XIV. FORUM OSTWEST: Jüdisches Leben in Deutschland
XIV. FORUM OSTWEST
Das FORUM OSTWEST des Kulturamtes des Rheinisch-Bergischen Kreises ist ein Traditionsformat, das bereits seit 1992 regelmäßig, meist in einem Abstand von zwei Jahren, veranstaltet wird. Im Fokus der Reihe stehen immer die Begegnung und der Dialog zwischen den Kulturen in Ost und West. Ziel ist es hier, Grenzen zwischen Ost und West zu überwinden, Brücken zu bauen und sich zu begegnen. War das Format in früheren Jahren speziell auf die Verständigung mit Polen ausgerichtet, werden mittlerweile alle osteuropäischen Länder und Kulturen sowie gesellschaftliche Themen in den Blick genommen.
Dieses Jahr steht das FORUM OSTWEST unter einem ganz besonderen Thema: 2021 wird bundesweit „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gefeiert und es war schnell klar, dass das Kulturamt an dieser Thematik arbeiten möchte. Während der Annäherung an das Thema hat sich darüber hinaus herauskristallisiert, dass dieses Thema hervorragend in die etablierte Reihe passt. Frühzeitig hat eine Vernetzung mit den Kooperationspartnern stattgefunden, allen voran mit dem Katholischen Bildungswerk des Rheinisch-Bergischen Kreises, das Mitveranstalter und Mitinitiator des FORUMs ist.
Als wir uns mit dem Judentum als Kultur und Religion beschäftigt haben, wurde sehr schnell deutlich, dass es kaum möglich ist, seriös von „dem“ Judentum zu sprechen. Dafür ist das Thema viel zu vielfältig und facettenreich. Die verschiedenen Strömungen des Judentums galt es in einer Programmplanung genauso zu betrachten wie die inneren und äußeren Diskurse sowie die mannigfaltigen Vorurteile und Klischees. Dem nähern wir uns nun im Rahmen der Reihe mit regionalen, lokalen und überregionalen Themenschwerpunkten an. Nach und nach ist ein vielfältiges Kulturprogramm entstanden.
WARUM OST-WEST?
Bei der Betrachtung der deutschen-jüdischen Geschichte kommt man nicht umhin, auch auf die ostjüdische Kultur zu blicken, die spätestens seit dem 19. Jahrhundert durch große Migra-tionsbewegungen, ausgelöst durch Pogrome in Russland und Polen, Teil deutsch-jüdischen Lebens ist.
In Deutschland diente die Rezeption des „Ostjudentums“ im 19. und 20. Jahrhundert als Gegenfolie westlicher Wert- und Ordnungsvorstellungen. Als Verkörperung des „Fremden“ wurde die Figur des „Ostjuden“ dazu benutzt, sich der eigenen kulturellen oder nationalen Identität zu versichern. Kunst, Literatur und Wissenschaft machten den „Ostjuden“ zum Antipoden von Kultur und Zivilisation.
Zugleich wurde das „Ostjudentum“ Projektionsfläche für die Sehnsucht nach einem freien und naturverbundenen Leben jenseits bürgerlicher Zwänge und den Verwerfungen der modernen Industriegesellschaft. Sowohl das Stigma des Wilden und Primitiven wie auch die romantische Verklärung wirken bis heute untergründig fort.
Seit Beginn der 1990er Jahre beleben Juden aus der ehemaligen Sowjetunion die bundesre-publikanische Gesellschaft erneut und machen somit einen großen Teil des „jüdischen Lebens“ in Deutschland aus.
Auch diesem Spannungsfeld nähern wir uns im Rahmen der Reihe an. Im bundesweiten Jubi-läumsjahr 2021 soll nicht nur der teils problematischen Rezeptionsgeschichte der (ost-)jüdischen Kultur in Deutschland Rechnung getragen werden, wir wollen auch einen Blick auf das „Heute“ und die lebendige Vielfalt jüdischen Lebens und Deutschland werfen. Diesen besonderen Fokus fanden wir reizvoll.
