Amedeo Modigliani – Porträtist der Pariser Bohème
Er lebte schnell und starb zu früh. Schön war er, verwegen und todkrank. Eine exzessiv lebende Außenseiterfigur, hoch begabt und von geradezu pittoresker Armut. Er wurde als elegant, belesen und eloquent beschrieben, mit unwiderstehlicher Wirkung auf Frauen. Ein »homme fatale«.
Amedeo Modigliani, 1884 in Livorno geboren, kommt Anfang 1906 nach Paris, wo er bald schon Aufnahme in die dortigen internationalen Künstlerkreise findet. Er trifft Pablo Picasso, Georges Braque und Ludwig Meidner, traf Kees van Dongen, Otto Freundlich und Maurice Utrillo. Sie alle gehören zur Pariser Bohème, in der sich eine unglaubliche Dichte von Talenten aufmachte, um neue Ausdrucksmittel für eine neue Zeit zu suchen.
Sie treffen sich in den Cafés, Bars und Restaurants auf dem Montmartre und im Montparnasse. Hier hat Modigliani gefeiert und bis zum Umfallen getrunken. Unter den Maler- und Bildhauerfreunden, den Säufern und Opiumessern, den Schriftstellern und Poeten, den Geliebten und Abgewiesenen, Galeristen und Sammlern, Spielern und Hasardeuren findet er seine Modelle und malt einzigartige Porträts, die wirken wie Zeugen aus einer anderen Zeit.
Denn der Blick ihrer oft blinden Augen birgt den Ausdruck stiller Melancholie und tiefer Trauer angesichts der Schützengräben des Ersten Weltkrieges, die sich, ausgehoben von den Mächten einer sich wandelnden Epoche, mit dem Leiden ganz Europas und der Welt füllten.
In Paris findet der besessene Figurenmaler, „der mit den Mandelaugen“, der „Maler menschlicher Stillleben“ mit Jeanne Hébuterne aber auch die große Liebe seines kurzen Lebens, das am 24. Januar 1920 endet. Mit nur 35 Jahren stirbt Amedeo Modigliani an einer Hirnhautentzündung, ausgelöst durch einen Tuberkulose-Erreger.
Den tragischen Schlussakkord ihrer Liebe setzt jedoch Jeanne. Einen Tag nach Amedeos Beisetzung wird sie sich, hochschwanger und völlig verzweifelt über Modiglianis Tod, aus dem fünften Stock ihres Elternhauses zu Tode stürzen.
Was bleibt sind Modiglianis einzigartigen, unverwechselbaren Bilder. Sie sind nicht modisch aktuell und stellen keine Fragen an den Zeitgeist, sondern entziehen sich, werden zeitlos. Er stellt uns Freunde, Künstler und einfache Menschen vor, die ihn faszinierten und mit all ihren Gefühlen, Haltungen, Sichtweisen und Gedanken sein alleiniges Thema wurden. Und diese nie endende Faszination für den Anderen, das Gegenüber, macht Modiglianis Bildnisse, macht seine Kunst so besonders.
19. Oktober 2023 (Do.)
Zwischen Besessenheit und Melancholie
Die geheimnisvolle Malerei des Amedeo Modigliani
AkademiePlus | Online-Abend von 19.30 bis 21.00 Uhr
Olaf Mextorf macht an diesem Abend bekannt mit Amedeo Modigliani. Er folgt dem Künstler auf seinen Streifzügen durch Paris. Dabei lernt man einen geradezu besessenen Porträtisten kennen, der die Bohème der Metropole in einzigartigen Bildnissen verewigte und darüber hinaus die vielleicht faszinierendsten Aktdarstellungen der Moderne schuf.
26. September 2023 || ein Beitrag von Olaf Mextorf, Kunsthistoriker