Was mir Halt gibt
Bei einem meiner vielfältigen Aufenthalte in Taizé entdeckte ich schon in jungen Jahren diese Ikone, die mich durch mein ganzes Leben begleitet hat.
„Jesus und sein Freund“ hat sie Frère Roger genannt. Ihr Original stammt aus dem 8. Jahrhundert und befindet sich im Louvre in Paris. Dargestellt ist ursprünglich Jesus und der heilige Menas, ein koptischer Heiliger. Für Frère Roger kann jede/r der Mann an der Seite Jesu sein, denn Christus begleitet jeden Menschen.
Christus ist hier bewusst in dunkler Farbe dargestellt und hebt sich nur wenig vom Hintergrund ab. Ein Zeichen für die Zurückhaltung Christi. Er drängt sich nicht auf, legt aber dem Begleiter freundschaftlich die Hand auf die Schulter und gibt ihm so Sicherheit und Halt. In vielen Situationen habe ich diese Hand Christi spüren dürfen. Der dazugehörige Arm auf dem Rücken des Freundes hilft sanft die Richtung zu gehen, in der Jesus geht. Sie hilft, MIT IHM in eine Richtung zu gehen. Sie hilft in die Richtung des Evangeliums zu gehen, das Christus im anderen Arm hält. Er ist der Träger des Wortes Gottes. Der Freund an der Seite hält in der linken Hand so etwas wie ein gerolltes Blatt Papier. Es könnte eine Seite des großen Buches sein, das für das Wort Gottes steht. Frère Roger erklärte, dass wir oft nur wenig vom Evangelium begriffen haben, aber das wenige schon alles enthält und es darum geht, genau das ins Leben umzusetzen. Der Freund an seiner Seite erhebt die andere Hand wie zum Segen oder, wie es auch gesehen werden kann, zum Hinweis auf Christus. Beides werden Menschen tun können, die auch nur wenig vom Evangelium begriffen haben.
Die Ikone kann allen eine Hilfe sein, die sich manchmal allein gelassen fühlen. Besonders wenn es schwer wird im Leben und wir nicht weiterwissen. Sie hilft zu erahnen, dass Christus uns begleitet, auch wenn wir es nicht immer so deutlich spüren.
Sie hilft auch allen, die bewusst einen geistlichen Weg gehen wollen und sich von IHM führen lassen möchten. Manchmal merken wir es erst im Nachhinein: Er war da, er hat uns geführt.
Was mir Halt gibt – Unsere Reihe in der Fastenzeit
Die Fastenzeit ist eine Zeit, um sich auf sich selbst zu besinnen, innezuhalten, (neu) zu fokussieren. Die Fastenzeit lädt ein, nüchtern und klar auf das eigene Leben zu schauen. Was gibt Halt? Wovon lasse ich mich tragen? Meistens stellen wir uns diese Frage nicht bewusst, sondern handeln einfach und versuchen den Alltag mit seinen vielen Anforderungen zu bewältigen. Doch es gibt diese besonderen Texte oder Gebete, eine Bibelstelle, ein Zitat, ein Gedicht, eine Geschichte …, die Halt geben, die inspirieren und begleiten. Sie können Kraft, Trost und Motivation spenden.
Wir haben Menschen, die mit der Akademie verbunden sind, gefragt, was ihnen Halt gibt. Die Beiträge an den Fastensonntagen in unserem Blog „Akademie in den Häusern“ erzählen von Menschen und ihren ganz persönlichen Texten.
Bildnachweis:
unsplash.com, gemeinfrei
10. April 2022 || ein Beitrag von Udo Casel, Kaplan in Odenthal und Altenberg
Der Autor ist selber einen langen und spannenden Weg gegangen. Nach dem Studium der Theologie war er von 1976- 1981 Gemeindereferent in Odenthal und Altenberg und hat dort auch geheiratet. An der nächsten Stelle im Erftkreis kamen seine 3 Kinder zur Welt und es entwickelte sich die Berufung zum ständigen Diakon. 1987 erfolgte die Diakonenweihe. 1988 bis 2005 wirkte er als Diakon in Kürten-Dürscheid, von 2005 bis 2020 im Siebengebirge. Dort starb 2018 in Folge eines Hirntumors seine Frau. Auf der Suche nach dem weiteren Weg wurde er 2020 im Kölner Dom im Alter von 66 Jahren zum Priester geweiht und kehrte schließlich als Kaplan nach Odenthal und Altenberg zurück.