Für eine moderne Debattenkultur in der Kirche. 10 Thesen von Prof. Erich Garhammer
Während vor dem II. Vatikanum Entscheidungen des Lehramts mehr oder weniger hingenommen und akzeptiert wurden, ist danach in der Theologie eine breite Diskussionskultur zu vielen – auch geschichtlich überkommenen – Entscheidungen entstanden. Die Debatte blieb aber weitgehend innerkirchlich oder innerhalb der Theologie. Dies hat sich jedoch heute noch einmal grundlegend verändert. Alles wird diskutiert, alles wird hinterfragt und muss sich auf dem Platz der Argumente behaupten.
Dazu hat Prof. em. Dr. Erich Garhammer, von 2000 bis 2017 Inhaber des Lehrstuhls für Pastoraltheologie an der Universität Würzburg, im Münsteraner Forum für Theologie und Kirche einen Beitrag mit 10 Thesen veröffentlicht. Seine Hauptthema dabei ist, dass es heute keine Möglichkeit mehr gibt, mit dem Argument der Macht Entscheidungen herbeizuführen, sondern es bedarf einer Macht der Argumente. „Kirche muss in einer Optionsgesellschaft so argumentieren können, dass sie sich wählbar macht. Nicht aus Zeitgeistgründen, sondern aus Relevanzgründen.“
Auf dieser Perspektive heraus ist es unabdingbar notwendig, dass sich das Lehramt der Erkenntnisse der Theologie bediene und nicht die Theologie lenken wolle. Er bedient sich dabei einer Analogie zu einem Zitat Immanuel Kants, der Aufklärung als „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ definiert hat. Diese These muss nach Meinung Garhammers heute kirchlich weitergeschrieben werden: „Aufklärung ist Ausgang aus der kirchlich verschuldeten Unmündigkeit“, so seine These. Denn wenn das kirchliche Lehramt sich die Erkenntnisse der Theologie nicht zunutze mache, bleibe es „selbstverschuldet uninformiert“. Der Versuch von Kirchenleitungen, auf Gehorsam zu setzen, wird immer weniger von den Gläubigen akzeptiert. Kirche müsse mit Unterstützung der Theologie wieder lernen, durch Argumente und nicht durch Macht zu lenken und überzeugen.
Sein Plädoyer für eine offene Debattenkultur finden Sie hier.
Bild: unsplash.com, gemeinfrei
25. April 2021 || ein Beitrag von Andreas Würbel, Akademiereferent