Mare, Terra e Cielo – die Küche Italiens
Wer Italien liebt, liebt auch die italienische Küche. Was ist für Sie das Besondere an der italienischen Küche?
Ihre Frische, Leichtigkeit und Bodenständigkeit. Die Herkunft aus den bäuerlichen Traditionen bleibt immer spürbar, die Küche „hebt nicht ab“ sondern veredelt im Idealfall einfache Grundmuster. Wenn die Teigware mit dem Mehl gemahlener Nüsse verfeinert ist, ein einfaches Reisgericht mit Kräutern und Pilzen – sprich Safran oder Trüffeln – zum delikaten Risotto wird, wenn Steinpilze fast als Grundnahrungsmittel gelten und Wild ganz selbstverständlich auf den Tisch kommt, dann nährt man sich vom Besten, was das Land zu bieten hat. Gleiches gilt natürlich für das Wasser. Seien es Fische aus den klaren Flüssen im Inneren des Landes, Aale und allerlei Krustentiere der Lagunen an der Adria oder auch die raren Schätze des Meeres wie Thun und Schwertfisch an den südlichen Küsten Siziliens. Auch hier wird nicht raffiniert experimentiert, sondern einfach und knapp gegart und gebraten, mit Öl und Gewürzen verfeinert und das pure Aroma beim Kochen in den Mittelpunkt gestellt.
Große Oper ist in Italien nicht die Küche, wohl aber kann es die Art sein, wie – von der Präsentation der Speisekarte bis zum abschließenden Grappa – des Essen in Spelunken, Trattorien und Ristoranti vom Padrone und Cameriere serviert wird. Mit einem Lächeln lässt man es sich gefallen …
Beim Essen geht es den Italienern nicht nur ums Sattwerden, vielmehr ist Essen für sie ein kommunikatives Erlebnis – ein Ausdruck von Lebensfreude. Schildern Sie doch einmal ein besonderes Erlebnis, dass Sie auf Ihren vielen Italien-Reisen bei einem Essen erlebt haben.
Während der Ferienakademien kann man da viel erleben, seltener in den Speisesälen der Hotels, öfter aber in den eigens ausgewählten Restaurants. Hier biegen sich die Tafeln unter einem Fischmenu von 14 Gängen (am Bolsenasee), dort ist ein bäuerliches Buffett in der Loggia eines Bauerngutes eingerichtet (in Piemont). Zögernd zuerst und dann immer selbstverständlicher wird zugegriffen und ausgerechnet die Schüssel mit Tartar ist zuerst leer … Immer etwas ganz Besonderes ist vor allem die kleine Trattoria in Venedig. Hier kann ich seit vielen Jahren bestellen, was mir in den Sinn kommt, selbst Trüffel und Hummer sind dann für eine ganze Gruppe möglich. Und die glänzenden Augen bei der frisch geschlagenen Zabaione lohnen die Mühe mit dem Schneebesen. Freilich sei nicht verschwiegen, dass die sich mehrenden Wünsche nach vegetarischen oder gar veganen Angeboten die Vorbereitung kulinarischer Erlebnisse nicht eben vereinfachen.
Ein Hauptmerkmal der italienischen Küche ist, dass die einzelnen Gerichte je nach Region, immer etwas Eigenes aufweisen. Die Gerichte bringen stets unterschiedliche Charakteristika mit sich, dass die Italienische Küche zu etwas Besonderem macht. Welche Region schätzen Sie nicht nur kulinarisch besonders?
Persönlich bin ich kein leidenschaftlicher Anhänger der Ölküche, wie gut auch das Olivenöl sein mag. Daher liebe ich besonders die Emilia Romagna, wo Butter und Sahne noch hoch im Kurs stehen. In Modena oder Bologna könnte ich mich dauerhaft niederlassen. Und dann natürlich die adriatische Welt mit all ihrem Angebot. Ein Spaziergang über den Fischmarkt am Rialto macht den Augen und dem Gaumen Freude. Was die Desserts angeht, so meide ich die manchmal zu starke Süße des Südens, etwa das sizilianische Marzipan, habe mir aber fest vorgenommen, mich irgendwann einmal durch die Vitrinen der Turiner Kaffeehäuser zu futtern …
Lieber Herr Dr. Thiel, herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Anne Pesch, Akademiereferentin.
Gemeinsam mit Dr. Andreas Thiel laden wir ein zum KulturDinner Mare, Terra e Cielo. Eine kunstgeschichtliche und kulinarische Reise durch Italien am 18. Februar 2022 (Fr.) in Bensberg.
Bei diesem KulturDinner erwarten Sie leichte Delikatessen von der Küste, Gerichte einer kräftigen italienischen Landküche und hausgemachter Dolci – samt den passenden Getränken. Sie erleben bei diesem KulturDinner die genussreiche Vielfalt Italiens. Der Kunsthistoriker und Italien-Liebhaber Dr. Andreas Thiel liest für Sie und betrachtet gemeinsam mit Ihnen Bilder Italiens.
30. November 2021 || ein Beitrag von Dr. Andreas Thiel, Kunsthistoriker und Archäologe