Exil und Verfolgung in Amsterdam
Eine literarische Spurensuche
Auch Amsterdam, diese seit Jahrhunderten wegen ihrer Toleranz gerühmte Stadt, war keine sichere Zuflucht für viele Verfolgte des Naziregimes. Die dunklen Jahre zwischen 1933 und 1945 fanden ihren Niederschlag in literarischen Texten. Das berühmteste Beispiel ist sicher das Tagebuch der Anne Frank, wenn auch hier die literarische Qualität nicht im Vordergrund steht. Um Literatur drehte sich auch alles beim Querido-Verlag in der Keizersgracht. Er bot deutschsprachigen Literaturschaffenden im Exil eine der wenigen Publikationsmöglichkeiten. Literarische Spaziergänge folgen den Spuren Klaus Manns, Joseph Roths und anderer Exilautoren und -autorinnen. Aber auch niederländische Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die wider das Vergessen und für die Freiheit des Denkens schrieben, werden zu Wort kommen. Der Besuch des neuen Nationaal Holocaustmuseums und des eindrucksvollen Holocaust-Denkmals von Daniel Libeskind runden diese Reise ab.
Ihr/e Reiseleiter/in
Mittwoch, 16. Oktober 2024
Joods Cultureel Kwartier
Busreise von Bensberg (7.30 Uhr) und Köln (8.15 Uhr) nach Amsterdam zum Hotel NH Amsterdam Noord****.
Die Entdeckung der Stadt beginnt am Amsterdamer Hauptbahnhof, der seit 1889 einen prachtvollen Rahmen für Ankunft und Abreise bietet. In der Zeit der deutschen Besatzung wurde er auch zu einem Ort der Deportation. Das Grand Café im historischen Ambiente, wo Harry Mulisch einen seiner Protagonisten ein klärendes Gespräch führen lässt, ist ein stilvoller Ort für eine kleine Pause. Anschließend geht es zum Joods Cultureel Kwartier. Vom Denkmal für Baruch de Spinoza am Waterlooplein führt der Weg zunächst zur 1671 errichteten Portugiesischen Synagoge. Gleich gegenüber befindet sich das aschkenasische Gebäudeensemble mit Großer Synagoge, in dem heute das Jüdische Museum eingerichtet ist. Im kleinen Wertheimpark vermögen die absichtlich zerbrochenen Spiegel des Auschwitz-Monumentes von Jan Wolkers (1925-2007), der als Bildhauer und Schriftsteller bekannt wurde, den Himmel nicht ungetrübt zu reflektieren.
Donnerstag, 17. Oktober 2024
Glamour und Elend
Bei einer Führung im 1921 eröffneten Tuschinski-Theater im Art déco-Stil taucht man in die Welt des Varietés und Kabaretts ein, die sich auch in den 1930er Jahren großer Beliebtheit erfreute. Erika Manns legendäres Kabarettensemble „Pfeffermühle“ durfte aber nur bis 1936 in Amsterdam auftreten, da es in den Augen der niederländischen Obrigkeit zu politisch war. Auch Max Beckmann genoss den Glamour des Tuschinski während seines Exils und ließ sich hier zu einem Gemälde inspirieren. Ein Spaziergang folgt den Spuren Joseph Roths zum Café Scheltema, wo eine Plakette an den österreichischen Schriftsteller erinnert.
Der Weg zu seinem Logis im Hotel Eden, damals wie heute im Rotlichtviertel gelegen, führt am ehemaligen Sitz des Verlages Allert de Lange vorbei.
Am Nachmittag steht ein Besuch des im März 2024 eröffneten Nationaal Holocaustmuseums sowie der benachbarten Gedenkstätte Hollandsche Schouwburg auf dem Programm. In dem ehemaligen Theater am Rande des Judenviertels befand sich während der Besatzungszeit ein Sammellager zur Deportation. Nur Kinder konnten unter großer Gefahr gerettet werden, wenn sie illegal aus dem provisorischen Tageskindergarten weggebracht wurden. Auch davon erzählt Clara Asscher-Pinkhof in ihrem Buch „Sternkinder“. Ein Spaziergang führt anschließend zum 2021 eingeweihten Holocaust Namenmonument von Daniel Libeskind.
Freitag, 18. Oktober 2024
Anne Frank, Klaus Mann und Grete Weil
Am Vormittag geht es, vorbei am Geburtshaus des berühmten Schriftstellers Multatuli, zum Anne-Frank-Haus an der Prinsengracht. Ganz in der Nähe hatte ab 1634 René Descartes gewohnt, der damals die Toleranz der Stadt zu schätzen wusste. Ein Spaziergang entlang der malerischen Grachten führt u.a. zum ehemaligen Sitz des Exilverlages Querido an der Keizersgracht. Der niederländische Verleger Emanuel Querido, der 1943 in Sobibor starb, bot verfemten Literaturschaffenden oft die einzige Publikationsmöglichkeit, womit er Fritz H. Landshoff ermöglichte, ein überlebenswichtiges Netzwerk für in Deutschland verbotene Autorinnen und Autoren zu knüpfen. Klaus Mann wohnte in Amsterdam unter verschiedenen Adressen zwischen dem imposanten Concertgebouw und dem Vondelpark, wenn er nicht gerade als Netzwerker der Emigration unterwegs war.
In der Beethovenstraat markiert seit 2022 ein Stolperstein im Straßenpflaster die Wohnung der Photographin und Schriftstellerin Grete Weil, die mit ihrem ergreifenden Roman „Tramhalte Beethovenstraat“ auch ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet. Hier muss die Literatur ihre Kraft erweisen, wenn sie den Abtransport der Juden von eben dieser Haltestelle aus in die Vernichtungslager beschreibt und der Erinnerung daran Dauer verleiht.
Samstag, 19. Oktober 2024
Spinoza-Haus Rijnsburg
Die Rückreise ins Rheinland wird in Rijnsburg unterbrochen. Dort hat sich das Wohnhaus erhalten, das der Philosoph Baruch de Spinoza zeitweise bewohnte. Spinoza machte eine zweifache Exilerfahrung: Er kam 1631 in Amsterdam als Sohn sephardischer Juden zur Welt, die vor Verfolgung aus Portugal geflohen waren. Er selber wurde wiederum als junger Mann wegen seiner unorthodoxen Ansichten von der jüdischen Gemeinde der Stadt verwiesen und kam nach Rijnsburg, wo er mit dem Schleifen von Linsen sein Leben fristete.
Am Nachmittag Weiterreise nach Köln (Ankunft ca. 18.00 Uhr) und Bensberg (Ankunft ca. 18.45 Uhr).
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.