Goethe-Akademie-Wohnkultur-Thomas-Morus-Akademie-Bensberg
© Alexander Burzik

„Studierzimmer-Bett“, „ewiger Thee“ und „geistige Tapetenthüren“

Wohnkulturen der Goethezeit

Während der Goethezeit verliert das Wohnen seine Selbstverständlichkeit. In der neu entstehenden Ratgeberliteratur, wie dem Weimarer „Journal des Luxus und der Moden“, lässt sich eine Verschiebung vom repräsentativen Schauraum zum individuellen Lebensraum beobachten: „Zeige mir, wie Du wohnst, und ich sage Dir, wer Du bist“. Damit steigt nicht nur die Aufmerksamkeit für persönliche Komfortzonen, sondern ebenso für die räumlichen Rahmenbedingungen des Schreibens und Denkens. Johann Wolfgang von Goethe richtet den „ewigen Thee“ in seinem Vorderhaus als unerschöpflichen Gesprächsquell ein, während Ottilie von Goethe in der Mansarde die „Idee geistiger Tapeten-thüren“ diskutiert.
Die Akademie geht den kulturhistorischen Veränderungen in den musealen Wohnräumen des klassischen Weimar nach und unterlegt diese mit den bildungstheoretischen und ästhetischen Debatten. Einbezogen wird die literarische Aneignung des Wohnens, welche nicht zuletzt an der Erfindung des Dichterhauses mitwirkt.

Über Ihr Interesse freuen wir uns!

 

Donnerstag, 29. Juni 2023

Individuelle Anreise zum Hotel Dorint Am Goethepark Weimar.

15.00 Uhr
Willkommen zur Goethe Akademie!
Begegnungen und Gespräche bei Kaffee, Tee und Gebäck

  • Susanne Bonenkamp M. A.
    Theaterwissenschaftlerin, Bergisch Gladbach
  • Dr. Christiane Holm
    Germanistisches Institut der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

15.45 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
Das Dichterhaus
Zur Erfindung einer literarischen Einrichtung
Als Goethe in den 1820er Jahren sein literarisches Archiv für die Übergabe an die nächste Generation vorbereitete, konnte er noch nicht ahnen, dass nach seinem Tod sein gesamtes Wohnhaus musealisiert werden sollte. Das Dichterhaus ist eine vergleichsweise junge Erfindung. Das erste Exemplar im deutschsprachigen Raum war nicht das Goethe-, sondern das Schillerhaus in Weimar, das 1847 eröffnet wurde. Dieser Institutionalisierungsschub war erinnerungspolitisch motiviert und zielte auf eine übergreifende kulturelle Identität für den Deutschen Bund. Die ideengeschichtliche Voraussetzung des Dichterhauses jedoch bestand in der goethezeitlichen Aufmerksamkeit auf die Werkstatt des Dichtens.
Dr. Christiane Holm
18.00 Uhr | Abendessen im Hotelrestaurant

20.00 Uhr I Lesung und Gespräch im Hotel
Literarische Zimmer
Klassische und romantische Texte zum Wohnen
In der Goethezeit wird der Wohnraum literaturfähig. Fausts heimlicher Besuch der Stube des abwesenden Gretchens macht deutlich, dass und wie ein Wohnraum zum Porträt einer Person werden kann. In der romantischen Literatur wird das Zimmer zum Labor für Versuchsanordnungen von Einsamkeit und Zweisamkeit, von Gewohntem und Unheimlichem, von Beschränkung und Exzentrik. Es ist ein Ort der heimlichen Liebe, des entgrenzenden Schreibens und Träumens, aber auch des Spuks. Dabei ist der Wohnraum mehr als ein Schauplatz, denn er strukturiert das Geschehen sowie das Erzählen.
Dr. Christiane Holm

Freitag, 30. Juni 2023

Frühstück

9.15 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
Interieurs der Goethezeit
Das „Journal des Luxus und der Moden“ und die Wohnkultur um 1800
Das „Journal des Luxus und der Moden“ verstand die ästhetische Wohneinrichtung nicht mehr als Privileg einer kulturellen Elite, sondern als ständeübergreifende Praxis. Indem es aktuelle Wohnmoden in verschiedenen Preissegmenten vorstellte, entwickelte es eine Beschreibungs- und Bildsprache für individualisierte Lebens- und Arbeitsgewohnheiten. Zugleich verstand sich das Journal als teilnehmender Beobachter und Archivar des eigenen Zeitalters und stellt somit eine Gründungsurkunde der Wohnforschung dar.
Dr. Christiane Holm

11.00 Uhr | Spaziergang zur Herzogin Anna Amalia Bibliothek

11.30 Uhr I Besuch der Ausstellung und Einblick in die Sammlungen
Klassisch konsumieren
Bertuch und das „Journal des Luxus und der Moden“
Das „Journal des Luxus und der Moden“, das Friedrich Justin Bertuch in Weimar konzipierte und realisierte, war alles andere als ein lokales Magazin. Es verfügte über einen überregionalen, auch internationalen Abonnentenkreis und lancierte Ideal und Praxis einer aufgeklärten Konsumgesellschaft. Dabei verhalf es dem klassizistischen Geschmack auch in den Wohnräumen vom Schubladengriff über die Teemaschine bis zur Tapete zur Geltung.
Veronika Spinner, Projektleiterin Ausstellung und wissenschaftliche Mitarbeiterin Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Gelegenheit zur individuellen Mittagspause

