Vincent van Gogh
Die National Gallery in London feiert ihr 200-jähriges Bestehen mit einer Jahrhundertausstellung
Im Jahre 1824 entschloss sich die englische Regierung zum Ankauf einer privaten Kunstsammlung, die in ein öffentliches Museum überführt werden sollte. Das war die Geburtsstunde der National Gallery in London. Durch Schenkungen vermehrt, zog sie bereits 1838 an ihren bis heute bestehenden Standort am Trafalgar Square. In den 200 Jahren ihres Bestehens ist die National Gallery zu einem der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt geworden, dass nicht nur über eine herausragende Sammlung verfügt, sondern durch zahlreiche Ausstellungen, die Art und Weise, wie über Kunst gedacht, wie sie präsentiert und ausgestellt wird, wesentlich mitgestaltet. Ihren runden Geburtstag feiert die National Gallery heuer durch eine große Ausstellung, die Vincent van Gogh würdigt. Verständlich, dass aus diesem Anlass Leihgeber aus aller Welt ihre Schätze nach London geschickt haben. Es dürfte daher nicht übertrieben sein, wenn das Museum davon spricht, dass es sich um eine Jahrhundertausstellung handele. Sie feiert gleichermaßen das Museum wie den Ausnahmekünstler Vincent van Gogh, der zu den bedeutendsten und einflussreichsten Künstlern der Kunstgeschichte gezählt wird. Obwohl er zu Lebzeiten kaum Anerkennung fand und in Armut lebte, hat er die Kunstwelt in den Jahren nach seinem Tod nachhaltig geprägt. Heute sind seine Werke nicht nur weltberühmt, sondern auch Symbole für Leidenschaft, Innovationskraft und eine unermüdliche Suche nach den Ausdrucksmöglichkeiten der Kunst.
Van Gogh wurde 1853 in Zundert, einem kleinen Dorf in den Niederlanden, geboren. Sein Leben war geprägt von intensiven Emotionen, inneren Kämpfen und einer tiefen Verbundenheit zur Natur und den einfachen Menschen. Obwohl er zunächst verschiedene Berufe erprobte, unter anderem wollte er Pfarrer werden und arbeitete zeitweise auch als Hilfsprediger, wandte er sich nicht zuletzt unter dem Einfluss seines Bruders Theo Anfang der 1880er Jahren der Malerei zu. Eine produktive Schaffenszeit setzte ein. Bis zu seinem Tod 1890, also in nur einem Jahrzehnt, schuf er über 2.100 Kunstwerke, darunter rund 860 Ölgemälde, die mit ihren berühmten Motiven von Sonnenblumen, Nachtszenen und den Interieurs, der von ihm bewohnten Räumen, zu den absoluten Ikonen seiner Malerei gehören. Seine im Lichte Südfrankreichs entwickelte, lebendige Farbpalette und die markanten Pinselstriche, die eine fast greifbare Textur erzeugen, machen van Goghs Stil unverwechselbar. Seine Bilder transportieren nicht nur das Gesehene, sondern auch die tief empfundenen Emotionen des Künstlers. Er malte das, was er fühlte, und nicht nur das, was er sah. Seine Emotionen müssen überbordend gewesen sein, die Ausdruckskraft seiner Malerei ein Ventil, das aber nicht ausreichente, den Überdruck, unter dem er stand, entweichen zu lassen. Nach Aufenthalten in Nervenheilanstalten; nach einer Selbstverstümmelung (er schnitt sich ins Ohr), starb er schließlich am 28. Juli 1890 in Auvers-sur-Oise an den Folgen einer Schussverletzung, von der bis heute nicht klar ist, ob er sie sich selbst beibrachte oder ob auf ihn geschossen wurde.
Sein Werk hat ihn überlebt und erhöht. Geradezu zeitlos und universell zählen seine Bilder heute nicht nur zu den beliebtesten und am häufigsten, bis zum Kitsch, reproduzierten Motiven der abendländischen Kunstgeschichte überhaupt, sie zeugen in ihrer Aktualität auch davon, welche Faszination sie auf die Künstler seiner Generation ausübten. Van Goghs unermüdliches Streben nach künstlerischer Wahrhaftigkeit machen ihn zu einer der faszinierendsten Persönlichkeiten der Kunstgeschichte. Davon kann man sich ab dem 14. September 2024 in London überzeugen.
Die Ausstellung wird auch im Rahmen der Ferienakademie „Kunstmetropole London“ besucht, die darüber hinaus ein breites Programm an Museen und Künstlerhäusern in London, gerade auch jene abseits der mitunter überlaufenen Pfade, bietet. Informationen finden sie hier.
Bildnachweis:
Evening landscape at moonrise
© GoldenArtists, CC BY-SA 4.0
14. September 2024 || ein Beitrag von Daniel Leis, Kunsthistoriker und Historiker
21. bis 26. November 2024 (Do.-Di.)
Kunstmetropole London
Museen, Sammlungen, Künstlerhäuser
Ferienakademie | Flugreise