühzeitig erkannt und Röntgen wurde 1901 mit dem ersten Nobelpreis für Physik geehrt.
Wie lebte Wilhelm Konrad Röntgen und wie hat der erste deutsche Nobelpreisträger geforscht und gearbeitet? Können wir heute etwas von seinem Tatendrang und seiner Kreativität übernehmen?
Wilhelm Conrad Röntgens Lebensweg ist ebenso interessant wie die rasante Entwicklung der Röntgentechnik. Röntgen wurde im heutigen Remscheid-Lennep in Nordrhein-Westfalen geboren, wuchs in Holland auf, erlernte die Grundlagen der Physik und praktischen Arbeit in Zürich und Straßburg und arbeitete als Hochschullehrer in Hohenheim, Gießen, Würzburg und München.
Würzburg sollte in seiner wissenschaftlichen Karriere eine ganz besondere Rolle spielen und Röntgen selbst sagt rückblickend über diese Zeit: „Diese zwölf Würzburger Jahre waren meine glücklichsten!“ Das lag unter anderem an dem Institut selbst, das zu einem der modernsten in ganz Deutschland zählte und ihm so exzellente Möglichkeiten für seine Experimente bot, aber sicherlich auch daran, dass er hier seine berühmte Entdeckung der „X-Strahlen“ im Zuge seine Forschung über Kathodenstrahlung machte. Die Tage und Nächte nach seiner Entdeckung untersuchte er die Eigenschaften dieser neuen Art von Strahlen sehr genau – er ließ sich sogar ein Bett und Essen ins Labor bringen.
Erst nach sieben Wochen intensiver Forschung veröffentlichte Röntgen seine bahnbrechende Entdeckung und seine Untersuchungen hierzu sollten erst 17 Jahre später um weitere wesentliche Erkenntnisse ergänzt werden.
Mit seiner Entdeckung in die Weltöffentlichkeit zu geraten gefiel Röntgen, der als eher bescheidener und introvertierter Mensch beschrieben wird, nicht gerade. Für ihn zählten fachliche Reputation und wissenschaftlicher Fortschritt mehr – so beschwert er sich über den Rummel kurz nach seine Entdeckung wie folgt: „[…], aber Zeit hat der Sturm gekostet, gerade 4 volle Wochen bin ich nicht zu einem Versuch gekommen. Andere Leute konnten arbeiten, nur ich nicht. – Sie haben keinen Begriff davon, wie es hergegangen ist.“
Zu Röntgens besonders herausragenden Eigenschaften zählen sicherlich seine Neugierde, seine Ausdauer und seine immense Beobachtungsgabe. Hinzu kommt seine Lust und Faszination am Experimentieren, denn er selbst sagte von sich: „ich fühle mich nur wohl, wenn ich experimentieren kann“. Diese besondere Kombination ist Motivation und Inspiration zugleich für junge Forscherinnen und Forscher und solche, die es werden möchten. Aber auch abseits der Wissenschaft ist es oft notwendig, flüchtige Beobachtungen ganz genau zu überprüfen und nicht gleich zu möglicherweise falschen Hypothesen zu springen. Auch darin kann Röntgen uns als ein modernes Vorbild dienen.
Seit Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895 die nach ihm benannten Strahlen entdeckte, haben unzählige Patienten davon profitiert. Wie wichtig und bedeutsam für die Medizin ist nach wie vor das Röntgen? Welche Rolle spielen Röntgenstrahlen in der Technik und anderen Wissenschaften?
Mit dem Einsatz von Röntgenstrahlen brach für die medizinische Diagnostik und Therapie eine neue Zeit an, dessen Grundprinzipien bis heute dieselben sind. Verschieden dichte Gewebestrukturen schwächen die Strahlen unterschiedlich stark ab und lassen auf dem dahinterliegenden Aufnahmesystem ein Schattenbild des Körperinneren sichtbar werden. Neben den klassischen zweidimensionalen Röntgenbildern können heutzutage drei- oder sogar vierdimensionale Darstellungen sowie die Aufnahme physiologischer Prozesse in Echtzeit gemacht werden. Der Einsatz von Röntgenstrahlung, beispielsweise bei einer Computertomografie, hat nicht im mindestens an Aktualität verloren und wird stetig weiterentwickelt – mit ungeahnten neuen Möglichkeiten, vor allem in der Bildgebung.
Aber nicht nur für die Medizin bedeutete Röntgens Entdeckung einen immensen Fortschritt, denn die nach ihm benannten Strahlen machen noch heute Unsichtbares sichtbar – im Nano-, Mikro- und Makrobereich. Ihr Einsatz ist aus der Wissenschaft so wenig wegzudenken wie aus dem Alltag. Knochen einer antiken Mumie, eine übermalte Figur in einem Gemälde, eine Schweißnaht unter Lackschichten eines gesunkenen Schiffsrumpfes, Viren, Tumore, Himmelskörper, Schriften, und vieles mehr. Die „Welt des Röntgens“ ist voller überraschender Phänomene, Kuriositäten und ästhetisch faszinierender Bilder.
In Ihrem Haus kann man von der Geschichte der Röntgenstrahlen alles erfahren – von der Entdeckung, der Erforschung bis hin zur Anwendung der Strahlung. Was ist das besondere an Ihrem Haus?
Im Deutschen Röntgen-Museum gelten für unsere Besucher vor allem zwei Dinge: selber aktiv werden und sich auf Entdeckungstour begeben. Jeder Rundgang ist eine Erfahrungs- und Erlebnisreise durch Medizin, Naturwissenschaft und Technik. Und weil unsere Besucher so verschieden sind, bieten wir auch altersbezogene Führungen für Jung und Alt – sowie verschiedene Angebote für Schulklassen und Kindergruppen an. Dazu zählen zum Beispiel unsere Miniclub-Führungen, bei denen professionell geschulte Kinder andere Kinder durch das Museum führen. Eine Führung auf Augenhöhe sozusagen. Aber auch mit einer digitalen Themenrallye ist es möglich, sich das Museum spielerisch zu erschließen. Und ganz im Sinne Röntgens, darf das Experimentieren natürlich auch nicht fehlen. Daher bieten wir eine Reihe von Workshops in unserem Schülerlabor RöLab an. Wir sind uns sicher, dass für jeden etwas dabei ist.
Sehr geehrte Frau Kätker, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!
Weiterführende Literatur:
Busch, Uwe; Rosendahl, Wilfried: Wilhelm Conrad Röntgen – den X-Strahlen auf der Spur. 50 Stätten zur Entdeckung, Geschichte, Anwendung der Röntgen-strahlen in Deutschland und Nachbarländern, Oppenheim am Rhein 2020.
Busch, Uwe; Rosendahl, Wilfried: Welt im Durchblick. Wunder moderner Röntgentechnik, Darmstadt 2019.
Busch, Uwe (Hrsg): Wilhelm Conrad Röntgen. Ein leuchtendes Leben für die Wissenschaft, Heidelberg 2020.
Mehr über das Deutsches Röntgen Museum in Remscheid finden Sie hier.
Das Konzept lautet: kreativ sein, der Phantasie freien Lauf lassen – und erforschen und entdecken was das Zeug hält.
Bildnachweis: alle Fotos vom Röntgen Museum Remscheid
Wilhelm Conrad Röntgen
Blick in das Labor
Röntgen Museum in Remscheid
6. November 2020 || ein Interview mit Anna-Katharina Kätker, Deutsches Röntgen-Museum