14.45 Uhr I Besuch der Ausstellung im Wittumspalais
Fremde Freunde
Moderne zu Gast in historischen Häusern
Ein Rundgang durch das barocke Stadtpalais im Zentrum Weimars, das bis 1807 der langjährige Witwensitz der Herzogin Anna Amalia war, gewährt Einblick in die ehemaligen Wohn- und Repräsentationsräume der Herzogin sowie ihre vielseitigen Interessen. Aber auch einige „Fremde Freunde“ aus der modernen Zeit sorgen für ein spannungsvolles Miteinander in einem neuen, interessanten Licht.
Dr. Francesca Müller-Fabbri, Ausstellungskuratorin im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar

18.00 Uhr | Abendessen im Hotelrestaurant

19.30 Uhr I Konzert im Festsaal des Wittumspalais
Musikalischer Salon
Von Haydn bis Liszt auf dem Hammerflügel
Das Wohnen um 1800 ist von der bürgerlichen Hausmusik bis zum adeligen Salon in hohem Maße mit der Musikpraxis der Zeit verbunden. Auf historischen Hammerflügeln des frühen 19. Jahrhunderts erklingen Werke von Haydn bis Liszt. Dazu werden Einblicke in die Entwicklungen des Klavierbaus und die Weimarer Musikkultur der Goethezeit gegeben.

  • Ulrike Roesler, Musikwissenschaftlerin
  • Ekaterini Thönes Tassiopoulou, Pianistin

Samstag, 1. Juli 2023

Frühstück

9.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
Sammlungsraum, Salon und Werkstatt
Goethe als Gestalter seines Stadthauses
Goethe bewohnte sein Haus am Frauenplan seit seiner Italienreise fast 50 Jahre lang. In der Zeit von 1792 bis 1795 hat er das barocke Kaufmannshaus in einer großen Umbaumaßnahme seinen individuellen Bedürfnissen sowie seinen repräsentativen Aufgaben angepasst. Fortlaufend blieb die Einrichtung in Bewegung. So wurden nicht nur die Farbfassungen von Tapeten und Möbeln geändert, ständig neue, mitunter sperrige Sammlungsobjekte integriert, sondern auch Raumfunktionen umjustiert. Durch Tagebuchnotizen, Rechnungen, aber auch durch Besucherberichte ergibt sich ein Bild von den Wechselwirkungen dieser dynamischen Wohnumgebung mit der Schreib- und Gesprächspraxis vor Ort.
Dr. Christiane Holm

10.00 Uhr | Spaziergang zu Goethes Wohnhaus

10.15 Uhr I Besuch des historischen Wohnhauses
Enfilade und Labyrinth
Wege durch Goethes Wohnhaus
Goethes Umbaumaßnahme ließ die Fassade des barocken Bürgerhauses weitgehend unberührt. Im Inneren des Hauses jedoch wurden die Raumfolgen völlig neu geordnet, sowohl zugunsten von Transparenz als auch von Intransparenz. Installiert wurden Sicht- und Bewegungsachsen, durch welche einerseits der Garten in das gesellige Leben des Vorderhauses integriert, andererseits der Zugang zum Arbeitsbereich des Hinterhauses erschwert wurde.
Dr. Christiane Holm

12.00 Uhr | Gemeinsames Mittagessen in der Trattoria Eckermannhaus

14.45 Uhr I Besuch der Ausstellung im Goethe- und Schiller-Archiv
Dichterhaushalt und Lebenskunst
Vom Wohnen um 1800
Die Art, wie Menschen wohnen, reflektiert ihr kulturelles Selbstverständnis und ihre soziale Zugehörigkeit. Vom ästhetischen Ausstatten der Wohnung bis zum Anwenden von Haushaltstechniken – stets müssen sich die Wohnenden in irgendeiner Form verhalten. Bereits um 1800 erforderte dies in Weimar und anderswo eine gewisse Kreativität und Lebenskunst. Mal augenzwinkernd, mal ernst öffnet die sozialhistorisch orientierte Ausstellung verschiedene Türen, um Einblicke in den spannenden Wohnalltag jener Zeit zu gewähren.
Dr. Sabine Schimma, Ausstellungskuratorin Goethe- und Schiller-Archiv

17.00 Uhr I Vortrag und Gespräch im Hotel
Goethe in Gesellschaft
Zum Wirken der Goethe-Gesellschaft in Weimar
Nach dem Tod des letzten Goethe-Enkels Walther Wolfgang von Goethe wurde auf Anregung der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach 1885 die Goethe-Gesellschaft gegründet. Sie ist heute die größte literarische Gesellschaft Deutschlands mit 2 500 Mitgliedern in 40 Ländern der Welt und kann auf eine beeindruckende Geschichte zurückblicken.
Prof. Dr. Jochen Golz
Vizepräsident der Goethe-Gesellschaft in Weimar e.V.

19.30 Uhr | Abendessen in Hotelrestaurant

Sonntag, 2. Juli 2023

Frühstück

9.00 Uhr I Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes

10.45 Uhr I Gang zum Kirms-Krackow-Haus

11.00 Uhr I Besuch des Kirms-Krackow-Hauses
Raus aus dem Haus!
Gartensalon, Teepavillon und Zimmergrün
Das Kirms-Krackow-Haus gehörte zur Goethezeit einer der reichsten Weimarer Beamtenfamilien. Das eindrucksvolle Ensemble erzählt vom Leben und Wohnen um 1825 und neuen Räumen, den „grünen Zimmern“ der Blumisten.
Christian Hill, Museumskurator Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

12.15 Uhr | Mittagsimbiss im „Café Lieblingsgarten“ des Kirms-Krackow-Hauses und anschließend Verabschiedung

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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