„…und dann kam Corona…“ – Pilgern in einer belastenden Zeit
Die Corona-Pandemie ist für die Pilgerbewegung eine einzige Zumutung! Seitdem das Virus Europa erobert hat, sind die Pilgerzahlen auf dem Jakobusweg dramatisch eingebrochen, und das im Heiligen Jahres 2020! An welchen Covid-Langzeitfolgen der verlassene Camino leiden wird, lässt sich heute noch nicht absehen.
Von Jugend an bin ich der Pilgerbewegung verbunden. Seit zehn Jahren engagiere ich mich in der St. Jakobusbruderschaft Trier e.V. als ihr Spiritual. Mit Blick auf meine Erfahrungen 2020/21 kann ich behaupten, dass Corona trotz allem die Lust am Pilgern nicht verdorben hat, im Gegenteil! Die Pandemie hat auch kreative Ideen, neue Formate und überraschende Kooperationen hervorgebracht. (Von diesen detailliert zu berichten, würden den Umfang meines Beitrags sprengen.)
Pilger, denen Lock-down oder geschlossene Grenzen den Weg durch Frankreich und Spanien verwehrt haben, haben das regionale Pilgern für sich entdeckt. Allein durch das Bistum Trier verlaufen vier Routen des Camino. Um diese Art des Pilgerns zu unterstützen und am Zielort Trier zu belohnen, haben wir eine eigene Pilgerurkunde entworfen. Wer sie erhalten will, muss die gleichen Voraussetzungen wie in Santiago erfüllt haben: Als Fußpilger mindestens 100 km laufen! In 2020 hat unser Pilgerbüro in Trier 627 Urkunden ausgestellt und mit meiner Unterschrift überreicht. Mit einigen konnte ich mich unterhalten, sie nach ihren Motiven befragen und an ihren Erlebnissen teilhaben. Einige haben bei mir um Beherbergung gebeten. An manches abendliche Gespräch kann ich gut erinnern. Unvergessen ist mir ein Pilger, der im vergangenen Juli von Köln kommend die Flutkatastrophe unmittelbar erlebt hat und mit ihren Folgen konfrontiert war. Sein Bericht ist mir tief in Erinnerung geblieben.
In Erwartung richte ich meinen Blick auf meine nächste Pilgerreise. Denn wenn Corona es erlaubt, werde ich am Ostermontag nach Nordspanien reisen, um am Ende meiner beruflichen Tätigkeit auf dem Camino Francés zu pilgern. Ich bin gespannt, was ich auf meinem Emmausweg von Astorga nach Santiago erleben werde und wovon ich danach erzählen kann.
4. Januar 2022 || ein Beitrag von Msgr. Prof. Dr. Martin Lörsch, Theologe, Priester, Spiritual der St. Jakobusbruderschaft Trier e.V.
Professor am Lehrstuhl für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät Trier (seit 2010), Berater der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz (seit 2012); seit 2006 Domvikar, seit 2018 Domkapitular