Die Veranstaltungen
Herzstück des diesjährigen FORUMs ist das sogenannte „DiskussionsFORUM“, das bereits am 18. Mai mit einem Vortrag zur Vielfalt im Judentum von Dr. Uri Kaufmann (Leiter der Alten Synagoge in Essen) eröffnet wurde. Gemeinsam mit vielen Expertinnen und Experten gehen wir hier der Kultur- und Migrationsgeschichte des Judentums in Vergangenheit und Gegenwart nach. Mit dabei sind überdies auch die Leiterinnen der Gedenkstätten in Bonn (Astrid Mehmel) und Wuppertal (Dr. Ulrike Schrader) sowie weitere ausgewiesene Expertinnen und Experten auf dem Gebiet Judentum und „Osteuropa“ (Prof. Yvonne Kleinmann, Universität Halle). Weitere Vorträge zur Kultur- und Migrationsgeschichte zeigen, dass sich (deutsche) Geschichte auch über Migrationsgeschichte erzählen lässt (Prof. Verena Dohrn, Georg-August-Universität Göttingen und Dr. Ludger Heid, Historiker). Darüber hinaus gibt es im Rahmen dieser Reihe Spezialvorträge zur Situation studierender Juden (Dr. Thomas Becker, Universität Bonn) im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Ein Vortrag zu Stereotypien, Klischees und Antijudaismen (Bild vom „ewigen Juden“ – Dr. Lea Weik, Braunschweigischen Landesmuseum) rundet die Vortragsreihe ab. Aber auch die Lokalgeschichte kommt mit einem Beitrag von Achim Rieks zu „Jüdischen Biographien in Schildgen“ nicht zu kurz.
Die Vortragsreihe wird begleitet von einem vielfältigen Kulturprogramm: Wir laden herzlich zu einer biographischen Ausstellung in Schildgen, einer Kunstausstellung im Kunstmuseum Villa Zanders, einem Themenrundgang in Zündorf, einer dreiteiligen Filmreihe in St. Engelbert in Rommerscheid, einer Lesung mit der Autorin und Schauspielerin Marina Frenk, zu Puppentheater des Puppenpavillons (Der Golem) sowie einer spannenden Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern des Judentums und aus dem christlich-jüdischen Dialog ein.
Erklärtes Ziel des FORUMS ist es, 2021 das lebendige, vielfältige jüdische Leben in Deutschland in Vergangenheit und Gegenwart näherzubringen. Ich hoffe, dass uns das mit dem Programm ein Stück weit gelungen ist.
Veranstalter des XIV. FORUM OSTWEST ist das Kulturamt des Rheinisch-Bergischen Kreises gemeinsam mit dem Katholischen Bildungswerk des Rheinisch-Bergischen Kreises in Kooperation mit der Gedenkstätte Bonn, der Kirche St. Engelbert Rommerscheid (Pfarrei St. Laurentius), dem Kunstmuseum Villa Zanders, dem Ökumenischen Begegnungscafé Himmel un Ääd, der Pfarrgemeinde Herz Jesu in Schildgen, dem Theater im Puppenpavillon sowie der VHS Bergisch Gladbach.
Organisatorisches
Alle Informationen zum Programm gibt es auf der Website www.forum-ostwest.de. Hier können sich Interessierte zu allen Veranstaltungen verbindlich anmelden. Das Kreiskulturamt beantwortet Fragen gerne telefonisch unter 02202 132770 oder per Mail an . Die Veranstaltungen sind zum Teil als digitale, analoge und hybride Formate geplant und werden flexibel an die aktuelle Corona-Situation angepasst. Daher kann es bei allen Veranstaltungen, insbesondere bei Vor-Ort-Veranstaltungen, zu kurzfristigen Änderungen kommen. Die Website wird daher laufend aktualisiert. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich über die Website für einen Newsletter anzumelden, der über Neuigkeiten informiert. An allen Veranstaltungen gelten die üblichen Hygiene- und Abstandsregeln.
1 . Juni 2021 || ein Beitrag von Charlotte Loesch, Kreiskulturreferentin, Rheinisch-Bergischer Kreis, Bergisch Gladbach