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Der Blick nach innen. Spiritualität Raum geben

Jedes Jahr, spätestens ab Mitte November, schleicht sich ein Gedanke in meinen Kopf. Die Frage danach, was mir eigentlich in meinem Leben wirklich wichtig ist. Vielleicht sind es die längeren Abende und Nächte, die Dunkelheit und das mehr zu Hause sein, das Regenwetter oder das nahende Jahresende, die mich in die richtige Stimmung bringen, über den Fokus meines Lebens nachzusinnen. Ganz sicher ist es auch die Adventszeit, die sich mit ihrem Ruf, besinnlich und gemütlich zu sein, für solche Gedanken geradezu anbietet.

Was ist mir also wirklich wichtig im Leben, was gibt mir Kraft und Halt? Keine Fragen, auf die ich eine klare, fertige Antwort für alle Zeiten geben kann – schon gar keine Antwort, die dann auch für Sie alle Gültigkeit hätte. Für mich ist Zeit für meine Gottesbeziehung ein integraler Bestandteil dessen, was mir Kraft und Halt gibt, was mir “wirklich“ wichtig ist. Zeiten der Stille, des Gebetes und der Muße mit meinem Gott erden mich, bringen mich näher zu mir selbst und eröffnen mir Räume, in denen ich genau daran erinnert werde, dass Vieles warten kann. Im Gebet werden Proportionen wieder hergestellt, die im verzerrten Blick des Alltags ganz anders wirken können, kann ich Gott bitten, mit seiner Perspektive meine zu ergänzen, zu weiten. Kann ich Sorgen, Ängste und Nöte aussprechen und mir von ihm tragen helfen lassen; kann ich Freude und Hoffnung teilen. Aus dieser Beziehung, aus diesen Momenten schöpfe ich Kraft für meinen Alltag, für all das, was auch wichtig und notwendig ist, was ich aber ohne meine Gottesbeziehung nicht meistern könnte. Mir würde die innere Kraft, der Spirit, fehlen.

Ich bin froh, dass ich noch glauben kann, was wir in ein paar Tagen an Weihnachten feiern werden: Dass dieser Gott Mensch geworden ist, aus Liebe zu uns, um uns nahe zu sein. Mich an diesem Glauben festzumachen, in allen Turbulenzen des Alltags, den zahlreichen Krisen unserer heutigen Welt, das hält mich. Halt und Gehaltenwerden in einem.

Jedes Jahr versuche ich im Advent immer neu, dass das, was mich hält, sich widerspiegelt in meinem ganz konkreten, alltäglichen Leben – dann nicht nur im Advent, sondern auch darüber hinaus.

Der Blick nach innen. Spiritualität Raum geben

Viele spüren eine Sehnsucht nach neuen Formen von Kirche und Glauben. Die tradierten Stile, Rituale und Formate sprechen nicht mehr an. Aus dieser Sehnsucht entstehen bereits viele neue Formen von Spiritualität. Diese kann Halt und Orientierung in einer zunehmend unübersichtlichen Welt geben. Doch jeder versteht etwas anderes darunter. Was glaube ich? Was hoffe ich? Was ist der Spirit in meinem Leben?

Im Advent berichten Menschen, die mit der Akademie verbunden sind, von verschiedenen Formen der Spiritualität in ihrem Alltag.

Bildnachweis: © Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn

17. Dezember 2023 || ein Beitrag von Sr. Jakoba

Sr Jakoba Zöll

Sr. Jakoba Zöll ist Olper Franziskanerin und arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte und an der Arbeitsstelle für Theologische Genderforschung der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.