Ist der 1. Mai ein ganz normaler Feiertag?
Im ersten Moment werden viele wahrscheinlich antworten, ja es ist ein normaler Feiertag. Ich selber kann mich mit dieser Auffassung nur bedingt anfreunden. Für mich ist es ein wichtiger staatlicher Feiertag. Der Tag der Arbeit ist sogar ein internationaler Feiertag, der uns an die Errungenschaften der Arbeiterbewegung zu erinnert und auffordert die Rechte der Arbeitnehmer zu würdigen. Er hebt die Bedeutung von Arbeit und sozialer Gerechtigkeit hervor. Er wird in vielen Ländern weltweit am 1. Mai begangen und hat eine lange Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Um den Tag der Arbeit wirklich zu verstehen, ist es wichtig, sich die vielen Facetten, die mit diesem Tag verbunden sind kurz genauer anzuschauen:
1. Würdigung der Arbeitnehmer*innen
Der Tag der Arbeit ist eine Gelegenheit, die wichtige Rolle der Arbeitnehmer*innen in der Gesellschaft anzuerkennen und ihre Beiträge zur Wirtschaft und zum sozialen Gefüge zu würdigen. Arbeitnehmer*innen sind das Rückgrat der Wirtschaft und tragen durch ihre Arbeit zum Wohlstand und zur Entwicklung einer Gesellschaft bei.
2. Feier der Arbeiterbewegung
Der Tag der Arbeit hat seine Wurzeln in der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts, die sich für die Rechte der Arbeitnehmer*innen, bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne einsetzte. Er erinnert an die historischen Kämpfe und Opfer der Arbeiterbewegung für grundlegende Arbeitsrechte wie den Achtstundentag, den bezahlten Urlaub und den Schutz vor Ausbeutung.
3. Förderung der sozialen Gerechtigkeit
Der Tag der Arbeit ist auch ein Appell zur Förderung von sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit für alle Menschen. Er erinnert daran, dass Arbeit ein grundlegendes Menschenrecht ist und dass jeder das Recht auf würdige Arbeitsbedingungen, gerechte Entlohnung und soziale Absicherung haben sollte. Gerechter Lohn ist auch ein wichtiges Thema der christlichen Soziallehre. Ein angemessener Lohn ist ein wichtiger Bestandteil bei der Bekämpfung von Armut. Armut beeinflusst das Leben in vielen Bereichen und hat weitreichende Folgen für die Betroffenen. Armut, Menschenwürde und Bildung sind u.a. eng miteinander verbunden. Armut ist nicht nur ein Mangel an materiellen Ressourcen, sondern auch ein Verlust von Würde und Möglichkeiten. Menschen in Armut leiden oft unter Ausgrenzung, Diskriminierung und dem Fehlen grundlegender Rechte und Chancen. Die Wahrung der Menschenwürde erfordert daher, dass Armut bekämpft wird und dass alle Menschen Zugang zu den Ressourcen und Möglichkeiten haben, die sie brauchen, um ein würdevolles Leben zu führen. In der Erklärung „Dignitas infinita – unendliche Würde“ wird dies sehr deutlich herausgearbeitet. Dort wird u.a. „Eine der Phänomene, das in hohem Maße dazu beiträgt, die Würde so vieler Menschen zu verleugnen, ist die extreme Armut, die mit der ungleichen Verteilung von Reichtum zusammenhängt.“ aufgeführt.
4. Solidarität und Einheit
Der Tag der Arbeit fördert die Solidarität und Einheit unter den Arbeitnehmer*innen und stärkt ihr Bewusstsein für ihre gemeinsamen Interessen und Ziele. Er erinnert daran, dass die Arbeitnehmer durch gemeinsame Anstrengungen und kollektive Aktionen positive Veränderungen in der Gesellschaft bewirken können. Daher findet an diesem Tag auch oft große Kundgebungen, auf denen auf aktuelle Themen eingegangen wird, und Familienfeste statt.
5. Reflexion und Engagement
Der Tag der Arbeit lädt auch zur Reflexion über die aktuellen Herausforderungen und Ungerechtigkeiten in Bezug auf Arbeit und Beschäftigung ein. Er ermutigt dazu, sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit und die Förderung von menschenwürdiger Arbeit einzusetzen.
Daher ist der 1. Mai ein wichtiger Feiertag und eine Gelegenheit, die Bedeutung von Arbeit, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität zu reflektieren und sich für die Rechte und Würde der Arbeitnehmer einzusetzen. Er erinnert daran, dass die Arbeitnehmer*innen eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft spielen und dass ihre Rechte und Interessen geschützt und gefördert werden müssen, um eine gerechtere und menschenwürdigere Welt für alle zu schaffen.
Bildnachweis: Christin Hume auf Unsplash
1. Mai 2024 || ein Beitrag von Michael Inden, Diözesanpräses KAB Diözesanverband Köln