Neue Blicke auf Joseph von Eichendorff - Seminar in der Thomas-Morus-Akademie Bensberg
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Jenseits der Abendruhe

Neue Blicke auf Joseph von Eichendorff

Joseph Freiherr von Eichendorff, geboren vor nun 235 Jahren, ist für viele der Inbegriff der deutschen Romantik.

Kein Wunder, handeln seine Gedichte, Balladen und Erzählungen doch von Sehnsucht, Fernweh, Heimat, einer beseelten Natur und tiefem Glauben: dem magisch-melancholischen Kanon der Romantik.

Mit seinem Versuch, Dichtung im Sinne einer Universalpoesie zu schaffen, in der Glaube und Wissen, Religion und Philosophie untrennbar miteinander vereint sind, wendet sich Eichendorff gegen Reformation und Aufklärung. Hatte sich der 40 Jahre vor ihm geborene Goethe, dessen Theateraufführungen der junge Eichendorff als Student wiederholt besuchte, mit wissenschaftlicher Neugier den Naturwissenschaften zugewandt, hatte sich Goethe zu Fortschritt und gesellschaftlicher Entwicklung bekannt, so sah Eichendorff technische Innovation, gesellschaftlichen Liberalismus und Materialismus skeptisch.

Diese Skepsis, gepaart mit einem seinen Kritikern nach „überschaubaren“ Fundus an Motiven und Bildern, scheint die Zuschreibung des Konservatismus in Haltung und Ästhetik zu rechtfertigen.

Doch stimmt das so? Lässt sich Eichendorff reduzieren auf eine Verklärung des Vergangenen, auf die Trivialität des Eindeutigen? Oder gibt es Brechungen der idyllisierenden Lesart, die eine andere Rezeption zulassen?

Diesen Fragen geht das Eichendorff-Seminar von Prof. Dr. Thomas Wortmann auf Basis der aktuellen Forschung nach.

Wir laden Sie herzlich ein, dabei zu sein!

Ihre Referenten/innen und Tagungsleitung

Samstag, 6. Mai 2023

14.00 Uhr
Wer oder was ist Joseph von Eichendorff?
Universalpoesie versus Aufklärung
Einerseits gilt Eichendorff vielen als der deutsche Dichter schlechthin. Andererseits verschwindet der Autor langsam aus den Schulbüchern. Wie kann das sein? Es mag mit dem Bild zu tun haben, das man gemeinhin von Eichendorff hat: an der Heimat und der Vergangenheit hängend, konservativ im politischen wie im ästhetischen Sinne. Diese Zuschreibungen sind zu problematisieren. Eichendorffs Werk, darum wird es im gesamten Seminar und auch in dieser Einführung gehen, ist eine Auseinandersetzung mit der Moderne.

16.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

16.30 Uhr
Dichter des Konjunktivs: Eichendorffs Lyrik I
Von der Natur bis zur Kultur
„Es war, als hätt‘ der Himmel/ Die Erde still geküßt“ – so lauten die ersten beiden Verse von Eichendorffs berühmtestem Gedicht „Mondnacht“. Tatsächlich sind diese Zeilen bezeichnend für den Dichter Joseph von Eichendorff, der ein Dichter des Konjunktivs ist. Eichendorffs „Idyllen“ sind immer Als-ob-Konstruktionen. Was sich daraus für die Lektüre seiner Lyrik ergibt, wird das Thema dieser Sitzung sein.

18.00 Uhr
Abendessen

19.15 Uhr
Kehrseiten der Kolonialphantasien: „Eine Meerfahrt“
Eine Reise ins Ungewisse
Eichendorffs Landschaften kennen wir. Oder nicht? In seiner späten Novelle „Eine Meerfahrt“ vermisst Eichendorff einen ganz neuen Raum: Der Text handelt von einer spanischen Expedition nach Südamerika, die grandios scheitert. Der „Heimatdichter“ Eichendorff nimmt sich auf diese Weise die Kolonialphantasien seiner Zeit vor und zeigt deren Kehrseiten. Er erweist sich damit als aufmerksam-kritischer Beobachter seiner Epoche.

21.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Sonntag, 7. Mai 2023

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes in der Edith-Stein-Kapelle

 9.45 Uhr
Über sich selbst schreiben
Eichendorffs Erzählfragment „Das Wiedersehen“
Mehrmals hat Joseph Eichendorff versucht, seine Autobiographie zu schreiben. Zu einem Ende gebracht hat er die Projekte jedoch nie. Über die Gründe seines „Scheiterns“ soll es in diesem Vortrag gehen. Und um ein fulminantes Erzählfragment, das aus diesen autobiographischen Versuchen entstanden ist: „Das Wiedersehen“. Darin setzt sich Eichendorff ironisch distanziert mit sich selbst auseinander – und mit der Frage, wie Kunst, Krieg und Familie übereinzubringen sind.

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Abgründe und Angst: Eichendorffs Lyrik II
Rückzug als Konzept?
Angst ist ein Thema, das in den letzten Jahren im Angesicht zahlreicher Krisen auch in der Literatur große Popularität bekommen hat. Joseph von Eichendorff gilt nun gerade nicht als ein Dichter der Angst, sondern eher als Autor, der heile Welten beschrieben hat. Dass auch Eichendorffs Welten
nicht frei von Angst sind, dass wir es nicht mit naiven Texten zu tun haben, das wird in dieser Einheit zu zeigen sein.

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende des Seminars

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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