Erinnerung an Edith Stein
Am 9. August 1942, heute vor 80 Jahren, wird Edith Stein im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet.
Edith Stein, eine Philosophin, eine ungewöhnliche Frau, eine großartige Frau, eine Jüdin, eine Christin, eine der bedeutendsten Frauengestalten des 20. Jahrhunderts, eine Rednerin, eine Ordensfrau, eine Karmelitin, eine Frauenrechtlerin, eine Wahrheitssuchende, eine Glaubenszeugin, eine Märtyrerin, eine Heilige.
Edith Stein hat viele Titel erhalten; abhängig von der Perspektive, aus der wir sie kennenlernen, beschreiben wir sie und betonen unterschiedliche Eigenschaften und Abschnitte in ihrem Leben.
Edith Stein war das jüngste Kind ihrer Eltern und wurde am 12.Oktober 1891 in Breslau geboren. Sie hatte 10 Geschwister. Ihr Vater starb, als sie ein Jahr alt war. Ihre Mutter ermöglichte allen Kindern eine gute Ausbildung; Edith Stein legte 1911 ihr Abitur ab und begann ein Lehramtsstudium. Sie belegte die Fächer Geschichte, Germanistik, Philosophie und Psychologie. Nach Staatsexamen und Promotion mit Auszeichnung arbeitete Edith Stein bis 1918 in Freiburg bei Edmund Husserl versuchte viermal vergeblich zur Habilitation zugelassen zu werden. Sie scheiterte, weil sie eine Frau war; die Zeit war noch nicht reif für die Professur einer Frau. Sie ging danach zurück nach Breslau. Am Ende des 2. Weltkriegs erlebte Edith Stein persönlich einen Zusammenbruch und gleichzeitig das „Einströmen der Wirklichkeit Gottes“, wie sie es später nannte.
1921 las Edith Stein zufällig die Autobiographie von Teresa von Avila, Karmelitin und Mystikerin, und sagte: „Das ist die Wahrheit“. Aus Rücksicht gegenüber ihrer Mutter, die die Konversion ihrer Tochter tief erschütterte, und auf Anraten und Vermittlung ihres geistlichen Begleiters Joseph Schwind trat Edith Stein nach der Taufe am 1. Januar 1922 nicht in einen Orden ein, sondern ging nach Speyer, wo sie von 1923 – 1931 als Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Philosophie bei den Dominikanerinnen von St. Magdalena arbeitete. Von 1927 – 1933 wirkte sie zudem in der Erzabtei in Beuron und im Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik Münster, wo sie Vorträge hielt und lehrte.
Ende April 1933, der Druck des Naziregimes wuchs, gab Edith Stein ihre Stelle am Institut auf und trat im Oktober mit 42 Jahren in den Karmel „Maria vom Frieden“ in Köln ein. Sie nahm ein halbes Jahr später den Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce OCD oder Teresia Benedicta vom Kreuz an. Ende 1938 ging sie nach Echt in den Niederlanden, um den Nazis zu entkommen. Doch 1940 folgten Besetzung und 1942 Massendeportationen; am 2. August 1942 wurden Edith und ihre Schwerster Rosa Stein von der Gestapo verhaftet, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort vermutlich am 9. August 1942 in der Gaskammer ermordet.
Edith Stein wurde von Papst Johannes Paul II. am 1. Mai 1987 selig – und am 11. Oktober 1998 heiliggesprochen.
Es gibt Bücher von und über Edith Stein und ich spüre, dass ich ihr und ihrem Lebenswerk nicht durch einen kurzen Text im Blog der Thomas-Morus-Akademie gerecht werden kann. Es berührt mich, wie intensiv sie in ihrem Leben den für sie richtigen Weg gesucht hat. Als Lehrerin und Wissenschaftlerin hat sie sich dabei einen Namen gemacht. Als Schwester und Freundin war sie da, wenn sie gebraucht wurde. In den vielen Texten, die von ihr überliefert sind, gefällt mir ein kurzer Satz besonders.
„Der Nächste ist nicht der, den ich mag. Er ist ein jeder, der mir nahe kommt – ohne Ausnahme.“
So finde ich meinen Zugang zu Edith Stein. Edith Stein ist für mich eine sensible, aufrechte, aufmerksame, sichtbare Frau, die mich ermutigt, das auch zu sein.
Die Edith-Stein-Kapelle im Kardinal Schulte Haus
Leid, Erlösung und der Wunsch nach Erkenntnis sind die Themen, unter denen Architektur und Ausstattung der 1987 erbauten Kapelle im Kardinal Schulte Haus mit Edith Stein verknüpft sind. Das Triptychon im Vorraum zeigt Szenen aus dem kontemplativen und aktiven Leben der Heiligen bis zu ihrer Ermordung. Auf den Portalflügeln und in den Tambourfenstern sind ihre wichtigsten geistlichen und philosophischen Lehrer dargestellt.
Die Thomas-Morus-Akademie lädt regelmäßig zu Gottesdiensten, Konzerten, Gebeten und Andachten in der Edith Stein Kapelle ein.
9. August 2022 || ein Beitrag von Karin Dierkes, Referentin für Theologie und Philosophie