Raubkunst, Provenienzforschung und Restitution
Hochaktuell ist der junge Wissenschaftsbereich Provenienzforschung und sehr komplex. Die Forschung an sich bezieht sich zunächst auf die Recherche der Besitzverhältnisse – im besten Fall vom Künstleratelier bis zum heutigen Aufbewahrungsort. Nicht selten ist eine lückenlose Nachverfolgung nur schwer oder gar gänzlich unmöglich, umso beeindruckender also, wenn es doch gelingt. Und warum ist das so wichtig? In Deutschland ist es besonders das Thema der Raubkunst, das diese neue Wissenschaft unumgänglich macht. Unter Raubkunst ist dabei der „verfolgungsbedingte Verlust“ eines Werkes zu verstehen, und dabei gehören zu den Betroffenen vor allem jüdische Familien. Schon gleich nach Ende des ersten Weltkrieges wurde das Thema der Restitution erst genommen. Er waren während des Krieges zahlreiche Depots entstanden, in denen unzählige Kunstwerke eingelagert wurden. Direkte Rekonstruktionen der Eigentumsverhältnisse waren zu diesem frühen Zeitpunkt keine Seltenheit. Was aber ist mit den Objekten, die kompliziertere Wege – nicht selten ins Ausland – genommen haben? Dieser sich oft als Suche der berühmten Nadel im Heuhaufen entpuppende Prozess ist seit der Washingtoner Erklärung 1998 freiwillige Selbstverpflichtung der Museen und Kunsthandlungen. Hier nahm man während der Washington Conference on Holocaust-Era Assets in Washington D.C. die Aufgabe an, Raubkunstwerke zu identifizieren und eine Lösung mit den Erben herbeizuführen.
Auch wenn die während des NS-Regimes entwendete Kunst einen besonderen Schwerpunkt bildet, ist damit nicht das Ende der Arbeit erreicht. Der Bericht über die Restitution afrikanischer Kulturgüter 2018 von Wissenschaftler Felwine Sarr und Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron stieß die Restitution von Objekten, die dem afrikanischen Kulturerbe zugeordnet werden können, aus französischen Sammlungen an.
Hinter den vielen Tausend Kunstobjekten stehen die Schicksale vieler Tausend Menschen. Und das macht Provenienzforschung so wichtig.
25. bis 26. Mai 2024 (Sa.-So.)
Wem gehört die Kunst?
Raubkunst, Provenienzforschung und Kunsthandel
Akademietagung mit einem starken Referentinnenteam
Die Veranstaltung musste bedauerlicherweise abgesagt werden.
Referentinnen:
Dr. Barbara Haubold
Mathilde Heitmann-Taillefer
Dr. Agnieszka Lulinska
Dr. Britta Olényi von Husen
Tagungsleitung:
© T. van Doesburg, gemeinfrei, via Wikimedia Commons
© Otto Müller, via Wikimedia Commons
13. April 2024 || ein Beitrag von Akademiereferentin Judith Graefe
Bild: Otto Mueller: Zwei weibliche Halbakte 1919, Sammlung Ismar Littmann, Breslau; 1935 beschlagnahmt, 1999 restituiert