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Von der Rache zum Recht

Die Entwicklung der Rechtsprechung in Kunst, Literatur und Geschichte

Welchen Regeln folgt die gesellschaftliche Verhandlung von Recht und Gerechtigkeit durch die europäische Kultur der letzten Jahrhunderte? Gibt es solche Regeln überhaupt? Diesen ebenso grundlegenden wie spannenden Fragestellungen soll im Rahmen einer interdisziplinären Tagung nachgegangen werden.

Während Demokratien heutiger Zeit innerhalb von Gleichbehandlung und Grundrechten gedeihen, waren prämoderne Gesellschaften des Mittelalters, so die Annahme, von gewaltsamen und willkürlichen Konflikten um Ehre, Herrschaft und Besitz bestimmt. Rache und Feme schienen ein legitimer Rechtsweg allein der höfischen Regenten. Der Kirche kam in unserem Bild des Mittelalters nicht selten vor allem die Rolle der Inquisitorin zu.

Doch war dies wirklich so? Hat sich das Rechtsempfinden aufgeklärter Gesellschaften folgerichtig aus dem Mittelalter heraus und vom Mittelalter weg entwickelt? Oder sitzen wir beim Blick zurück womöglich einem – oder mehreren – Irrtümern auf?

Experten der Universitäten Köln und Bonn entwerfen aus diesen Fragen eine Zeitreise in historischen Dokumenten, Texten und Gemälden. Auf Basis aktueller mediävistischer, philologischer und kunsthistorischer Forschung ist die oft überraschende Rechtsauffassung früherer Jahrhunderte zu entdecken, zu diskutieren und schließlich einzuordnen.

Herzliche Einladung nach Bensberg!

Samstag, 13. August 2022

14.00 Uhr
Was ist Strafe im Zeitalter Karls des Großen?
Auf den ersten Blick erscheint das Strafen in der Zeit Karls des Großen fremdartig. Für einen Mord musste man beispielsweise keine Sanktion durch ein öffentliches Gericht gewärtigen, sondern konnte sich durch eine Geldzahlung an die Verwandten des Getöteten von Rache freikaufen. Auch bei Körperverletzungen folgte in der Regel ein monetärer Ausgleich zwischen den Parteien. Kamen reiche Verbrecher folglich ungeschoren davon? Dafür, dass dem nicht so war, sorgte die Kirche mit ihren Institutionen. Ein vollständiges Bild des Strafens im Zeitalter Karls des Großen muss daher den Ausgleich mit den Geschädigten und die Zucht durch die Kirche sehen.

Prof. Dr. Karl Ubl, Professor für Mittelalterl. Geschichte (Früh- und Hochmittelalter), Historisches Institut, Universität zu Köln

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

16.00 Uhr
Rechtsfindung, Strafe und Gnade im späten Mittelalter
Mittelalterliche Strafgerichtsbarkeit verbindet man gemeinhin mit Inquisition, Folter und grausamen Hinrichtungen. Dass Urteile ‚nach Recht oder nach Gnade‘ gefällt werden konnten, eröffnete jedoch auch viele Wege zur Strafminderung. Entgegen dem Klischee versuchte man durchaus, Körper- oder
Todesstrafen zu vermeiden. Wenn diese unabdingbar
schienen, ließ man beim Vollzug ‚Gnade‘ walten in Formen, die nicht unbedingt aus heutiger, aber doch aus damaliger Sicht die Sanktionen für alle Beteiligten erträglicher machten.

Prof. Dr. Marita Blattmann, Professorin für Mittelalterliche
Geschichte, Historisches Institut, Universität zu Köln

18.15 Uhr
Abendessen

19.30 Uhr
Die Hölle als Strafort – Sünder und Peiniger auf Tafelgemälden des 15. Jahrhunderts
Vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit entwickeln sich verschiedene Jenseitsvorstellungen, die in der christlichen Kunst vielfältig visualisiert wurden. In den Darstellungen des Weltgerichts und der Hölle werden besonders eindrückliche Vorstellungen von Sünden und den damit verbundenen Strafen dargestellt. Der Vortrag wird anhand von Beispielen der Tafelmalerei des 15. Jahrhunderts einen anschaulichen Einblick in die Vorstellungen der Hölle als Ort der Strafe und den damit verbundenen Konzepten zur Diskussion stellen.

Kathrin Borgers, M.A., Universität zu Köln

21.45 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Sonntag, 14. August 2022

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes in der Edith-Stein-Kapelle

9.45 Uhr
Waz uns von strîte ist geseit.
Ästhetisierung von Gewalthandeln in der mittelhochdeutschen Literatur
In der mittelalterlichen Kultur finden sich vielfach Gewaltdarstellungen, etwa Kampfhandlungen in Schlachten. Für diese Darstellung und deren Ästhetisierung nutzten die Autoren spezifische narrative, poetische und rhetorische Verfahren, die auch heute noch Anwendung finden. Texte wurden durch eine reiche Bebilderung zu Erzählungen mit historischem Anspruch aufgewertet. Wie wurde Gewalthandeln narrativ umgesetzt, und welches Identifikationspotenzial ging damit einher? Eine Analyse.

Dr. Birgit Zacke, Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft, Germ. Mediävistik, Universität Bonn

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Der Schwanritter als literarische Legimitation von Herrschaft
Bekannt wurde der Schwanritter-Stoff durch Richard Wagners Oper „Lohengrin“ als fulminantes Manifest einer romantischen Beziehungstragödie. Doch der Stoff wird schon im Mittelalter wirkmächtig: In Konrad von Würzburgs Erzählung „Der Schwanritter“ wird das historische Problem der legitimen Herrschaftsnachfolge nach dem Tod Gottfried von Bouillons um 1100 in Jerusalem literarisch verhandelt. Am Ende steht ein Geheimnis. Warum und wie wurde die Erzählung dennoch von ihren Auftraggebern – den Grafen von Geldern – als ganz reale Herrschaftslegitimation genutzt?

PD Dr. Silvan Wagner, Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Germanistische Mediävistik, Universität Bayreuth

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende der Tagung

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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