Ohrfeige in Anagni
Selten geht es in der Geschichte der Kirche um Demut und Genügsamkeit – die Zeit des mittelalterlichen Papsttums stellte einen Höhepunkt ihrer weltlichen und geistlichen Macht dar. Dem ab 1294 amtierenden Papst Bonifazius VIII. war sehr daran gelegen sein Ansehen auszubauen und zu vergrößern. Dem für 1300 ausgerufenen „Heiligen Jahr“, welches besonderen Sündenablass und der Kirche glänzende Einnahmen durch Pilger nach Rom versprach, folgte die Bulle „Unam sanctam“, in welcher die Macht des Kirchenfürsten über alle weltlichen Amtsträger festgeschrieben wurde – ein Anspruch der die Welt der Könige und Kaiser zum Beben brachte.
Für Frankreichs selbstbewussten König Philipp IV: eine freche Provokation und auch die in Rom einflussreiche Familie Colonna sah sich in ihrem Einfluss bedroht. Ein gemeinsamer Feind macht ungeahnte Freunde. Als nun Papst Bonifazius 1303 seine Geburtsstadt Anagni besuchte, drangen bewaffnete Männer in seinen Palast ein, misshandelten und verhöhnten ihn und hielten ihn für zwei Tage dort gefangen. Obwohl er von den Bürgern der Stadt befreit wurde, verstarb er an den Folgen etwa einen Monat später in Rom.
Infolge der deutlichen Demütigung verlor das Papsttum einen großen Teil seiner weltlichen Macht, geriet in Abhängigkeit zum französischen Thron und wurde sogar zeitweise von Rom nach Avignon, welches klar unter dem Einfluss Frankreichs stand, verlegt.
Ob die legendäre Ohrfeige in Anagni wirklich ausgeführt wurde oder nur ein Übersetzungsfehler in der Geschichte ist, bleibt geheimnisvoll ungeklärt. Ihr Mythos lädt dazu ein, in die opulente Geschichte von Verrat, Loyalität, Machthunger und Arroganz einzutauchen und dabei den (vermeintlichen) Originalschauplatz der Kathedrale von Anagni mit ihren eindrucksvollen Malereien zu bewundern.
Dies können Sie im Rahmen der Ferienakademie „Roma splendida – Roma sotteranea“ vom 20. bis 24. März 2024 unter Leitung von Matthias Kopp und Sandra Gilles mit eigenen Augen erleben, kurz vor dem nächsten Heiligen Jahr 2025.
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20. Dezember 2023 || ein Beitrag von Judith Uebing, Akademiereferentin Forum :PGR
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Roma splendida – Roma sotteranea
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