Schon und noch nicht
Nichts Halbes und nichts Ganzes – so fühlt sich der Karsamstag manchmal für mich an. Nicht mehr so richtig Fastenzeit, noch nicht wirklich Ostern.
Große theologische Versuche sind über diesen Tag unternommen worden, regelrechte Expeditionen in dieses liturgische Niemandsland. Der fleischgewordene Gott, das menschgewordene Leben schlechthin: liegt tot im Grab. „Hinabgestiegen in das Reich der Toten“, formuliert das Apostolische Glaubensbekenntnis. Damit findet es zwar Worte – aber der eigentliche Gehalt bleibt trotzdem unglaublich schwer zu fassen. Das Leiden Jesu ist beendet, das Erlösungswerk vollbracht, der Kreuzweg bis zum bitteren Ende gegangen – die Auferstehung aber noch nicht passiert, die Freude noch nicht wiedergeboren. Das Leben hat noch nicht spürbar gesiegt.
Und genau damit bewegt sich der Karsamstag zwischen dem „Schon“ und dem „Noch nicht“, das unser ganzes Leben im Licht des Glaubens kennzeichnet. Wir wissen, was morgen gefeiert wird, das ist schon klar, aber das Fest ist noch nicht angebrochen. In dieser Spannung vollzieht sich mein ganzes Leben: ich weiß schon, dass am Ende das Leben stärker ist als der Tod, die Liebe stärker ist als der Hass. Aber ich erlebe es noch nicht in seiner Fülle. Höchstens in Anklängen.
Das bedeutet für mich Leben aus der Hoffnung: fest darauf vertrauen, dass auch über meinem Leben die Ostersonne aufgehen wird, und ertragen, dass noch Karsamstag ist.
Bild: Peter Weidemann
In: Pfarrbriefservice.de
Osterfreude
Texte & Gedanken an den Kar- und Ostertagen
An den Kar- und Ostertagen wird Pfarrer Dr. Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger, mit besonderen Texten unseren Blog „Akademie in den Häusern“ gestalten.
Ein regelmäßiger Blick in unseren Blog lohnt sich!
8. April 2023 || ein Beitrag von Pfarrer Dr. Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger