Essen für den Frieden. Gedanken zum Friedensnobelpreis
Haben Sie schon einmal über Reis als Geldanlage nachgedacht? Wenn nicht, haben Sie vermutlich einen guten moralischen Kompass – denn die Situation in vielen Ländern verführt geradezu zu Nahrungsmittelspekulationen.
Aktuell müssen Menschen in rund 20 Staaten mehr als ein Drittel ihres Tageseinkommens für einen Teller Reis ausgeben. Spitzenreiter ist der Südsudan: Dort kostet eine einfache Mahlzeit fast das Doppelte dessen, was ein Mensch durchschnittlich am Tag verdient – ganze 186 Prozent. Übertragen auf New York wären das 393 Dollar (rund 335 Euro) pro Teller.
Die Ursachen dafür sind nicht schwer zu finden. An erster Stelle stehen Gewalt und Klimawandel, wobei letzterer viele Konflikte verstärkt oder neu anfacht. Neu hinzugekommen sind die COVID-19-Pandemie und die dadurch bedingte Wirtschaftskrise: Arbeitslosigkeit und Armut bedeuten oft auch Hunger, vor allem in städtischen Gebieten.
Vor diesem Hintergrund erscheint es nur konsequent, dass das Welternährungsprogramm WFP den Friedensnobelpreis 2020 erhält. Die größte humanitäre Organisation der Welt gilt als wichtigste Akteurin, um das Ziel einer Welt ohne Hunger zu erreichen. Kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der selbst in Deutschland während sommerlicher Dürren das Trinkwasser knapp wird.
Wer jetzt einwendet, dass das Welternährungsprogramm in seiner knapp 60jährigen Geschichte noch keine Waffenstillstände ausgehandelt und Friedensverträge geschlossen habe, macht es sich zu einfach. Nicht nur, weil Hunger in vielen Kriegen bewusst als Waffe eingesetzt wird, sondern vor allem, weil Frieden mehr ist als die Abwesenheit von Gewalt. Für einen gerechten und dauerhaften Friedenszustand ist die Sicherstellung menschlicher Grundbedürfnisse ebenso essenziell wie eine gute internationale Kooperation. In beidem sind die über 17.000 Mitarbeiter*innen des WFP verdiente Preisträger*innen.
19. Oktober 2020 || ein Beitrag von Dr. Cornelius Sturm, Katholische Erwachsenenbildung Deutschland