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Aschermittwoch der Künstlerinnen und Künstler 2024

Lieber Herr Oetterer, seit 1. Januar 2024 sind Sie Künstlerseelsorger im Erzbistum Köln und Nachfolger des langjährigen Künstlerseelsorgers Prälat Josef Sauerborn geworden. Wie wird man eigentlich Künstlerseelsorger?

Im September 2023 ist Generalvikar Msgr. Guido Assmann auf mich zugekommen, um mich zu fragen, ob ich die Aufgabe des Künstlerseelsorgers im Erzbistum Köln übernehmen möchte. Seiner Anfrage werden vermutlich Beratungen vorausgegangen sein, bei denen zum Ausdruck kam, dass man mich für diese Aufgabe für geeignet hält. Und so hat dann Kardinal Woelki auch entschieden, nachdem ich nach reiflichen Überlegungen signalisiert hatte, dass ich diese berufliche Herausforderung gerne annehmen würde. Auf meine Person wird man vielleicht deshalb gekommen sein, weil ich entlang meiner ganzen beruflichen Laufbahn direkt beruflich oder ehrenamtlich immer mit Kunst und Künstlern zu tun hatte und auf vielfältige Weise mit ihnen zusammengearbeitet habe.

Dafür gibt es doch keine gesonderte Ausbildung?

Eine spezifische Ausbildung zum Künstlerseelsorger gibt es nicht, wohl aber das stete Unterwegssein mit den Entwicklungen der Kunst in der Breite ihrer Vertreter/innen, den Künstlern und Künstlerinnen, um deren Auseinandersetzungen auf deren Höhe mit „Gott und der Welt“ mitzubekommen, um gegebenenfalls in ein Gespräch mit Ihnen über ihre Gestaltungen und ihre religiöse Fragestellungen eintreten zu können.

Generell braucht es wohl eine hohe Affinität zur Kunst und zu Künstlern/innen. Hilfreich ist bestimmt auch, sich in Kunst und Kunstgeschichte gut auszukennen und/oder diese Fächer gar studiert zu haben. Ich selbst habe mich schon in meinen Studien der Theologie, Philosophie, und Ur- und Frühgeschichte immer auch mit künstlerisch-ästhetischen Fragestellungen befasst, mit denen sich natürlich auch diese Fächer immer wieder auseinandersetzen. Denken Sie in der Theologie an das Bilderverbot, in der Philosophie an ästhetische Fragestellungen oder in der Ur- und Frühgesichte an die Frage der Entstehung der ersten Kunstwerke des homo sapiens oder des Neandertalers etc.

Ein weiterer zentraler und keinesfalls nebensächlicher Aspekt der Tätigkeit als Künstlerseelsorger ist die im Titel geführte Seelsorge. Hier gibt es diverse Zusatzausbildungen, die zum Theologiestudium dazu kommen können. So habe ich beispielsweise eine Ausbildung zum Diakon absolviert, zum Geistlichen Begleiter, zum Telefonseelsorger und zum Exerzitienleiter. In allem Wirken geht es darum, Künstler nicht nur als Künstler, sondern eben auch als Menschen wahrzunehmen und zu seelsorglich-geistlich zu begleiten, wo dies gewünscht wird oder sogar aus sozialen oder anderen seelsorglichen Gründen erforderlich erscheint. Da steht dann der Künstler als Mensch mit all seinen Dimensionen im Mittelpunkt, darunter auch seine Fragen als Glaubender, als Zweifelnder, Suchender, Ringender etc.

Sie haben sich in Ihren unterschiedlichen Aufgabenfelder schon immer mit Kunst beschäftigt. Für welche Kunstform haben Sie eine besondere Leidenschaft?

Viele Jahre lang bis heute durfte ich mit befreundeten Künstlern in die Kirche St. Mariä Namen in Engelskirchen-Osberghausen zu Konzert-Lesungen einladen. Daraus entstand schließlich die +CulturKirche Oberberg (www.culturkirche-oberberg.de). Klaus Kugel ist ein international renommierter Drummer und Percussionist, der mit internationalen Musikgrößen vor allem aus Osteuropa aus dem Bereich der sogenannten Neue Musik spielt und weltweit tourt. Seine Frau Ute Kaiser ist Schauspielerin und Vocalistin. Seine Art und die seiner Mitspieler Neue Musik zu Gehör zu bringen und dazu von Ute Kaiser klassische Text von Hildegard von Bingen, Edith Stein, Dag Hammarskjöld, Hilde Domin oder beispielsweise Angelus Silesius vorgetragen zu bekommen, berührt und begeistert mich. Das ist nach meinem Empfinden eine sehr feine und tief gehende Musik, die einen und mich jedenfalls nach Innen führt und ermöglicht, dass die vorgetragenen Texte eine unglaubliche Kraft entfalten und ganz neu zur Wirkung kommen können.

