Im Zirkus der Sonne: Erinnerungen an Robert Lax
Heute vor 20 Jahren, am 26. September 2000, starb der amerikanische Dichter Robert Lax in Olean, New York – dem Ort, an dem er fast 85 Jahre früher geboren worden war. Die räumliche Nähe von Todes- und Geburtsort mag auf ein ereignisarmes Leben schließen lassen. Und tatsächlich hat Lax einige Jahrzehnte zurückgezogen und asketisch auf griechischen Inseln gelebt, zunächst auf Kalymnos, später auf Patmos. Hier schrieb er seine minimalistischen Gedichte, tat aber ansonsten wenig, um seine litarische Karriere zu fördern. Ein Film aus dem Jahr 1999 gibt einen Eindruck von der Lebensweise des betagten Dichters. Erst wenige Wochen vor seinem Tod kehrte Lax an seinen Geburtsort zurück.
Größere Bekanntheit erlangte Robert Lax als Jugendfreund des berühmten Trappistenmönchs und Mystikers Thomas Merton. In den 1930er Jahren studierten die beiden gemeinsam an der Columbia University in New York. Einige Begebenheiten aus dieser Zeit hat Merton in seiner Autobiographie „Der Berg der sieben Stufen“ festgehalten. Besonders eindrücklich schildert Merton darin ein Gespräch, in dem ihn Lax fragt, wie er nun nach seiner gerade erfolgten Konversion zum Katholizisimus zu leben gedenke. Als Merton etwas unschlüssig antwortet, er wolle einfach ein guter Katholik sein, unterbricht ihn sein Freund und erklärt: „Du solltest sagen, dass du ein Heiliger sein willst“. Darauf Merton: „Wie bitte meinst du, dass ich ein Heiliger werden kann?“. „Indem du es willst“, antwortet Lax. „Alles, was nötig ist, um ein Heiliger zu sein, ist der Wunsch, einer zu sein. Alles, was man tun muss, ist es zu wollen.“ Diese Aussage seines Freundes hat Merton sehr beeindruckt und wohl seinen weiteren Weg geprägt.
Fünf Jahre nach diesem Gespräch konvertierte dann auch Lax, der weiterhin mit Granden der Gegenkultur wie Jack Kerouac, Allen Ginsberg und Bob Dylan verkehrte, zum Katholizismus. Aber anders als Merton entschied sich Lax nicht für das monastische Leben, sondern wanderte umher, lehrte an verschiedenen Hochschulen, schrieb unter anderem für The New Yorker und Time Magazine und arbeitete als Drehbuchautor in Hollywood. Im Sommer 1949 zog Lax mit einem Zirkus durch den Westen Kanadas und trat als Clown auf. Die Erfahrungen dieses Sommers hielt Lax in einem seiner Hauptwerke, dem Gedicht The Circus of the Sun, fest. In dem Werk, dessen Titel auf den Sonnengesang des Franz von Assisi anspielt, stellt Lax in zahlreichen Verweisen auf biblische Themen den Zirkus als Analogie der göttlichen Schöpfung dar.
Lax setzte sein bewegtes Leben fort, half seinem Freund Ed Rice bei der Gründung des katholischen Magazins Jubilee, zog nach Paris und gab sein eigenes kleines Literaturmagazin Pax heraus. Im Jahr 1962 besuchte Lax erstmals Griechenland, wo er fast vier Jahrzehnte als Eremit leben sollte, um – wie er sagte – „an einem Ort zu sein, wo die Gnade fließen kann.“
Diese eigentümliche Verbindung des Verrückten mit dem Kontemplativen stellt Max-Josef Schuster in seinem 2019 erschienen Lax-Porträt im theologischen Feuilleton feinschwarz.net heraus, mit dessen Lektüre man den Dichter und Eremiten Robert Lax anlässlich seines 20. Todestages neu entdecken kann.
Hinweis
Auf der Internetseite des Bayerischen Rundfunks findet sich eine kleine Reihe interessanter Radiobeiträge zu und über Robert Lax.
Bild
Deanna J auf Unsplash, gemeinfrei
26. September 2020 || von Dr. Matthias Lehnert, Akademiereferent