Die neue Sensibilität
Aufarbeitungs-, Bekenntnis- und Frauenliteratur in den 1970er Jahren
Die vielschichtigen und ambivalenten Entwicklungen in Gesellschaft und Politik der 1970er Jahre lassen sich vor allem an den zeitgenössischen literarischen Werken nachvollziehen, die jene analysieren und dramatisieren, kommentieren und kritisieren. Denn in ihnen werden die nachhaltigen Veränderungen des politischen Klimas in Ost- und West-Deutschland ebenso verarbeitet wie die des sozialen und kulturellen Lebens der östlichen und westlichen Welt insgesamt, die neuen Koalitionen in der deutschen Politik und die gesellschaftlichen Aufbrüche ebenso wie die gegenläufigen Tendenzen: der „Radikalenerlass“, der „Deutsche Herbst“ oder die von Teilen der Presse betriebene „Sympathisantenhatz“ gegen prominente Autorinnen und Autoren.
Diese und viele weitere Entwicklungen werden eingehend in den Werken der Autorinnen und Autoren verarbeitet, die sich bereits in vorherigen Jahren und Jahrzehnten einen Ruf erworben hatten, wie u. a. Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Max Frisch, Günter Grass, Siegfried Lenz oder Christa Wolf. Aber natürlich kommen auch neue Stimmen zu Wort, die in den 1970ern debütierten und mit ihren Erzählungen und Romanen, ihren Dramen und Gedichten literarische und sozialpolitische Diskussionen auslösten und bereicherten, wie Rolf Dieter Brinkmann, Peter Handke, Ulrich Plenzdorf, Peter Schneider, Botho Strauß, Karin Struck und viele andere.
Ihr/e Referent/in und Tagungsleitung
Begrüßung und Einführung
Ein zeit- und kulturhistorischer Überblick
Im Mittelpunkt steht zunächst ein zeitgeschichtlicher Rückblick auf die kulturellen und literarischen Entwicklungen in den 1970er Jahren. Dabei finden Trends und Tendenzen in Bildender Kunst, Film und (Pop-)Musik ebenso Berücksichtigung wie Generationenkonflikte, die durch die Vergangenheitsbewältigung entstehen, oder die Verhältnisse von Männern und Frauen in Zeiten der Emanzipation.
Kaffee- und Teepause
Auf- und Ausbrüche
Literatur in den 1960er Jahre
Am Übergang von den 1960 zu den 1970er Jahren spielt in Ost- wie Westdeutschland die literarische Auseinandersetzung mit den politischen und ökonomischen Verhältnissen eine ebenso große Rolle wie mit den sozialen und kulturellen Situationen des jeweiligen Landes. Zu traditionellen Erzählweisen kommen innovative Formen und aktuelle Themen hinzu, die von einem sich verändernden Bewusstsein zeugen (u. a. bei Uwe Johnson, Ulrich Plenzdorf, Peter Schneider, Uwe Timm), welches auch in zeit- und vergangenheitskritischen Bühnenstücken zur Darstellung gebracht wird (u. a. bei Rolf Hochhuth oder Peter Weiss).
Abendessen
Zwischen Alltagslyrik und „Neuer Subjektivität“
Lyrik am Abend
Der Abend ist dem gemeinsamen Gespräch über Gedichte vorbehalten. Ausgewählte („Alltags“-)Gedichte von Rolf Dieter Brinkmann, Friederike Roth, Jürgen Theobaldy u. a., die in den 1970er Jahren für teils kontroverse Diskussionen gesorgt haben, sollen ebenso besprochen werden wie einige der „Neuen Subjektivität“ zugezählten Texte von Jürgen Becker, Sarah Kirsch, Christoph Meckel u. a., die sich jedoch nicht nur um das eigene Selbst drehen, sondern auch prinzipielle Probleme in mehr oder weniger poetische Verse fassen.
Gelegenheit zur Mitfeier der Eucharistie in der Edith-Stein-Kapelle
Wege zu sich selbst ...
... und (seltener) zu anderen
Eine ganze Reihe von Autorinnen und Autoren setzt sich in ihren Werken mit der eigenen Person – oft in der Gestalt eines literarischen Alter Egos – auseinander, wobei die eigene Individualität weitaus größere Beachtung findet als die der jeweiligen fiktiven Pendants – seien sie männlichen oder weiblichen Geschlechts. Als Exponenten dieser häufig mit dem Etikett „Neue Innerlichkeit“ oder „Neue Subjektivität“ versehenen Tendenz gelten etwa Thomas Bernhard, Peter Handke, Botho Strauß u. a. Hinzu kommen Werke mit ähnlichen Intentionen, aber alternativen „Erzählmodellen“ und teils ungewöhnlichen Schreibkonzeptionen (verfasst durch Gert Jonke, Gerhard Roth, Barbara Frischmuth u. a.).
Kaffee- und Teepause
Frauenliteratur und ihre Vertreterinnen
Die sich seit den 1970er Jahre einbürgernde Bezeichnung „Frauenliteratur“ für ein bestimmtes Genre stößt auf Ablehnung ebenso wie auf Zustimmung: Der Blick gilt deshalb zuerst den bekanntesten Büchern und ihren Verfasserinnen (u. a. Ingeborg Bachmann, Karin Struck, Gabriele Wohmann). Thematisiert wird nicht nur der „Geschlechterkampf“ und die Fragen der Selbstbestimmung der Frauen, sondern gesucht wird auch nach einer angemessenen Sprache für ein sich veränderndes weibliches Rollenbild (u. a. bei Elfriede Jelinek, Brigitte Schweiger, Verena Stefan) und für reale wie literarische Vorbilder (etwa bei Christa Wolf u. a.).
Änderungen im Programmverlauf und in der Organisation bleiben vorbehalten.