Moralisten, Salonlöwen, Intellektuelle
Französische Literatur im 19. Jahrhundert
Revolution der Staatsform, Revolution der gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen Bourgeoisie und Arbeiterschaft, Revolution in Industrie und Gewerbe, Revolution vor allem auch in den schönen Künsten – Frankreich war im 19. Jahrhundert in vielerlei Hinsicht Avantgarde unter den europäischen Ländern.
Die französischen Literaten sahen sich im 19. Jahrhundert angesichts der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen fortwährend vor die Frage gestellt: L‘art pour l‘art oder politisches Engagement? Welche und wie viel Autonomie für die Literatur? Auf diese Fragen fanden die literarischen Strömungen wie Romantik, Symbolismus, Fin de siècle und Belle Epoque mit ihren bekannten oder weniger bekannten Autoren wie Charles Baudelaire, Villiers de l‘Isle-Adam oder dem seinerzeit gefeierten Maurice Maeterlinck jeweils eigene Antworten in Sprache und formaler Gestalt – oder es kam durch Autoren wie Jules Verne zu einer ganz eigenständigen Ausarbeitung der Themen der Zeit.
Frankreich war auch für seine Nachbarn Sehnsuchtsland und Vorbild: So lebte Heinrich Heine über viele Jahre in Paris, wo er über den sinnfälligen Kontrast der freiheitsliebenden Franzosen zu den – aus seiner Sicht – allzu braven Deutschen schrieb.
Herzlich laden wir Sie ein, Frankreichs Literaten des 19. Jahrhunderts kennenzulernen – und dabei auch diejenigen Stimmen zu hören, die der französischen Gesellschaft in einer Ambivalenz von Bewunderung und Distanz ihren Spiegel vorhielten.
Samstag, 25. Mai 2019
14.00 Uhr
Begrüßung und Einführung
Von den Blumen des Bösen
Charles Baudelaires Gedichtsammlung Les Fleurs du Mal
Das dichterische Hauptwerk Baudelaires handelt vom Großstadtmenschen und seiner mit Widerwillen, Unlust und Verdruss verbundenen Entfremdung gegenüber dem Dasein. Vortrag und gemeinsame Besprechung ausgewählter Gedichte führen in eine der berühmtesten (und berüchtigsten) Gedichtsammlungen der Weltliteratur ein, die zugleich einen Ausgangspunkt der Literatur der Moderne darstellt.
Dr. Thomas Amos,
Dozent für Literaturwissenschaften, Romanist und Germanist, Goethe-Universität Frankfurt/Main
15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause
15.45 Uhr
„Eine Reihe harmloser Märchen“?
Heinrich Heines Erzählungen aus Paris
In seinem Sammelband „Salon III“ (1837) hat Heine florentinische Novellen und nordische Sagen untergebracht. Dabei handle es sich nur um „eine Reihe harmloser Märchen“. Tatsächlich aber sind diese Geschichten eminent politisch, was vor allem seine Darstellung der Pariserinnen bei den Bällen und in den Straßen im Kontrast zu den ‚züchtigen‘ deutschen Hausfrauen zeigt.
Prof. em. Dr. Rudolf Drux,
Institut für deutsche Sprache und Literatur I, Universität zu Köln
18.00 Uhr Abendessen
19.00 Uhr
Faszination der Grausamkeit
Villiers de l‘Isle-Adam und Edgar Allan Poe
Ausgehend von Edgar Allan Poe begründet der französische Autor Villiers de L‘Isle-Adam in den 1880er Jahren die narrative (Klein-)Form des conte cruel; das sind meist kürzere Erzählungen, die mit der provokativen Thematisierung physischer wie auch psychischer Grausamkeit präzise den dekadenten Zeitgeschmack treffen.
Dr. Thomas Amos, Frankfurt/Main
21.15 Uhr
Ende des Veranstaltungstages
Sonntag, 26. Mai 2019
Frühstück für Übernachtungsgäste ab 7.00 Uhr
8.00 Uhr
Gelegenheit zur Mitfeier der Eucharistie in der Edith-Stein-Kapelle
9.30 Uhr
Die Apokalypse in der Literatur des Fin de siècle
Les Aveugles von Maurice Maeterlinck
Am Beispiel eines der innovativsten Dramen der Zeit, des Einakters Les Aveugles (1891) von Maurice Maeterlinck, wird dargelegt, wie sich die um die vorletzte Jahrhundertwende herrschende Endzeitstimmung mit künstlerischen Reflexionen, d. h. mit dem Entwurf eines Neuen Theaters verbindet und dabei insbesondere existenzielle Fragestellungen zur Sprache kommen.
Dr. Thomas Amos, Frankfurt/Main
11.00 Uhr
Kaffee- und Teepause
11.30 Uhr
Faszination Technik/Alptraum Fortschritt
Jules Verne und die Technik
Jules Verne gilt gemeinhin als Befürworter der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts rasant voranschreitenden Technik und des damit verbundenen Fortschrittsoptimismus. Zwei Beispiele aus dem Frühwerk zeigen, welche Gefahren Verne blindem Technikglauben beimisst, das sind: die von der Verne-Forschung marginalisierte Novelle Une fantaisie du Docteur Ox (1872) und der (posthum 1994 veröffentlichte) dystopische Roman Paris au XXe siècle.
Dr. Thomas Amos, Frankfurt/Main
13.00 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Ende der Veranstaltung
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.