Auf ein Wort mit… Peter Füssenich

Peter Füssenich ist seit 2016 Dombaumeister am Kölner Dom und leitet seitdem die Kölner Dombauhütte. Den Dom der Nachwelt zu erhalten ist die zentrale Aufgabe der Kölner Dombauhütte und dies mit knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Eine Aufgabe für Generationen.

Lieber Herr Füssenich, der Begriff der Dombauhütte klingt für heutige Ohren etwas befremdlich, wenn man daran denkt, dass sich dort heute ein Wirtschaftsbetrieb mit zahlreichen Handwerkern und Wissenschaftlern verbirgt. Wie hat man sich die Arbeit vorzustellen? Nur wenn ein großes Gerüst am Dom umgesetzt wird, macht die Arbeit in der Presse Schlagzeilen.

Die Kölner Dombauhütte ist mit ihren rund 100 Mitarbeitenden eine der größten Bauhütten in Europa und gewährleistet die Erhaltung des Domes. Eine Besonderheit der Dombauhütte ist gewiss die enge Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Wissenschaft.
Handwerkerinnen und Handwerker aus vielen Gewerken, Steinmetzen, Steinrestauratoren, Gerüstbauer, Glasmaler, Kunstglaser und Glasrestauratoren, Metallbauer, Schreiner, Dachdecker, Zimmerleute, Elektriker und andere mehr arbeiten täglich Hand in Hand zur Erhaltung des Domes in den Werkstätten und auf verschiedensten Baustellen. Den anstehenden Restaurierungsarbeiten gehen aufwendige Planungen und Untersuchungen voraus, in welche die in der Dombauhütte arbeitenden Ingenieure und Wissenschaftler sowie externe Fachleute eingebunden sind. Ohne die seit dem Mittelalter gebräuchlichen handwerklichen Fähigkeiten und den Einsatz modernster Technik und Forschung wäre die Erhaltung eines solchen Generationenprojektes kaum denkbar. Wichtig ist uns auch der europäische Gedanke und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen über die Staatsgrenzen hinweg: wir pflegen Kontakte zu anderen Bauhütten in ganz Europa.

Als Außenstehender hat man den Eindruck, dass am Dom immer gebaut wird. Ihre Vorgängerin Barbara Schock-Werner hat einmal gesagt, dass man sich Sorgen machen müsse, wenn am Dom nicht mehr gebaut würde. Die Arbeit am Kölner Dom ist sozusagen eine Lebensaufgabe bzw. eine Tätigkeit, die über das eigene Leben hinausgeht. Also ist dies kein Arbeitsplatz wie jeder andere?

Als Mitarbeitende der Dombauhütte werden wir von vielen Menschen um unseren Arbeitsplatz beneidet: wir dürfen alle an einer Kathedrale, Weltkulturerbestätte, Generationenprojekt und gleichzeitig dem Wahrzeichen unserer Stadt arbeiten. Das ist für viele von uns eine Herzensangelegenheit, aber auch für die Kölnerinnen und Kölner sowie Dombegeisterte aus der ganzen Welt. Deshalb nimmt man auch so großen Anteil an unserer Arbeit. Am Tag der Offenen Türe in der Dombauhütte besuchen uns bis zu 4.000 Menschen und lassen sich von unserer Arbeit begeistern.
Wir sind uns alle des Privilegs bewusst, an einem Gotteshaus zu arbeiten, das sinnbildlich für unser Leben steht: Solange wir können, wird die Arbeit weitergehen und wenn wir es nicht mehr können werden andere unseren Platz einnehmen und an dem großen Werk weiterarbeiten.
So steht der Dom symbolisch dafür, was Menschen miteinander schaffen können, wenn sie über ihren eigenen Horizont hinausdenken und die kommenden Generationen nicht aus dem Auge verlieren. Ein Symbol, das sich auf viele Menschheitsprojekte wie z. B. die Bekämpfung des Klimawandels übertragen lässt.

