Alles was Recht ist-Theorien der Gerechtigkeit
© Raffael, Public domain, via Wikimedia Commons

Alles was Recht ist

Theorien der Gerechtigkeit in der Philosophiegeschichte

In unserer Alltagssprache verwenden wir Begriffe wie „Recht“ und „Gerechtigkeit“ vor allem in sozialen Kontexten, wenn wir etwa sagen: „Man muss diesen Menschen Recht verschaffen“, oder „das vorgeschlagene Rentenprogramm ist ungerecht“. Diese Redeweise ist das Ergebnis einer über zweitausend Jahre alten Denktradition, von deren Anfängen an die Begriffe des Rechts (gr. δίκη; lat. ius) und der Gerechtigkeit (gr. δικαιοσύνη; lat. iustitia) nicht etwa nur auf das soziale Miteinander der Menschen und deren individuelles und politisches Handeln angewandt werden. Sie werden vielmehr im Horizont eines geordneten Weltganzen reflektiert: ‚Gerecht‘, frei und glücklich ist, wer sich in diese kosmische Ordnung einfügt.

Auf der Tagung werden die wichtigsten Stationen dieser Denktradition in den Blick genommen, angefangen bei den antiken Wurzeln, hier vor allem die Vorsokratiker, Platon und Aristoteles, über Augustinus und Boethius als Vertreter der (christlichen) Spätantike, weiter zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gelehrten wie Thomas von Aquin, Aegidius Romanus und Thomas Hobbes, bis hin zu gegenwärtigen Philosophen wie John Rawls.

Wir laden Sie herzlich nach Bensberg ein!

Samstag, 11. Februar 2023

14.00 Uhr
Staat, Recht und Gerechtigkeit:
Historischer Überblick und antike Grundlagen
Philosophen, wie die sog. Vorsokratiker oder Platon, analysieren die Dinge der Wirklichkeit als aus Teilen zusammengesetzter Ganzheiten. Selbst wenn unter diesen Philosophen keine Einigkeit darüber besteht, aus was für Teilen die Dinge denn bestehen (etwa aus unterschiedlichen Elementen wie Feuer, Wasser, Luft und Erde?), so herrscht doch Einvernehmen darüber, dass das innere „Mischungsverhältnis“ der Teile eines Ganzen dafür ausschlaggebend ist, ob ein Ding Bestand hat oder zugrunde geht. So müssen sowohl Naturdinge wie die Sonne, als auch Menschen und Staaten als zusammengesetzte Ganzheiten verhindern, dass sie durch ein inneres Ungleichgewicht ihrer Teile aufgelöst werden – sie müssen maßhalten, d. h. einem kosmischen Maßstab genügen: dem Recht (gr. δίκη).

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

15.45 Uhr
Staat oder Räuberbande?
Spätantike Staatstheorien
Wie werden antike Konzepte von Gerechtigkeit „staatstragend“? Diese Frage ist insbesondere vor dem realpolitischen Hintergrund – dem Niedergang des Römischen Reiches – interessant, weil spätantike Denker ein Auseinanderfallen der tradierten philosophisch-staatstheoretischen Ansprüche und ihrer Lebenswirklichkeit beobachten: Eine unüberschaubar-anonyme und zunehmend fragile staatliche Ordnung vermag dem Leben des Einzelnen keinen sinnvollen Rahmen mehr zu geben. Diese Diskrepanz deuten sie auch unter Bezug auf die religiös fundierten Zukunfts- und Heilsvorstellungen und tragen so zu einer Transformation des Staatskonzepts bei.

18.00 Uhr
Abendessen

19.00 Uhr
Freiheit und Gerechtigkeit
Boethius‘ Trostschrift
Was ist Gerechtigkeit? Die im Verlauf des Tages erworbenen Kenntnisse der antiken philosophischen Grundlagen überführen die Referenten in einem interaktiven Format in ein Gespräch, bei dem auch die personifizierte Philosophie selbst zu Wort kommen soll.

21.15 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Sonntag, 12. Februar 2023

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes in der Edith-Stein-Kapelle

 9.30 Uhr
Spätantike und Mittelalter
Staat, Recht und Gerechtigkeit
Aus dem spätantiken Fokus wird eine Brücke ins Mittelalter geschlagen: Hier werden die antiken Konzepte von Recht und Gerechtigkeit aufgegriffen vor allem mit Blick auf das Verhältnis zwischen dem zeitlosen, göttlichen Gesetz und der weltlichen Gesetzgebung, sowie auf die Frage nach legitimer Herrschaft. Welche Rolle kommt der Kirche als der berufenen Interpretin der göttlichen Gerechtigkeit für die Legitimation politischer Herrschaft zu?

11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.15 Uhr
Vom Mittelalter in die Neuzeit
Aegidius, Dankte, Machiavelli, Hobbes
Neuzeitliche Denker betrachten den Staat vor allem von seinen Entstehungsbedingungen her: Wie kommt es, dass sich Menschen überhaupt zu staatlichen Gemeinschaften zusammenschließen? Welches Ziel verfolgt die Staatsbildung? Welche Voraussetzungen machen sie notwendig und in welchem Verhältnis steht der Herrscher zu seinem Volk? Woran bemisst sich die „Qualität“ einer staatlichen Ordnung, wenn die überpositive, überzeitliche göttliche Gerechtigkeit nicht mehr ohne weiteres als selbstverständlicher gemeinsamer Bezugsrahmen in Anspruch genommen werden kann?

Auf dem Weg in die Gegenwart
John Rawls (1921-2002), einer der maßgeblichen Gerechtigkeitstheoretiker unserer Zeit, beantwortet die Frage danach, was eigentlich als Gegenstand des Attributs „gerecht“ in Frage kommt, im Rückgriff auf frühneuzeitliche Naturzustandstheorien.

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende der Akademietagung

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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