esperanza war schon immer ein Seismograf für gesellschaftliche Probleme oder Phänomene.

Seit dem Jahr 2.000 hat die esperanza-Schwangerschaftsberatung im Erzbistum Köln knapp 185.000 Frauen und Männer beraten. Mit welchen Problemen und Sorgen kommen die Frauen und Männer in Ihre Beratungsstellen? Haben sich die Anliegen in den Jahren geändert?

Zunächst einmal möchte esperanza Menschen in Not- und Konfliktsituationen mit all ihren Nöten und Ängsten nicht alleine lassen und ihnen Hoffnung auf eine positive Zukunft machen. Viele Frauen fühlen sich überfordert und melden sich mit persönlichen Konflikten – zum Beispiel, weil sie ungewollt schwanger wurden, wegen der Sorge um eine mögliche Behinderung des Kindes, Wohnungsnöten oder weil sie noch nicht die Schule beendet haben. Die Frauen wissen oft nicht weiter. Wir beraten viele Frauen, die verzweifelt sind, etwa, weil das Geld plötzlich nicht mehr reicht. Leider birgt eine Familiengründung noch immer ein Armutsrisiko. Existenzängste können eine Schwangerschaft sehr belasten. Es geht in den Beratungsgesprächen häufig erst einmal darum, die Frauen aufzubauen, ihnen Perspektiven aufzuzeigen und Hoffnung zu geben.

Grundsätzlich begleiten die Beraterinnen und Berater Frauen bis zur Geburt des Kindes. Darüber hinaus werden Kurse angeboten, in denen die Erziehungskompetenzen von Eltern gestärkt werden. esperanza ist aber auch noch weit nach der Geburt für Eltern da: Bis zum dritten Lebensjahr eines Kindes stehen die Beratungsstellen den Familien mit Rat und Tat zur Seite. Dazu gehört auch die Beratung zu gesetzlichen Hilfen sowie die Information zur Vergabe von Hilfsfonds.

Mit der Flüchtlingsbewegung 2015 und 2016 stieg zum Beispiel auch der Anteil von Frauen mit Fluchthintergrund. Vor einigen Jahren beobachteten die Beraterinnen und Berater, dass immer häufiger Frauen – oft aus afrikanischen Staaten – mit körperlichen und seelischen Schmerzen zu ihnen kamen, die sich aber nicht trauten, über den wahren Grund ihrer Leiden zu sprechen. Es dauerte, bis die wirklichen Ursachen zur Sprache kamen: weibliche Genitalverstümmelung. Gemeinsam mit dem Sozialdienst katholischer Frauen in Köln startete der Diözesan-Caritasverband daraufhin ein Projekt, um die Beratenden buchstäblich sprachfähig zu machen: Ihnen sollten Wege aufgezeigt werden, das Thema zu benennen. Dabei war viel Fingerspitzengefühl nötig. Nur durch empathisches und aktives Nachfragen kommt man in einen Dialog, in dem man Informationen und Zugang zu weiteren Hilfen vermitteln kann.

Wie reagiert esperanza auf aktuelle Nöte in der Corona-Krise?

Es kommen zurzeit aufgrund der Virus-Gefahr weniger Frauen persönlich in die Beratungsstellen. Doch trotz Corona bieten die Beratungsstellen viele Alternativen an, um für die Klientinnen da zu sein. Unter Einhaltung aller nötigen Hygiene- und Abstandsregelungen sind sichere Beratungssettings gewährleistet. Teilweise werden auch die Räume gewechselt, um so die Distanz besser einhalten zu können. In einigen Beratungsstellen wurden Schutzfenster aufgestellt. So müssen die Menschen sich nicht permanent fragen, ob sie sich vielleicht angesteckt haben – und das kann ein Gespräch entspannen. Darüber hinaus können sich Ratsuchende telefonisch beraten lassen oder die Online-Beratung kontaktieren. Gerade online werden unsere Angebote im Moment sehr gut genutzt.

Aber egal, wie letztlich der Kontakt zustande kommt: Auch nach zwei Jahrzehnten Beratungsarbeit zeige sich immer wieder: esperanza ist und bleibt ein Frühwarnsystem für die sozialen Verhältnisse in unserem Land.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft?

Für die Zukunft sehe ich die Herausforderungen in der Digitalisierung und im Generationswechsel, der sich unter den Mitarbeitenden in den kommenden Jahren abzeichnet. Ich bin sicher, es wird erfolgreich weiter gehen, es gibt bei uns keinen Stillstand.

Sehr geehrte Frau Hirsch, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Gottesdienst zum Fest
Viele Erfolge, viele Gründe, den 20. Geburtstag im November groß zu feiern. Doch Corona sorgte für Einschränkungen: Am festlichen Gottesdienst in Maria im Kapitol konnte nur eine kleine Anzahl an Menschen teilnehmen. Die Mitarbeitenden verfolgten den Festakt vor Ort in ihren Beratungsstellen.

In diesem Beitrag blickt die ehemalige Referentin für die katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen beim Diözesan-Caritasverband, Christa Pesch, auf das von ihr vor zwanzig Jahren mitinitiierte Beratungs- und Hilfenetz esperanza.

Bildnachweis:
Logo esperanza und Bild von Frau A. Hirsch, © Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.

15. Dezember 2020 || ein Interview mit Anke Hirsch, Referentin im Diözesan Caritasverband für das Erzbistum Köln für die esperanza Schwangerschaftsberatung, Adoption- und Pflegekinderhilfe und die Frühen Hilfen