Eine Buchempfehlung von Frank Stein

Buchempfehlung von Frank Stein

 

Ahasver
Stefan Heym
1981, Verlag C. Bertelsmann

Stefan Heym wurde 1913 als Helmut Flieg als Sohn einer jüdischen Familie in Chemnitz geboren. 1933 emigrierte er in die Tschechoslowakei und nahm den Namen Stefan Heym an. Später ging er in die USA und nahm als amerikanischer Staatsbürger am 2.Weltkrieg teil. Er ging in seine Heimat zurück, wo er fortan als freier Schriftsteller arbeitete. Immer in latentem und mitunter offenem Konflikt mit dem SED-Staat.

Stefan Heym war Autor wichtige Romane: „Collin“, „10 Tage im Juni“, „Der König-David-Bericht“ und die Autobiografie „Nachruf“ sind heute noch absolut lesenswert.

Ich möchte aber heute den Roman „Ahasver“ herausheben. Ein großes Lesevergnügen und gleichzeitig eine zeitlose Parabel über die Unzulänglichkeit des Menschen.

Stefan Heym adaptiert den Mythos des „Ewigen Juden“ Ahasver, der Jesus auf dem Kreuzweg die Rast verwehrt und deshalb verdammt ist, bis zum Ende der Tage auf der Erde zu wandeln. Bei Heyms „Ahasver“ ist aber nicht Mitleidlosigkeit Ursache für dieses Verhalten. Im Gegenteil: Ahasver liebt Jesus und fordert ihn auf, als Revolutionär das Los der Menschen zu bessern. Jesus weigert sich. Deshalb weist Ashaver ihn von der Pforte.

Und so wandelt er in dem kunstvoll verschachtelten Roman durch die Zeitläufe.

Im Reformationszeitalter erlebt er, wie die Reformation in ein feines Gerüst der staatlichen und kirchlichen Ordnung eingehegt wird. Protagonist ist hier der Theologe Paulus von Eitzen, ein recht beschränkter Tropf, der trotz – oder bei Licht betrachtet wegen – seiner Beschränktheit geistliche Karriere macht.

Eine weitere Ebene des Romans spielt in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in der DDR, wo Ahasver wieder auftaucht und mit aller Rabulistik der real-sozialistischen Doktrin seine Existenz bestritten wird, was er aber durchaus spektakulär widerlegt.

Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Lesen Sie den „Ahasver“, es lohnt sich!

Anlässlich der Frankfurter Buchmesse (20. bis 24. Oktober 2021) haben wir uns im Redaktionsteam über die Bücher ausgetauscht, die wir gerade lesen und/oder empfehlen können. Für uns ist Lesen eine der schönsten Beschäftigungen, auch – oder vor allem gerade – im digitalen Zeitalter. Die Lektüre eines Romans am Feierabend wirkt entschleunigend und entspannend.
Außerdem geben uns die Geschichten Einblick in das Leben anderer. Wir schauen über unseren Tellerrand, die Menschen fremder Länder, anderer sozialer Schichten oder divergierender Einstellungen kommen uns näher. Das entfaltet unser Verständnis füreinander.

Daraus ist die Idee entstanden, Personen, die mit der Akademie verbunden sind, nach einer Buchempfehlung für unseren Blog „Akademie in den Häusern“ zu fragen. Zusammengekommen sind 14 besondere Beiträge: Romane, Biografien und Kochbücher, Klassiker und neu erschienene Werke, die wir Ihnen bis zum 24. Oktober 2021 in unserem Blog vorstellen. Somit endet heute unsere kleine Reihe der Buchempfehlungen.

Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre.

Haben Sie ein Buch, das Sie gerne in unserem Blog empfehlen möchten? Schreiben Sie uns an:

24. Oktober 2021 || eine Buchempfehlung von Frank Stein, Bürgermeister der Stadt Bergisch Gladbach