Verteidigung neu denken: Das Framework ‚Comprehensive Defence‘ für Deutschland
Im Rahmen der kürzlich in der Thomas-Morus-Akademie veranstalteten Tagung für Offiziere der Bundeswehr wurde deutlich, dass ein alleiniger Fokus auf die militärische Aufrüstung in der aktuellen, vielschichtigen Bedrohungslage nicht ausreicht. Expert*innen gehen davon aus, dass Russland bis spätestens 2029 seine Depots mit modernen Waffensystemen umfangreich ausgestattet haben wird. Bereits heute sind hybride Angriffe zu beobachten, die sich gegen zivile Infrastrukturen, den Cyberraum und die gesellschaftliche Stabilität richten.
Um solchen Herausforderungen wirksam begegnen zu können, bedarf es daher, so die Experten, nicht nur militärischer Stärke, sondern auch einer gesteigerten Resilienz der zivilen Institutionen und der Gesellschaft insgesamt. Der folgende Artikel von BwConsulting, der Inhouse-Agentur der Bundeswehr, stellt ein eigens entwickeltes Modell vor, das aufzeigt, welche Aspekte hierbei besonders zu berücksichtigen sind.
Verteidigung in Deutschland neu denken: Das Framework Comprehensive Defence
Deutschland steht vor einer neuen Realität. Bis spätestens 2029 muss das Land „kriegstüchtig“ sein, um sich gegen mögliche Angriffe Russlands verteidigen zu können. Es wird immer offensichtlicher, dass Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche Organisationen, Unternehmen und die Demokratie selbst Ziele dieser Bedrohung sind. Hybride Angriffe, die sich gegen zivile Infrastrukturen, den Cyberraum und die gesellschaftliche Stabilität richten, untergraben die Wirksamkeit traditioneller Verteidigungsstrategien. Damit sind innere und äußere Sicherheit nicht mehr eindeutig voneinander abgrenzbar. Globale Interdependenzen, technologische Entwicklungen in der Kriegsführung und zeitgleich auftretende Krisen, die sich gegenseitig verstärken, befeuern diese Problematik. Diese Umstände machen deutlich, dass eine rein militärische Verteidigung unserer Gesellschaft und Demokratie zu kurz gedacht ist.
Zunehmend wird daher ein Framework für die Praxis benötigt, das jenseits politischer Debatten konkrete Antworten und einen Handlungsrahmen für die neuen Bedrohungen bietet. Dieses muss so umfassend sein, dass alle Bereiche von Staat und Gesellschaft strukturiert einbezogen werden. Es bedarf einer gesamtgesellschaftlichen und gesamtstaatlichen Anstrengung. Dafür hat die BwConsulting das Framework „Comprehensive Defence für Deutschland“ entwickelt. Nur ein ganzheitlicher Ansatz, der militärische, zivile, wirtschaftliche, soziale, psychologische, ökologische und digitale Aspekte vereint, kann der Vielschichtigkeit der Bedrohungslage gerecht werden. Das Framework baut auf bestehenden internationalen ganzheitlichen Ansätzen auf und überträgt diese auf Deutschland. Dabei werden bewährte Modelle, beispielsweise aus den skandinavischen Ländern mit in die Analyse einbezogen. Zusätzlich konkretisiert es bestehende nationale Strategien und denkt sie weiter. Das Framework gliedert alle Aspekte von Staat und Gesellschaft in sieben Segmente und skizziert mögliche Handlungsfelder.

Andrea Hoffmeier, Akademiedirektorin Thomas-Morus-Akademie Bensberg



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