Der Mensch ist frei geboren_Seminar mit Armin Wildfeuer in Bensberg
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„Der Mensch ist frei geboren …“

Freiheitsdimensionen und ihre Gefährdungen

„Der Mensch ist frei geboren, und liegt doch überall in Ketten“, so lautet der Einleitungssatz des ersten Kapitels der 1762 erschienenen Schrift „Vom Gesellschaftsvertrag“ von Jean-Jacques Rousseau (1712-1778). Diese für einen Aufklärungsphilosophen sicherlich ernüchternde Erkenntnis hat an ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Denn der Satz führt ins Zentrum der Freiheitsproblematik: Zum einen ist Freiheit eine anthropologische Auszeichnung. Sie hebt den Menschen aus dem Kontinuum der Natur heraus und begründet seine Sonderstellung. Sie ist für sein Selbstverständnis und sein Handeln konstitutiv sowie neben der Würdeauszeichnung nach John Locke (1632-1704) die grundlegendste politische Gleichheitsbedingung aller Menschen.

Zum anderen ist Freiheit permanent und vielfältig gefährdet: Der Mensch lebt gesellschaftlich und politisch gesehen in zahlreichen vielfach als Zwang erfahrenen Bindungen. Die Ketten können dabei nicht nur äußerer, sozialer und politischer, sondern auch innerer, psychischer, selbst neuronaler Natur sein. Es mag daher Situationen geben, die uns daran zweifeln lassen, dass Freiheit mehr ist als eine bloße Illusion und der Freiheitsanspruch mehr als nur eine vergebliche Hoffnung.

Wir alle kennen solche Zweifel und suchen nach Gewissheiten. Das Seminar beschäftigt sich daher historisch wie systematisch mit dem Freiheitsbegriff sowie den unterschiedlichen Dimensionen und Gefährdungen von Freiheit mit dem Ziel, das Freiheitsverständnis auf ein plausibles argumentatives Fundament zu stellen.

Wir laden Sie herzlich nach Bensberg ein!

Ihr/e Referent/in und Tagungsleitung

Freitag, 4. November 2022

ab 14.00 Uhr
Ankommen bei Kaffee und Tee

15.00 Uhr
Freiheitsdimensionen und -konzeptionen — ein Überblick
Freiheit ist ein schwer zu definierender, da in verschiedenen Verwendungskontexten (Ethik, Handlungstheorie, Politik, Recht, Humanwissenschaften) unterschiedlich konnotierter Begriff. Er ist auch auch von (geistes-) geschichtlich variierenden metaphysisch-anthropologischen Hintergrundannahmen abhängig, folglich auch semantisch mehrdimensional.

16.30 Uhr
Von der äußeren zur inneren Freiheit — Geschichte der Freiheitsvorstellungen
Das Freiheitsverständnis verändert sich von der Antike über das Mittelalter bis zur Neuzeit signifikant. Erst seit dem spätmittelalterlichen Nominalismus und Voluntarismus wird im Vorfeld der Neuzeit die Vorstellung einer fundamental inneren Willensfreiheit des Subjekts zum Thema. Der heutige Freiheitsbegriff hat sich vor allem im Zeitalter der Aufklärung entwickelt. Je nach Freiheitsvorstellung ändert sich auch das vermutete Freiheitsgefährdungspotential.

18.00 Uhr
Abendessen

19.00 Uhr
Das metaphysische Urproblem: Freiheit oder Determination?
Zur Bewältigung der Spannung zwischen Freiheit und Determination begegnen sich zwei Strategien: Entweder wird der Konflikt als unlösbar betrachtet und die Unvereinbarkeit von Freiheit und Notwendigkeit behauptet (sog. Unvereinbarkeitsthese), oder die Spannung wird als bloß scheinbar und oberflächlich eingeschätzt, so dass Freiheit und Notwendigkeit grundsätzlich als miteinander vereinbar gedacht werden können (sog. Vereinbarkeitsthese). Beide Thesen nehmen — wenngleich aus unterschiedlicher Perspektive — ein Bedingungsverhältnis von Freiheit und Verantwortlichkeit an.

21.15 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

Samstag, 5. November 2022

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

 9.00 Uhr
Das moralische Freiheitsproblem: Autonomie oder Heteronomie?
Sittliches Handeln kommt nur unter der Voraussetzung des Bestehens von Willens- und Entscheidungsfreiheit zustande. Diese ist nicht als grundlose, mithin beliebige Willkürfreiheit zu verstehen. Der klassische Philosoph der Autonomie, Immanuel Kant (1724-1804), versteht Autonomie in der Ethik als die Bestimmung des sittlichen Willens allein durch die Vernunft.

10.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

10.45 Uhr
Das politische Freiheitsproblem: Freiheit als Menschenrecht und als Prinzip der konstitutionellen Gesellschaftsordnung
Die Freiheit des Bürgers ist der Unfreiheit des Sklaven entgegengesetzt. Nach Immanuel Kant ist die Unabhängigkeit des Menschen von der Willkür anderer das erste aller Menschenrechte. Grundrechte sind garantierte Freiheiten. Demokratien verstehen die Rechts- und Staatsordnung als System vernünftiger Ordnung der Freiheit. Dennoch: politische Freiheiten sind auch heute vielfach gefährdet, wenngleich auch subtiler als früher.

13.00 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Ende des Philosophischen Seminars

Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.

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