Überblendungen
Romantik gestern und heute
Oh, wie romantisch! Diesen Ausruf kann man an mehr oder weniger malerischen und mehr oder weniger alten Orten hören. Ob das neue Romantik-Museum in Frankfurt am Main vergleichbare Reaktionen auslösen wird? Anlässlich seiner Eröffnung im Sommer 2021 lohnt sich eine tiefergehende Beschäftigung mit der Romantik am Rhein, zwischen großer Kunst und Massentourismus, zwischen architektonischer Rekonstruktion und politischer Restauration. Von Königswinter führt die Reise entlang des romantischsten „teildeutschen“ Flusses, des Rheins, über „teilmittelalterliche“ Orte und Burgen bis hin zur „teilechten“ Frankfurter Altstadt mit dem ebenfalls „teilechten“ Haus Goethes. Überall überblenden sich hier Alt und Neu, Romantik und Moderne…
Ihr/e Reiseleiter/in
Dienstag, 23. August 2022
Busreise von Köln (8.30 Uhr) und Bensberg (9.15 Uhr) nach Königswinter.
Rheinromantik und Rheintourismus – Siebengebirgsmuseum
Für viele Reisende begann von Norden kommend die eigentliche romantische Rheinreise hinter Bonn. So besitzt das Siebengebirgsmuseum in Königswinter am Fuß des Drachenfels eine Sammlung mit Gemälden zur Mittelrheinlandschaft. In ihnen spürten die Künstler Gefühlen und Empfindungen nach, die diese einzigartige Landschaft hervorrief. Die Gemälde brachten für die bereits im 19. Jahrhundert umfangreiche Zahl der Reisenden ein Stück „Rheinromantik“ mit nach Hause. Im 20. Jahrhundert wurde der Rheintourismus zum Massenphänomen, dem das Siebengebirgsmuseum in unterhaltsamer Weise nachgeht.
Stimmungsarchitektur - Schloss Drachenburg
Eng verbunden mit der Romantik war der durch die Romane und Gedichte geförderte sehnsuchtsvolle Blick auf das Mittelalter. Der Wunsch, in einer zur Stimmung der Texte passenden Umgebung zu leben, fand seinen Ausdruck in den Interieurs, Bauten und Stadtbildern des Historismus. So erlaubte es das neugotische Schloss Drachenburg seinem Besitzer, auf halber Höhe des Drachenfels in mittelalterlich anmutender Umgebung mit Blick ins Rheintal Besucher zu empfangen. Hier trafen malerische Landschaft, mittelalterliche Gestimmtheit und moderner Komfort zusammen. Den Tag beschließt ein kurzer Stadtspaziergang im Rheinstädtchen Boppard.
Mittwoch, 24. August 2022
Rhein und Italien - Schloss Stolzenfels
Die Überblendung der Vergangenheit mit der eigenen Epoche wird besonders deutlich bei Schloss Stolzenfels: Hier hat der preußische König Friedrich Wilhelm IV., der „Romantiker auf dem Thron“, die Ruine einer mittelalterlichen Burganlage als Wohnschloss des 19. Jahrhunderts herrichten lassen. Neben den „mittelalterlich“ eingerichteten Räumen - unter anderem mit Möbeln in der Tradition des 18. Jahrhunderts - wird als zusätzliche „Überblendung“ im Innenhof mit einer Pergola auch noch das Sehnsuchtsland Italien aufgerufen.
Berg und Ruine - Bacharach
Reiseziel und Motiv vieler Gemälde ist das Städtchen Bacharach. Seine Lage am Ausgang eines Seitentals des Rheins sowie die spätromanische Kirche und die Fachwerkhäuser stellen schon eine gewisse Dichte von „romantischen“ Momenten dar. Ihr Gipfelpunkt ist aber die gotische Ruine der Wernerkapelle auf einer Höhe über der Stadt. Hier überblenden sich düstere Seiten des Mittelalters und romantisches Vergänglichkeitsgefühl in landschaftlich reizvoller Lage.
Weinfass und Wacht - Rüdesheim
Rüdesheim ist bis heute von einem eher sachlichen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Ein anderes Bild der Stadt bietet die berühmte Drosselgasse. Hier wird den Touristinnen und Touristen von heute in konzentrierter bis kitschiger Form der „Erlebnisraum“ eines romantischen „Rheinstädtchens“ zwischen Fachwerk, Weinfass, Gamsbart und Bierseidel – falls man beim Besuch von Schloss Neuschwanstein vergessen hat sich einzudecken - geboten. Überragt wird Rüdesheim vom Niederwalddenkmal mit der Germania. An ihrem Fuß steht der Text der „Wacht am Rhein“, der deutlich macht, dass sich die deutsche Rheinromantik mit einem romantisch überhöhten Nationalismus und der Feindschaft gegenüber Frankreich verband.
Donnerstag, 25. August 2022
Romantik mit Goethe - Deutsches Romantik Museum und Goethe-Haus
Bisher gab es noch kein Museum, das sich der geistigen Bewegung der Romantik widmete, die im internationalen Bewusstsein eng mit Deutschland verbunden wird. Grundlage des neuen Museums in Frankfurt am Main bilden die einzigartigen Sammlungen des Freien Deutschen Hochstifts. Dabei soll das neue Haus mit dem benachbarten Goethe-Haus und -Museum am Großen Hirschgraben in einen Dialog treten, um so einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung und zur Reflexion europäischer Identität zu leisten.
Romantik und Rekonstruktion – Altstadt von Frankfurt
Die Rekonstruktion des Goethe-Hauses nach dessen fast vollständiger Zerstörung im Bombenkrieg stellte eine der umstrittensten Baumaßnahmen im Kultursektor der Nachkriegszeit dar. Das sich darin äußernde Bedürfnis der Wiedergewinnung von verlorener baulicher und ideeller Vergangenheit lässt sich durchaus mit dem Baugeschehen der Romantik und des Historismus in Beziehung setzen. Es weist aber auch spezifisch „modernistische“ Momente wie die Rolle eines solchen Ortes für Stadtimage und Tourismus auf. Ähnliches gilt ebenfalls für die Rekonstruktion eines sehr kleinen Teils der Frankfurter Altstadt. Auch hier ist das Prinzip der Überblendung von Vergangenheit und Gegenwart, von Romantik und Moderne, unübersehbar.
Weiterreise nach Bensberg (Ankunft ca. 19.30 Uhr) und Köln (Ankunft ca. 20.15 Uhr).
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.