Für die Instandhaltung des Domes sind natürlich enorme Finanzmittel notwendig. Wie finanzieren sich die Dombauhütte, wie die zahlreichen Bauprojekte im und am Dom?

Für die Instandhaltung des Domes werden pro Jahr zwischen 7,5 und 8 Millionen Euro benötigt. Den größten Anteil, nämlich etwa 60 Prozent der Gesamtkosten trägt der Zentral-Dombau-Verein (www.zdv.de), der derzeit etwa 17.800 Mitglieder hat. Ohne den Verein wären wir zugegebenermaßen ziemlich verloren. Wir freuen uns von Herzen, wenn Menschen unsere Arbeit unterstützen und den Dom für die Zukunft erhalten wollen, deshalb dürften es ruhig noch ein paar mehr Mitglieder werden. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, hätte der ZDV mindestens so viele Mitglieder wie der FC Köln.
Ich möchte aber auch voller Dank erwähnen, dass der Dom darüber hinaus von der Denkmalförderung des Landes NRW, dem Erzbistum Köln und der Stadt Köln, der Kulturstiftung Kölner Dom sowie von vielen einzelne Stiftern unterstützt wird. Jeder Cent kommt dem Dom zugute und hilft, ihn für die nächste Generation zu bewahren.

In besonderer Weise geht es bei Ihrer Arbeit auch um Instandhaltung und Renovierung, um den Schutz des Bauwerks vor Verwitterung durch Wind, Regen und Schadstoffe in der Luft. Als Architekt haben Sie sicher auch einen Gestaltungswillen. Auf welche Weise können Sie an der Gestalt bzw. Gestaltung des Domes weiterarbeiten?

Als Architekt und Denkmalpfleger habe ich eine dienende Funktion dem Dom gegenüber. Wir setzen in erster Linie die Prioritäten der Restaurierungsmaßnahmen für den Dom: das wichtigste muss zuerst gemacht werden. Erst die Pflicht, dann die Kür. Bei einzelnen Projekten gibt es aber auch Gestaltungsmöglichkeiten. Der Dom ist damit auch in künstlerischer Hinsicht ein Generationenprojekt: jede Generation fügt ihm etwas hinzu und damit bleibt er ein ganz lebendiges Bauwerk. Über zu wenige kreative Aufgaben kann ich mich gewiss nicht beklagen.

Wenn Geld keine Rolle spielen würde: Welchen Wunsch hätten Sie für den Kölner Dom?

Da fällt mir zunächst ein, dass wir dringend Geld für die Renovierung und den Neubau unserer Werkstätten benötigen, denn das Wichtigste ist, dass die Dombauhütte für ihre Aufgaben auch in Zukunft gut aufgestellt ist. Die Mittel hierfür sind immer zu knapp bemessen.
Und wenn ich unbescheiden sein darf: der Orgelprospekt der Schwalbennestorgel würde ein neues, angemesseneres Kleid benötigen. Die Gestaltung des Prospektes war damals, 1998 ein Kompromiss. Heute würde man als Architekt, Denkmalpfleger oder Künstler einen anderen, kompromissloseren und mutigeren Weg verfolgen. Man darf ja mal träumen …

Lieber Herr Füssenich, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Das Interview führte Andreas Würbel, Akademiereferent.

Einmal im Monat erscheint „Auf ein Wort mit…“ und stellt interessante und engagierte Personen vor, mit denen die Akademie auf unterschiedliche Weise verbunden ist. Gesprochen wird über Gott und die Welt, über Kunst und Kultur, über Aktuelles aus Gesellschaft und Kirche ….

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Köln, Dombaumeister Peter Füssenich
© Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Mira Unkelbach

6. Juni 2021 || ein Gespräch mit Peter Füssenich, Architekt, Denkmalpfleger und seit Anfang 2016 Dombaumeister in Köln

Peter Füssenich ist Dombaumeister am Kölner Dom. Ein Interview.