Spanische Kathedralen
Baukunst im Spiegel der Glaubensgeschichte
In der Antike war Hispanien Teil des römischen Imperiums und so entstanden auch auf spanischem Boden frühchristliche Denkmäler. Doch schon in der Zeit der Völkerwanderung nahm die Entwicklung der Halbinsel eigene Wege: Die Baukunst der Westgoten ist einzigartig.
Im 8. Jahrhundert beherrschten die Mauren weite Teile Spaniens. Ihr Baustil mischte sich hier mit römischen und westgotischen Elementen. Das ganze Mittelalter hindurch und noch bis tief in die Neuzeit hinein prägten in Spanien nun uralte und fremde Ideen die Kirchenbaukunst. Schon die Romanik wird „islamisiert“, ebenso die französische Kathedralgotik.
In der Renaissance – Spanien ist inzwischen Weltmacht – schlägt das Pendel kurzzeitig zurück und mit dem Escorial entsteht eine der „kühlsten“ Architekturen der Weltgeschichte. Doch ist dies nicht von Dauer: Der iberische Barock lässt alle überschäumende Schmuckfreude der islamischen Welt wieder auferstehen.
Ihre Referenten/innen und Tagungsleitung
Sonntag, 21. November 2021
14.00 Uhr
Spanische Kathedralen und ihre Eigentümlichkeit
Wie jeder alte Sakralbau sind auch die spanischen Bischofskirchen steinerne und oftmals über viele Jahrhunderte gewachsene Zeugnisse der Geschichte des Glaubens, der Kunst und nicht zuletzt auch der politisch-sozialen Wirklichkeit einer jeden Epoche und einer jeden Region. Am Beispiel der Moschee-Kathedrale im südspanischen Córdoba werden über die Besonderheit dieses einzigartigen Architekturdenkmals hinaus auch Merkmale aufgezeigt, die als allgemeine Charakteristika für einen weiteren großen Teil der spanischen Kathedralgebäude Geltung haben. Diese legen nicht selten Rechenschaft ab von einem mehr oder minder spannungsgeladenen Dialog zwischen Christentum und Islam.
Matthias Franze M.A., Religionswissenschaftler und Kunsthistoriker
15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause
15.45 Uhr
Von der Spätantike bis ins Frühmittelalter
In der römischen Provinz Hispania konnte das Christentum früh Fuß fassen. Während aber die spätantike Kirchenbaukunst nur schlecht überliefert ist, wird das Bild unter den Westgoten etwas schärfer: Im 7. und 8. Jahrhundert entstehen Kirchen von großer architektonischer Eigenart mit prächtigem Skulpturenschmuck. Im lange islamisch dominierten Süden haben sich nur Fragmente erhalten, im Norden findet man dagegen noch vollständige Bauten. Mit den Kirchen des christlichen Königreichs von Asturien entwickelt sich die frühmittelalterliche Baukunst im 8. und 9. Jahrhundert weiter. Zur Skulptur tritt die Malerei in der Kirchausstattung.
Dr. Andreas Thiel, Kunsthistoriker und Archäologe
18.00 Uhr
Abendessen
19.00 Uhr
Die Romanik am Wegesrand
Im Königreich von Kastilien und León entwickelt sich die Sakralarchitektur weiter, nimmt hier und da islamische Formen auf und erblüht auf dem Weg nach Santiago de Compostela zu pracht- und kraftvoller Romanik. Manches kommt aus Frankreich, manches aus Al Andalus, das Ergebnis aber ist spanisches Mittelalter. Etwas südlich der Jakobswelt entstehen die eigenständigen Kuppelkirchen am Duero und schließlich die reizvollen spätromanischen Bauten Altkastiliens. Islamische Schmuckfreude legt sich hier und da als Dekor über die romanische Architektur.
Dr. Andreas Thiel
20.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages
Montag, 22. November 2021
ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste
9.30 Uhr
Königliche Gotik in Kastilien
In den bevorzugten Residenzen der hoch- und spätmittelalterlichen Könige entstehen zuerst nach französischem, später auch nach deutschem und flämischem Vorbild die klassischen Kathedralen von Burgos, León und Toledo. In allen Kirchen Spaniens aber finden sich Elemente von fremder, islamischer Herkunft. Seien es die vielen Gitter, die in den Raum gestellten Chöre oder die riesenhaften Altarretabel. Gewölbe, Grabmäler und Kapellen zitieren gar die Ornamentik der Alhambra.
Dr. Andreas Thiel
11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause
11.30 Uhr
Von den Gegensätzen spanischer Renaissance über den Barock zum Klassizismus
Auch wenn in Italien die Formensprache der klassischen Antike niemals ganz vergessen war, so widmet man sich dort erst im Quattrocento bewusst dem Studium der altrömischen Baukunst und findet überraschend neue Lösungen. Auf der Iberischen Halbinsel dagegen präsentiert sich der als „a la romana“ importierte Renaissance-Stil ein halbes Jahrhundert später als „plateresker“ Baudekor, bei dem das maurisch-gotische Erbe weiterhin eine wichtige Rolle spielt, die strukturellen und räumlichen Neuerungen Italiens aber weitgehend unbeachtet bleiben. Die Hochrenaissance hält unter den Habsburgern Einzug in Spanien und es ist der schmucklos strenge Klosterpalast des Escorial, der vielen Kirchenarchitekten zum Vorbild wird. Manierismus und Barock finden erneut Gefallen an der Schmuckfreude islamisch inspirierter Architektur, der namentlich im andalusischen Süden kaum Grenzen gesetzt zu sein scheinen. Einen vorläufigen Endpunkt stellen schließlich die klassizistischen Kathedralen dar.
Matthias Franze M.A.
13.00 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Ende der Akademietagung
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.