Wie an Performances, also an theatralisch tänzerisch-gestalterischen Aktionen, so schätze ich auch an Neuer Musik die ungemein kreative Lebendigkeit, vielfache und durchaus inszenierte Spontanität und Rhythmik. Für mich strahlt das ansteckende Lebensfreude, Ursprünglichkeit und bewegte Gemeinschaft aus, die sich für mich mit einem Gottesbild verbinden, dass die überfließende Liebe und Nähe Gottes zum Ausdruck bringt. Kunst und Religion, Kunst und christlicher Glaube sind für mich auf dieser Ebene in ihrer je eigenen Sprache elementar erfahrbar. Ich kann in ihnen schon hier und jetzt Zeichen eines Lebens in Fülle (Joh 10,10) begreifen.

Worauf freuen Sie sich in Ihrer neuen Aufgabe am meisten?

Gerne würde ich viele Künstler und Künstlerinnen in ihrer Welt und mit ihren Ausdrucksformen persönlich kennenlernen. Was bewegt vor allem auch junge Künstler/innen in ihrem Bezug zu sich, Welt und Gott? Mit ihnen Ausstellungen und Aktionen umzusetzen, um zu sehen, wie Besucher /innen auf deren Fragen, Einsichten, Suchbewegungen, Lösungsvorschläge, Verzweiflung etc. reagieren und sich davon ansprechen und bewegen lassen, ihrerseits daraus Nachdenklichkeit für ihr eigenes Leben zu gewinnen. Darauf bin ich gespannt, darauf freue ich mich.

Welche Pläne haben Sie für die Künstlerseelsorge? Welche neuen Akzente wollen Sie in diesem Bereich setzen?

Einerseits geht es darum, die beeindruckende Arbeit meiner Vorgänger weiterzuführen, weiter zu entwickeln und zu vertiefen. Dazu gehört konkret die Pflege der Beziehungen zu den Künstlern, die Ausstellung ihrer Werke mit der Künstler Union Köln (KuK), die Leitung der Kunstkommission des Erzbistums Köln, die in bestimmter Hinsicht für die Kirchen im Erzbistum zuständig ist, sowie die Leitung des Vereins für christliche Kunst des Erzbistums Köln und des Bistums Aachen VcK. Dieser Verein ist über die Grenzen der Erz-/Bistümer hinweg hochaktiv und setzt sich sehr vielfältig mit Themen und Entwicklungen in der Kunst auseinander.

Andererseits wird es verstärkt darum gehen, dass Gespräch von unserem Glauben her vor allem mit jungen Künstlern/innen und deren neueren künstlerischen Ausdrucksformen zu suchen. Der Kölner Kardinal Frings, hat, angeregt durch die französische Kath. Kirche, 1950 in Köln den Aschermittwoch der Künstler ins Leben gerufen. Dies auch aus der Einsicht, dass Kirche und Glaube in tiefer Relation zur Kunst stehen, dass Seelsorger und Künstler sich bereichern können und auf je ihre Weise zum Wohl der Menschen tätig sind, wenn sie beide die im 20 Jahrhundert teils unterbrochene Beziehung wieder aufnehmen und stetig vertiefen. Damit dieser Faden weiterläuft und neue Akzente erhält, halte ich das Gespräch mit jungen Künstlern/innen für unverzichtbar und allerdings auch ausbaufähig. Hier versuche ich gerade erste Initiativen zu entwickeln.

Herr Oetterer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen für die neue Aufgaben alle Gute und Gottes Segen.

Bildnachweis:

Patrick Oetterer: © Beatrice Tomasetti
Logo Künstlerseelsorge: © Künstlerseelsorge Erzbistum Köln

14. Februar 2024 || ein Gespräch mit Patrick Oetterer, Künstlerseelsorger im Erzbistum Köln

Nach einem Studium der Katholischen Theologie, Philosophie sowie Ur- und Frühgeschichte an der Universität Münster begann er seine berufliche Laufbahn als pädagogischer Mitarbeiter des Bildungswerks der Erzdiözese Köln. Nach einer Tätigkeit als Referent für Kunst und Kultur im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz ging er 2001, im Jahr seiner Diakonenweihe, als Redakteur für Theologie, Liturgie und Kultur zum Kölner Domradio. Von dort wechselte er 2005 ins Erzbischöfliche Generalvikariat und leitete zuletzt seit 2016 das Referat Geistliches Leben und Exerzitienhaus.